Milos Formans Hommage an die Theaterpoetik der 60er Jahre

Ein gut bezahlter Spaziergang

Eine gelungene Rückkehr in die Theaterpoetik der sechziger Jahre war es: Die Jazz-Oper "Ein gut bezahlter Spaziergang", inszeniert vom Oscar-Filmregisseur Milos Forman und seinen Söhnen im Prager Nationaltheater.

Mit lange dauernden Standing Ovations wurde Milos Forman mit seinem Team bei den beiden Premieren belohnt. Es war sein erster Auftrag für das Prager Nationaltheater. Wie der Filmemacher vor der Premiere sagte, war es auch seine erste Opernregie. Die Opernausschnitte, die er für seinen Oscar-Film "Amadeus" einst gedreht hatte, soll man nicht mit berechnen:

"Ich bin ein Anfänger, ich habe nie eine Oper in einem Theater inszeniert. Kurze Opernausschnitte für einen Film zu drehen, das ist etwas anderes. Und ich sage es ganz offen, einen Film zu drehen ist im Vergleich mit der Theaterregie viel einfacher. Und zwar aus einigen Gründen: Der größte Unterschied besteht wahrscheinlich im Folgenden: Bei einem Film bereite ich eine Szene vor, ich überreiche es dem Kameramann, wir drehen es und wenn es nicht gut ist, dann noch einmal und noch einmal, und jetzt war das schon in Ordnung und wir haben es im Kasten. Hier im Theater muss man zehn oder mehr Stunden voll konzentriert sein. Man kommt an einem Tag zu einem guten Resultat. Am nächsten Tag fängt man an, wieder zu proben und alles sieht anders aus - einer hat das da vergessen, der andere machte etwas falsch und wir fangen wieder neu an. Dies ist schon für die Nerven anspruchsvoll, und meistens lade ich es dann bei meinen Söhnen ab."

Die Jazzoper "Ein gut bezahlter Spaziergang" entstand bereits 1965. Jiri Suchy und Jiri Slitr haben sie für ihr Theater Semafor geschrieben, das damals schon zu einer Kultszene geworden ist. Sowohl die Musik, als auch Suchys einfallsreichen Texte unterschieden sich vollständig von der offiziell gepredigten Kulturorientierung. Milos Forman bedeutet diese Jazzoper sowie die Poetik des Theaters Semafor überhaupt sehr viel:

"Für mich ist sie deshalb aus dem Grund aktuell, weil es meine wahrscheinlich emotionalste Erinnerung ist. Ich erinnere mich an den Mist in der tschechischen Kultur der fünfziger Jahre, als hier der aus Moskau importierte sozialistische Realismus kopiert wurde. Auf einmal entstand das Theater Semafor, das eine Streicheleinheit für den Geist und Seele war. Ich bin demgegenüber sehr sentimental und bin Herrn Suchy dafür, dass er uns damals die Augen geöffnet hatte, sehr dankbar."

Für die Neuinszenierung wurde die ursprüngliche Kammeroper neu instrumentalisiert und außerdem auf Wunsch des Regisseurs um einige weitere Lieder von Jiri Suchy erweitert. Die reichlich mit spielerischen Ideen geschmückte Inszenierung verrät den Stil des Familienteams Forman. Vater Milos Forman arbeitete an der Aufführung mit seinen Zwillingssöhnen Petr und Matej zusammen: Petr war als Co-Regisseur tätig und Matej entwarf das Bühnenbild.

Foto: Irena Vodakova