In Prag wurde vor Antisemitismus gewarnt

„Marsch des guten Willens“ (Foto: ČTK)

Mit einer Veranstaltung wurde in Prag am Sonntag der Opfer des Holocaust gedacht und vor Judenhass gewarnt.

„Marsch des guten Willens“  (Foto: Martina Schneibergová)
Bei einer Veranstaltung wurde am Sonntag in Prag der Opfer des Holocaust gedacht. Die Teilnehmer des sogenannten „Marsches des guten Willens“ warnten zudem vor Judenhass.

Mit dem Gesang hebräischer Lieder wurde der „Marsch des guten Willens“ auf dem Altstädter Ring eröffnet. Rund 600 Teilnehmer begaben sich durch die engen Gassen des Prager Stadtteilss Josefov / Josefstadt in Richtung Kleinseite. Viele hatten israelische und tschechische Fahnen mit, einige trugen Transparente. Auf einigen stand das Motto „Všichni jsme lidi“ (zu Deutsch „Wir sind alle Menschen“). Vor dem Gebäude des Rudolfinums blieben die Teilnehmer stehen und gedachten der Opfer des Holocaust.

Eine Gruppe junger Tänzerinnen und Tänzer führte dort eine Performance vor, die die Tragödie des jüdischen Volkes darstellte. Das Ziel des Umzugs war der Waldstein-Garten. Dort schlossen sich weitere Teilnehmer an, darunter auch Politiker, Diplomaten und Holocaust-Überlebende. Der Vizevorsitzende des Senats Jaroslav Kubera erinnerte daran, dass die Veranstaltung in Prag zum 15. Mal stattfand. Der Bürgerdemokrat warnte in seiner Rede vor Gleichgültigkeit gegenüber Antisemitismus.

Jaroslav Kubera  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die Lage in Europa wird leider von Jahr zu Jahr dramatischer. Gegen jene, die Hass und Intoleranz verbreiten, muss entschieden aufgetreten werden. Wir stellen uns die Frage, ob das Gedenken an die Holocaust-Opfer nicht zu einer Geste formaler Korrektheit verkommen ist. Eine Geste, bei der sich die Menschen nicht dessen bewusst werden, warum es dazu kam und vor allem dass sich das nie mehr wiederholen darf. Es hängt von uns allen ab, dass die Zahl jener steigt, die nicht gleichgültig sind.“

Alexander Fried hat den Todesmarsch aus dem KZ Sachsenhausen überlebt. Der 93-Jährige sprach ebenfalls zu den Anwesenden:

„Der Todesmarsch dauerte mehr als zehn Tage lang. Ich habe mich vielleicht zwölf Mal vor dem Tod gerettet. Kurz vor Ende des Todesmarsches sagte mir einer der Soldaten, die auf uns aufpassten, er sei gegen das, was da passierte. Ich habe damals darauf geantwortet, es sei ein Unglück, dass wir zweitausend Jahre lang keinen Staat hatten. Wir hätten uns nicht gegen die Lügen wehren können, die über uns verbreitet wurden.“

Der israelische Botschafter Daniel Meron ging in seiner Rede auf den 70. Gründungstag Israels ein. Er betonte die Bedeutung der tschechoslowakischen Hilfe vor 70 Jahren.

„Die tschechoslowakische Militärhilfe hatte große Bedeutung für den Erfolg Israels im Kampf für seine Unabhängigkeit. Wir sind dafür sehr dankbar, und als israelischer Botschafter danke ich Ihnen dafür hier auch heute.“

Bei der Versammlung wurde auch der neueste Bericht der jüdischen Gemeinde über den Antisemitismus in Tschechien vorgestellt. Mojmír Kallus von der christlichen Organisation ICEJ ist einer der Initiatoren des Marsches des guten Willens:

„Die Lage in Tschechien ist deutlich besser als in anderen Ländern Europas. Wir haben jedoch einen Anstieg von antisemitischen Äußerungen im Internet verzeichnet. Es handelt sich dabei um die Verbreitung verschiedener Fake News und um Webseiten der Befürworter verschiedener Konspirationstheorien. Wir müssen also wachsam bleiben.“

Die Teilnehmer der Versammlung hatten die Möglichkeit, eine Petition gegen Antisemitismus zu unterschreiben. Initiiert und vorgestellt wurde sie von Senatorin Daniela Filipiová (Bürgerdemokraten). Sie möchte die Unterschriftensammlung europaweit weiterführen.