Kafka aktiv erleben

Plakat zu „Die VRwandlung“ (Foto: Archiv des Goethe Instituts)
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Das Prager Goethe-Institut wandelt derzeit auf den Pfaden von Kafka – mit einem Themenraum. „VRwandlung“ heißt dieser. Denn dort kann man mithilfe einer Virtual-Reality-Brille in Franz Kafkas berühmte Erzählung „Die Verwandlung“ eintauchen. Saskia Jende hat das ausprobiert.

Gregor Samsas Zimmer  (Foto: Saskia Jende)
Ich betrete einen abgedunkelten Raum. Ein Mitarbeiter des Instituts begleitet mich hinter den schwarzen Vorhang und reicht mir spezielle Schuhe, Kopfhörer, Handbewegungskontrollen und eine Virtual-Reality-Brille gereicht. Zunächst scheint alles sehr unspektakulär zu sein. Ich setze die Brille auf und Sekunden später befinde ich mich in dem ersten Akt der Erzählung von Kafka wieder:

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“ In vier Minuten kann ich nun die ungewöhnliche Welt von Gregor Samsa entdecken.

Als ich fertig bin, sehe ich schon die nächsten Besucher. Jeder will selbst die Erfahrung machen, wie es ist, sich in einen Käfer zu verwandeln. So wie dieser Prager Gymnasiast:

„Ich habe vorher noch nie virtuelle Realität ausprobiert. Es war wirklich besonders, wie eine neue Welt. Verwirrend war aber, dass ich nichts berühren konnte.“

Ein anderer Besucher ist begeistert, dass sich neue Technologie mit einem Literaturklassiker verbinden lässt.

Jakob Ráček  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Alles war sehr detailgetreu. Es sah genauso aus wie in dem Modell, das im Eingang des Themenraumes steht. Wirklich toll, dass der Original-Text der Erzählung in das Projekt eingebunden wurde. Ich denke, dass das eine gute Möglichkeit ist, die Intention von Kafka den Besuchern näherzubringen.“

Kafka und virtuelle Realität? Für Jakob Ráček, den Programmleiter des Goethe-Institutes, eine logische Verbindung.

„In Deutschland ist eine neue Kafkabiografie von Reiner Stach erschienen, die wir ins Tschechische übersetzen lassen. Dabei sind wir mit Reiner Stach im intensiven Austausch gestanden und auf eine interessante Spur gestoßen. Kafka hat sich sehr für neue Technologien interessiert -zu seiner Zeit war es das Kino. Das wissen wir aus seinen Tagebüchern und aus manchen seiner Briefe. Wenn man das zusammenbringt – 3D-Sehen und Kino –, dann sind wir schon in der virtuellen Realität. Deswegen sind wir von der etwas steile Behauptung ausgegangen, dass Kafka eine Art Vordenker der virtuellen Realität gewesen sei.“

Mika Johnson  (Foto: Ján Tompkins,  CC BY-SA 4.0)
Die Idee hat Mika Johnson umgesetzt. Er ist ein amerikanischer Filmemacher, der in Prag lebt.

„Wir haben ungefähr drei Wochen an dem Konzept gearbeitet. Die Erstellung des Modells hat dann noch einmal sechs Wochen gedauert. Danach wurde das Modell ins Studio gebracht. Dort wurde es innerhalb eines Tages gescannt. Danach musste ein Spezialist aus einem anderen Team das Modell in die 3D-Umgebung einfügen. Das hat jedoch nicht perfekt geklappt. Daher wurde das 3D-Modell aus dem abfotografierten Modell und durch Programmierer erstellt.“

Egal ob Deutsche, Engländer, Tschechen oder andere Nationalitäten. Der Themenraum ist für jedermann etwas. Davon ist jedenfalls Jakob Ráček überzeugt.

„Generell spricht die VR vor allem junge Menschen an. Unser Angebot wird jedoch von allen Generationen genutzt. Egal ob alt oder jung – jeder hat Interesse darin in Kafkas Welt einzutauchen. Viele von ihnen haben eine Affinität zu Prag und Kafka. Es gibt jedoch auch Besucher, die Kafkas Erzählung „die Verwandlung“ noch nicht gelesen haben. Ihnen ist lediglich der Name des Autors bekannt. Das schöne an dem Projekt ist, dass wir genau diese Menschen davon überzeugen können, mehr über Kafka erfahren zu wollen. Somit haben wir nicht nur bei den Kafkakennern, sondern auch bei denen, die Kafka noch nicht so gut kennen, Erfolg.“

Plakat zu „Die VRwandlung“  (Foto: Archiv des Goethe Instituts)
Noch bis zum 31. März gibt es im Prager Goethe-Institut die Möglichkeit, die Welt des Gregor Samsa zu erkunden.

Autor: Saskia Jende
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