Kommunisten, Showstars und Diktatoren

Louis Armstrong

Hamburg, Hollywood, London natürlich oder Tokio: Sie alle haben eins. Aber auch Prag kann da mithalten: Darin, ein Wachsfigurenmuseum zu haben. Seit März 1997 hat es jeden Tag geöffnet - selbst an Silvester, Neujahr oder auch am Heiligabend kann man sich genau 41 Wachsfiguren zu Gemüte führen. Melanie Thun hat es getan.

Franz Kafka steht wie bestellt und nicht abgeholt an einer simulierten Häuserecke, Josef Svejk sitzt vor einem Bier mit einem alkoholgeschwängerten Grinsen im Gesicht und Mozart und Dvorak brüten gemeinsam über neuen Werken. 300.000 Kronen, also gut 10.000 Euro sind die Herren jeweils wert. Ebenso wie ihre Mitbewohner Arnold Schwarzenegger, Tina Turner, Louis Armstrong, Elton John und Michael Jackson. Sie alle stehen den ganzen Tag herum - nur Lady Diana ist es vergönnt, alle paar Sekunden zu einer Rose zu mutieren. Ein Spiegel macht es möglich. Besonderes Glück haben auch die Herren Klaus und Zeman: Nicht nur das diese tschechischen Politiker in lauschiger Runde um einen Tisch herum sitzen dürfen, sie bekommen auch jeden Tag frischen Kaffee in ihre Tassen geschüttet. Dafür hat allerdings auch ihr Schöpfer versucht, seinen Humor an ihnen auszulassen. Die Karikaturen sind nur mehr oder weniger gelungen. Das muß man auch von einigen anderen Wachsfiguren sagen: Während Bill Clinton über eine zwar gelungene Nase verfügt, ist der Rest von ihm ein wenig deformiert. So will sein Oberkörper kein Ende nehmen, sein Nachbarn Vaclav Havel erinnert dafür mehr an einen Zwergpinscher. Ein wenig mehr Bein hätte man ihm schon zugestehen können. Dafür scheinen aber Salvador Dali und Charlie Chaplin wieder auferstanden zu sein. Doch egal ob gelungen oder nicht - dreimal im Jahr ist Ausziehen angesagt. Karolina Stonjekova, Managerin des Museums:

Wir haben eine Firma beauftragt, die die Figuren pflegt. Manchmal haben die Figuren z.B. ein wenig dreckige Schuhe, dann rufen wir nicht extra die Firma an, sondern machen es selbst sauber. Die Firma hat spezielle Sachen zu machen, z.B. die Figuren zu reinigen. In erster Linie kämmen sie die Haare und waschen ihre Kleidung. Dabei ist es sehr kompliziert, die Figuren auszuziehen.

Auch ein Repräsentant der deutschen Geschichte muss sich dieser Prozedur unterwerfen. In einer Ecke versteckt, reckt er den Arm: Adolf Hitler - hinter einer Glasscheibe verbannt. Der Grund: Damit etwaige Fotografierversuche an der reflektierenden Glasscheibe scheitern. Karolina Stonjekova, die Managerin, erklärt, warum Hitler hier zu sehen ist:

Wir haben versucht, sehr bekannte Personen auszuwählen und wir haben nicht versucht, nur positive Personen zu zeigen wie Lady Diana.

Auch nicht gerade die Herren der Herzen sind gegenüber von Hitler aufgereiht auf der Tribüne der Repräsentanten des kommunistischen Regimes: Von Lenin, Stalin, über Breschnev, Mao Tse-Tung bis zu Fidel Castro. Jeden Tag zu bewundern und dankbar für jeden kommunistischen Gruß - allerdings müssen vorher 120 Kronen, also zirka vier Euro, gezahlt werden. Dafür kann dann aber auch im Gästebuch gefordert werden, wer als nächstes in Wachs gegossen werden soll. Bisher gut im Rennen: Erich Honecker und Fußballer David Beckham!

Fotos: http://www.waxmuseumprague.cz.

Autor: Melanie Thun
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