Leerstand belastet Gemeinden – Verstaatlichung erst nach zehn Jahren

Hausbesetzer (Foto: Táňa Zabloudilová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Wer als Tourist durch Prag spaziert, sieht sie manchmal: verlassene Gebäude, notdürftig mit Planen gesichert gegen herunterfallenden Putz. Meist sind es Häuser, die dem Verfall überlassen werden, weil die Besitzer eine Sanierung nicht bezahlen können oder wollen. Solch aufgegebene Gebäude finden sich aber nicht nur in der Prager Innenstadt, sondern überall in der Hauptstadt und auch in weiteren Städten des Landes.

Hausbesetzer  (Foto: Táňa Zabloudilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Hier liege eine Matratze, da schlafe also jemand. Vladimír Štamberk ist Polizist. In Braník, im vierten Prager Stadtbezirk, gehört es mittlerweile zu seiner täglichen Routine, leerstehende Häuser zu kontrollieren. Oft werden diese von Obdachlosen und Drogenabhängigen genutzt. In Tschechien werden diese Gebäude mit dem englischen Begriff „squat“ bezeichnet. In den vergangenen Jahren hat die Zahl solch verlassener Häuser rapide zugenommen, die Gründe sind vielfältig. Eine Villa in Braník zum Beispiel kann nicht renoviert werden, weil die Nachbarn die Baugenehmigung boykottieren. Der Besitzer kämpft seit drei Jahren um sein Haus und ist entsprechend frustriert:

Ein verlassenes Gebäude in Prag-Libeň  (Foto: ŠJů,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
„Man kann sich nicht vorstellen, was in der Zwischenzeit Hausbesetzer aus meinem Haus gemacht haben. Ich habe bereits Metallsammler auf der Straße getroffen, die gerade die Heizkörper auf einer Karre abtransportierten. Dann wurden alle Rohre rausgerissen. Und die Obdachlosen haben den Rest auf unglaubliche Weise verwüstet.“

Neben Rechtsstreitigkeiten gehören Insolvenzverfahren zu den häufigsten Gründen für leerstehende Häuser. Oftmals haben die Besitzer aber auch schlicht kein Geld für eine anstehende Sanierung – oder sie sind nicht auffindbar. Lucie Michková sitzt für die Demokratische Bürgerpartei (ODS) im Stadtrat des vierten Prager Bezirks:

Lucie Michková  (Foto: Archiv des vierten Prager Bezirks)
„Derzeit haben wir im vierten Bezirk etwa 18 problematische Objekte, sowohl Gebäude, als auch Grundstücke. Wir versuchen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die uns zur Verfügung stehen. Wir ermitteln die Besitzer der betreffenden Objekte und fordern sie auf, die Gebäude zu sichern und für Ordnung zu sorgen. Und sollte ein Haus vom Einsturz bedroht sein, dann kommen die Bauverordnungen zu tragen und wir bestehen darauf, dass das Gebäude so schnell wie möglich abgerissen wird.“

Das Problem sollte eigentlich durch das neue Bürgerliche Gesetzbuch gelöst werden. Darin ist nämlich nun juristisch die Möglichkeit gegeben, verlassene Gebäude zu verstaatlichen. Allerdings liegt der Teufel im Detail, sagt Michková:

„Es handelt sich nicht um eine Verstaatlichung im eigentlichen Sinne. Betroffen sind nur jene Fälle, in denen Besitzer ihre Eigentümerpflichten nicht wahrnehmen. Wenn er also zehn Jahre lang sein Haus nicht unterhält, nicht zum Verkauf anbietet oder seine Grundsteuern nicht bezahlt, dann können wir dem Besitzer das Gebäude abnehmen. Ich würde sagen, dass das neue Gesetz eher auf Häuser in kleinen Gemeinden zugeschnitten wurde, für die sich schon lange niemand mehr interessiert, weil ihr Marktwert bei null liegt.“

Karel Eliáš  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Die Kommunen können also derzeit nichts weiter tun, als die Polizei zu rufen, wenn ungewollte Bewohner einziehen. Das bestätigt auch der Prager Oberbürgermeister, Tomáš Hudeček: Die ersten vernachlässigten Objekte könne man frühestens im Jahr 2024 den Besitzern abnehmen, so der Politiker der Partei Top 09.

Allerdings sei der entsprechende Passus im Bürgerlichen Gesetzbuch auch nicht dafür entworfen worden, sagt Karel Eliáš. Der Jurist forscht an der Prager Akademie der Wissenschaften und war Vorsitzender jener Kommission, die das Gesetzbuch überarbeitet hat. Und Probleme mit Hausbesetzern müssten nun einmal von den Eigentümern der Gebäude gelöst werden, so der Jurist. Den Nachbarn und der Kommune bleibt daher wohl nur, die Hausbesitzer wegen konkreter Probleme vor Gericht zu belangen.