In tschechischen Schulen boomt der Russischunterricht

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Im Zusammenhang mit dem US-amerikanisch-russischen Gipfeltreffen in Prag hat vielleicht so mancher Tscheche sein Gedächtnis auf den Prüfstein gestellt. Ein Großteil der Tschechen mittleren und älteren Alters hat Russisch in der Schule gelernt. Das Pflichtfach gehörte allerdings keineswegs zu den beliebtesten, was wohl auch einen politischen Hintergrund hatte. Nach der Wende 1989 wurde es von den Lehrplänen der meisten Schulen gestrichen. Heute sieht die Situation jedoch völlig anders aus.

Es genügen schon einige Zahlen, um zu zeigen, wie das Interesse, Russisch zu lernen, in Tschechien zurückgekehrt ist. 1996 lernten landesweit 819 Schüler an den Grundschulen Russisch. Vor einem Jahr waren es über 9.000 Schülerinnen und Schüler. Das Elffache also. Eine ähnliche Entwicklung hat man auch an den Schulen der mittleren Schulstufe, vor allem an Gymnasien verzeichnet. Kurz um, der Russischunterricht boomt. Das bestätigt auch die Russisch-Lehrerin Helena Gazdová vom EKO-Gymnasium im südmährischen Brno/Brünn:

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„Das Interesse, Russisch zu lernen, ist derzeit ganz sicher groß. Unsere Schule wurde 1992 gegründet, und schon damals waren wir eine der wenigen Schulen im Land, die schnell wieder den Weg zum Russischunterricht gefunden haben“.

Gerade wegen des Russischunterrichts erfreut sich das Gymnasium einer regen Nachfrage. Denn die Schüler und Schülerinnen wissen, was sie erwartet. Helena Gazdová:

„Bei uns werden zwei Fremdsprachen als Pflichtfächer unterrichtet – Russisch und Englisch. Schon bei der Schulgründung ging unsere Leitung davon aus, dass sich unsere Absolventen, die nach dem Abitur an verschiedenen Hochschulen studieren werden, an der Schaffung einer Brücke zwischen Ost und West beteiligen könnten. Eben durch die Kenntnisse in den beiden Sprachen“.

Das zunehmende Interesse an der russischen Sprache ist ganz bestimmt auch den Eltern vieler Schüler zuzuschreiben. Es sind schließlich die Eltern, die bei der Entscheidung über den weiteren Weg ihrer Sprösslinge nach dem Grundschulabschluss in der Regel das Sagen haben.

„Ganz bestimmt ist das Interesse auch bei den Eltern groß. Viele werden sich dessen bewusst, dass die Russisch-Kenntnisse schon jetzt und erst recht in Zukunft von Vorteil sein könnten. Allein schon angesichts der riesengroßen Möglichkeiten, die sich auf dem russischen Markt abzeichnen“.

Es scheint also, dass viele Eltern der heutigen Gymnasiasten, die im eigenen Kindesalter nicht an Russisch interessiert waren, diese Fremdsprache jetzt in einem ganz anderen Licht sehen.