Mit Freiern gegen Frauenhandel

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"Pomoc sve prostituce", "Hilf deiner Prostituierten" titelte die Tageszeitung Mlada fronta Dnes am Montag lapidar. Was sich anhört wie eine ungewöhnliche Einladung zu nachbarschaftlichem Beistand hat einen weit ernsteren Hintergrund: Mit Blick auf den auch in Tschechien zunehmenden Frauenhandel sollen die Freier gewonnen werden, bei der Aufdeckung von Zwangsprostitution zu helfen. Eine entsprechende Kampagne startet demnächst in den tschechischen Grenzgebieten mit hohem Anteil von käuflichem Sex. Thomas Kirschner berichtet.

Beim Kampf gegen Frauenhandel die Freier mit einzubeziehen ist ein ebenso nahe liegender wie bislang vernachlässigter Ansatz, erklärt die Koordinatorin der Kampagne Tereza Hulikova von der tschechischen Vertretung der Internationalen Organisation für Migration (IOM):

"Sich auf die Seite der Freier zu konzentrieren ist nicht üblich. Erstaunlicherweise wird die Gruppe, die am meisten mit den zur Prostitution gezwungenen Frauen zusammenkommt, kaum angesprochen. Es gibt noch zwei andere Kampagnen in Polen und Deutschland, aber ich glaube, unsere ist einzigartig darin, dass sie die Freier wirklich als Partner anspricht, als diejenigen, die den Opfern helfen sollen."

Die Kampagne führt die IOM zusammen mit dem tschechischen Innenministerium und weiteren gemeinnützigen Organisationen durch. Das wahre Ausmaß von Frauenhandel und Zwangsprostitution in Tschechien liegt im Dunklen; die Szene schottet sich hermetisch ab. Die Frauen selbst sind für Hilfe von außen gar nicht zu erreichen, erklärt Hulikova:

"Einige der Mädchen wissen überhaupt nicht, dass sie sich an jemanden wenden könnten, sie kennen ihre Rechte nicht. Dabei werden sich nicht nur mit grober physischer Gewalt zur Prostitution gezwungen, sondern zum Beispiel auch indem man ihnen Angst macht, ihnen den Pass abnimmt, indem man androht, der Familie zu Hause etwas anzutun. Die Frauen sind meist so verängstigt, dass sie selbst gar nicht auf den Gedanken kommen, Hilfe zu suchen."

Die Kampagne startet zunächst in den Regionen um Plzen / Pilsen und Znojmo / Znaim, wo der Sextourismus am stärksten blüht. Mit Aufklärungsmaterialien und Flugblättern will man bei den Freiern Aufmerksamkeit für die Lage der Prostituierten wecken - und das zweisprachig in Tschechisch und Deutsch, denn 80 Prozent der Kunden sind dort Deutsche und Österreicher. Kern der Initiative ist die Möglichkeit zur anonymen Rückmeldung via Telefon-Hotline oder Internet:

"Wenn das Ergebnis ist, dass uns Freier Hinweise auf konkrete Fälle geben, denen wir uns dann weiter annehmen können, dann hätten wir damit unser größtes Ziel und unseren größten Wunsch erfüllt."