Kommunistische Justizmorde: Erste Ex-Staatsanwältin verurteilt

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18 Jahre nach der politischen Wende ist der erste Hauptakteur, genauer gesagt, die erste Hauptakteurin der kommunistischen Justizmaschinerie der 1950er Jahre zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden: Die 86-jährige Ludmila Brozova-Polednova:

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Vor 57 Jahren hatte das kommunistische Regime die nichtkommunistische Parlamentarierin und ehemalige Widerstandskämpferin im Zweiten Weltkrieg, Milada Horakova, in einem Schauprozess verurteilen lassen. Für dieses Urteil musste sich seit Juli dieses Jahres die damalige Anklägerin zum ersten Mal nach der Wende vor einem Gericht verantworten. Das Verfahren ist jetzt zu Ende. Zumindest vor dem Prager Stadtgericht, das am Donnerstag die ehemalige Staatsanwältin, Ludmila Brozova-Polednova, für ihre Teilnahme am Justizmord zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilte.

Milada Horakova wurde im Juni 1950 hingerichtet und gilt als das einzige weibliche Opfer der Schauprozesse der 1950er Jahre. Laut Szenario sollte sie damals als Frau eben von einer Frau verurteilt werden. Die heute 86-jährige Brozova-Polednova, die am Gerichtsverfahren aus gesundheitlichen Gründen nicht teilgenommen hat, soll nun für acht Jahre ins Gefängnis. Über das Urteil herrschte im Gerichtssaal wenig Zufriedenheit. Frantisek Sedivy, Vorsitzender des Milada-Horakova-Klubs:

"Man hätte das höchst mögliche Urteil fällen sollen, denn das, was sie gemacht hat, war barbarisch. Ohnehin wird sie keinen einzigen Tag absitzen, es bleibt nur eine formale und moralische Angelegenheit. Daher hätte es auch die höchste moralische Verurteilung werden sollen."

Dass der Verteidiger der ehemaligen kommunistischen Staatsanwältin, Vladimir Kovar, entschuldigende Worte für seine Mandantin gefunden hat, überrascht nicht:

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"Im Hinblick auf ihre Bildung sowie ihre Möglichkeiten und überhaupt ihre Kenntnisse im Rechtsbereich konnte sie nicht begreifen, wofür sie benutzt wurde. Sie war nämlich ein kleines Stück im Mosaik."

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl der Verteidiger der Angeklagten als auch der Staatsanwalt wollen die gesetzliche Frist, in der sie über eine eventuelle Berufung entscheiden ausschöpfen. Die Vorsitzende der Konföderation politischer Häftlinge, Nada Kavalirova, befürchtet, dass die höhere Gerichtsinstanz das Urteil nach unten korrigieren könnte. Trotzdem spricht sie von einer Satisfaktion:

"Der Nachweis ihrer Schuld ist erbracht und sie ist auch verurteilt worden. Als politische Häftlinge nehmen wir diese Tatsache als eine kleine Genugtuung wahr, darüber, dass die Gerechtigkeit hierzulande ihren Weg findet, wenn auch kompliziert und mühsam."