Interaktive Kunstreise "Between Dresden and Prague". Teil 3

Valerie Slezakova, eine der überlebende

Die interaktive Künstlerreise zwischen Dresden und Prag, auf die sich der italienische Künstler Bernardo Giorgi Anfang Juli begeben hat, nähert sich dem Ende. Am Montag traf er mit seinem italienisch-tschechisch-polnisch-deutschen Künstlerteam in Theresienstadt ein. Silja Schultheis hat sich der bunten Truppe für einen Tag angeschlossen.

Auf dem Dach des einstigen Zentrallagers für Kleidung und beschlagnahmte Gegenstände im ehemaligen Ghetto Theresienstadt wird ein weißes Zelt aufgebaut. Wenn man mit dem Auto in den Ort kommt, ist es bereits von weitem sichtbar. Doch allein auf ihr mobiles Zelt, das sie die ganze Reise über begleitet und als Ort der Kommunikation zwischen der örtlichen Bevölkerung und den Künstlern dienen soll, will sich das Team von Bernardo Giorgi diesmal nicht wie sonst verlassen. Um die Menschen für ihr Grenzraum-Projekt zu interessieren, ziehen sie am späten Montagnachmittag auch selbst durch den Ort:

"Weil der Ort völlig anders ist als die anderen. Es ist ziemlich menschenleer, und hinzukommt, dass wir hier in dem Künstlerzentrum ziemlich abgeschnitten von der Öffentlichkeit sind. Also, es wäre praktisch undenkbar, dass jemand auf uns zukommen würde, wenn wir nicht selbst auf die Straße gehen würden."

Der polnische Künstler Bartosz Wojcik, den wir hier hörten, trägt gemeinsam mit Michael Kurzwelly aus Frankfurt/Oder einen überdimensionalen Bilderrahmen durch Theresienstadt:

"Ein Rahmen bedeutet ja schon, dass es ein Innen und ein Außen gibt. Und indem wir also mit dem Rahmen, der ja ziemlich groß ist - 2,5m hoch und 3m lang -, durch die Straßen gehen, ziehen wir erst einmal die Aufmerksamkeit auf uns und haben außerdem etwas, anhand dessen wir unser Thema - nämlich Grenze - erklären können."

Doch bevor gemeinsam über die Lebenssituation im Grenzraum zwischen Dresden und Prag reflektiert werden soll, werden die Bewohner zunächst in unterschiedlichen Sprachen zu einem gemeinsamen Abendessen im Künstlerzentrum M.E.C.C.A. eingeladen, das sich heute in eben jenem ehemaligen Zentrallager für Kleidung auf dem Territorium des ehemaligen Ghettos befindet.

Theresienstadt gestern und heute - unter diesem Motto steht der Aufenthalt der Projektkünstler in der nordböhmischen Kleinstadt. Im Künstlerzentrum M.E.C.C.A. ist ab Dienstag dann auch eine Dokumentation der Fotografin Undine Hradil über Holocaust-Opfer zu sehen, die Theresienstadt und andere Lager überlebt haben. Insgesamt 37 Lebensläufe mit Fotos sind in der Ausstellung dargestellt. Aus ihren sehr unterschiedlichen und verständlicherweise auch sehr emotionalen Gesprächen mit den Zeitzeugen hebt Undine Hradil eine Erfahrung hervor:

"Meistens haben sie mich gleich am Anfang gefragt, also nachdem sie wussten, dass ich aus Deutschland bin und die Arbeit hier mache: Ja interessiert sich da überhaupt jemand für? Sie sagten, ihre Erfahrung sei die, dass hier in der Tschechischen Republik kein großes Interesse besteht. Und ich hab dann gesagt, wenn ich so in meinem Freundeskreis darüber spreche, dann können die es kaum abwarten, was ihr zu erzählen habt."

Dass Theresienstadt heute nicht nur ein Ort des Gedenkens an den Holocauast ist, betonte der Leiter des Künstlerzentrums M.E.C.C.A., Petr Lavra. Er hält die wechselseitige Beziehung zwischen den zeitgenössischen Künstlern des Zentrums und der Bevölkerung von Theresienstadt für ein Zeichen der Lebensfähigkeit des heutigen Ortes und fügt hinzu:

"Das widerspricht dem Eindruck, dass Theresienstadt eine Ort der Museen ist. In Theresienstadt gibt es ein Museum - das Ghettomuseum. Aber im Verhältnis zu anderen Objekten macht das ein Zehntel aus. Daneben gibt es viele weitere Objekte, die mit Leben gefüllt werden müssen, sonst hätte der Ort keine Bedeutung."