"Maj" gehört zum poetischen Evangelium der tschechischen Literatur / zum 170. Todestag von Karel Hynek Macha

Karel Hynek Macha
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Zu seinem Standbild auf dem Prager Laurenziberg / Petrin pilgern am 1. Mai die Liebespaare. Sein Werk ist nicht umfassend, aber sein Epos "Mai" war bei seiner Erstausgabe wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt. Die Rede ist von dem größten Dichter der tschechischen Romantik, Karel Hynek Macha, der vor 170 Jahren verstorben ist.

Karel Hynek Macha | Foto: Kristýna Maková,  Radio Prague International
Karel Hynek Macha starb jung, kurz vor seinem 26. Geburtstag - am 6. November 1836 in Leitmeritz / Litomerice. Höchstwahrscheinlich erlag er den Folgen einer Unterkühlung. Sein heute bekanntestes Werk "Maj" / "Der Mai" erschien einige Monate vorher im Eigenverlag. Das Werk hatte die Kritiker zuerst nicht begeistert, denn die einzigartige Sprachkunst wussten sie damals kaum zu schätzen. Der Reiz des Maj liegt vor allem in seiner Musikalität:

Wenigstens einige Verse aus dem Maj haben inzwischen Generationen von tschechischen Schülern auswendig gelernt. Die Bedeutung von Machas Werk für die tschechische Literatur lässt sich kaum kurz zusammenfassen, meint die Literaturhistorikerin Zuzana Urvalkova von der Masaryk-Universität in Brno / Brünn:

"Karel Hynek Macha ist für die Tschechen der bekannteste Dichter der Romantik und jeder kennt ihn. Jeder muss zumindest seine Gedichte als Pflichtlektüre in der Schule lernen oder lesen. Machas Bedeutung für die Tschechen ist groß, aber für die tschechische Literatur ist sie noch größer. Sein Werk ist nicht sehr umfassend, es beträgt drei durchschnittlich dicke Bände - in der kritischen Ausgabe. Die Legende um Macha entstand erst später,in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Damals wurden die sterblichen Überreste des Dichters in Litomerice exhumiert und nach Prag überführt, wo sie bestattet wurden. Dies alles spielte sich im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg ab. Wir können es heute als eine wichtige Tat für das tschechische Bewusstsein ansehen."

Wird Macha immer noch gelesen oder gilt er nur als Pflichtlektüre an den tschechischen Schulen? Und in wie weit ist der Dichter in Deutschland bekannt?

"Er wird immer noch gelesen, obwohl seine Prosawerke vielleicht nicht mehr so viel. Die Schüler an den tschechischen Schulen werden mehr oder weniger gezwungen das Werk zu lesen, und erst später können sie zur Meinung kommen, dass daran doch etwas ist, was lesenswert ist und warum sie danach greifen sollten. Ich glaube, dass Machas ´Maj´ bis heute noch gelesen wird, und dass das Werk zum poetischen ´Evangelium´ der tschechischen Literatur gehört. Denn es wird sehr oft auch bei verschiedenen Gelegenheiten rezitiert. Was die deutsche Literatur beziehungsweise die deutsche Bohemistik betrifft, würde ich sagen, dass sich auch deutsche Bohemisten mit Macha beschäftigen. Dies kann man beispielsweise mit einem wichtigen Sammelband belegen, der unter dem Titel ´Kapitel aus der Poetik Karel Hynek Machas´ vor einigen Jahren in Potsdam entstanden ist. Dies zeugt davon, dass sich auch deutsche Kollegen für Machas Mai sehr interessieren."

Das Schicksal des großen Dichters der Romantik ist seit seinem Tod einige Mal auch Thema von Theaterstücken und Filmen geworden. Machas "Mai" soll übrigens bald vom tschechischen Filmregisseur F.A. Brabec verfilmt werden. Ein so dichterisches Werk in die Filmsprache zu übertragen, wird allerdings nicht leicht sein.