In Most werden auch koschere Weine produziert

Wenn man in einem tschechischen Durchschnittsrestaurant Wein bestellen will, kann man sich meistens für einen der importierten Weine oder für einen Wein aus Mähren entscheiden. Der Weinanbau, aber auch der Weinkonsum wird dabei in den Vorstellungen der meisten Bewohner Tschechiens mit der fruchtbaren südmährischen Region verbunden. Der Weinanbau hat aber auch in Böhmen, vor allem in Nordböhmen eine mehr als tausendjährige Tradition. Martina Schneibergova weiß mehr.

Der Vorsitzende der böhmischen Winzerzunft in Melník, Ivan Vána, baut Wein in der Umgebung von Most/Brüx an, in einer Region, die ziemlich stark durch die Kohleförderung geprägt wurde.

"Ich befasse mich mit der Weinproduktion seit meinem 14. Lebensjahr, als ich nach Most kam. Der Weinanbau ist ein besonderes Fach - das ganze Jahr über bin ich in Sorge, ob die Weinrebe gedeiht. Denn es gibt immer wieder Winter- und Frühlingsfröste, Regenschauer, und im Sommer auch Hagel. Die böhmischen Winzer können nie Langeweile haben, denn sie wissen nie, wie der Wein sein wird. Aber in Australien, in Kalifornien oder in Südafrika Wein anzubauen, das ist langweilig, dort sind die Bedingungen doch immer gleich."

Die Jahrgänge 1992 und 1994 waren aus der Sicht der Winzer gut, die Jahre 2000 und 2002 nach Worten von Ivan Vana sogar hervorragend. Aus dem Grund haben viele Weinproduzenten in Böhmen überlebt. Sehr kalt waren dagegen z. B. die Jahre 1970, 1977 und 1978. Damals unter dem kommunistischen Regime mangelte es jedoch an allen Waren, sodass es auch am Wein mangelte. Deswegen wurden auch die schlechten Weine verkauft. Heute jedoch ist die Konkurrenz groß.

"In Most haben wir 70 Hektar Weinberge, wir sind praktisch die größten Weinproduzenten in Böhmen. Die Hälfte der Weinberge wurde im Rahmen der Rekultivierung der einstigen Abbauflächen auf den Abraumhalden errichtet. Nach Jahren zeigte es sich, dass die Idee richtig war, denn die Weine von hier sind wirklich gut."

Die größten Weinberge Böhmens findet man in Melník, Most, Roudnice nad Labem, Litomerice, Zernoseky. Wein wird aber selbst in Mittelböhmen, in Karlstejn, Prag, in Benatky nad Jizerou oder auch in Kutna Hora angebaut. Die Winzerfamilientradition wurde in Böhmen während des kommunistischen Regimes vollständig abgebrochen. Was motiviert heute die jungen Leute, wieder Wein anzubauen? Ivan Vána dazu:

"Der Weinanbau ist eine Leidenschaft, es muss ein Hobby sein. Niemand kann damit rechnen, dass er daran enorm viel verdienen kann. Obwohl es auch kleine Weinhersteller gibt, die von der Weinproduktion gut leben. Es geht darum, keine Fehler zu machen, schnell zu lernen, gute Weine zu produzieren. Das, was meine Generation zehn Jahre lang lernte, müssen die jungen Winzer heute in zwei Jahren können. Wir beraten sie und helfen ihnen dabei."

Ivan Vána produziert auch koschere Weine und erklärt:

"Ich begann 1994 Kosher Weine zu produzieren. Und zwar als damals der Prager Rabbiner Karol Sidon erklärte, dass er Kosher Wein für die Gemeinde haben möchte, weil er die Gemeinde orthodox und nicht liberal leiten möchte. Der Kosher Wein wird aus Weintrauben produziert, die erst nach der üblichen Weinernte geerntet werden - d. h. zum Beispiel vom 25. Oktober bis zum 10. November. Zu der Zeit ist die Ernte nicht mehr so groß, der Zuckergehalt jedoch höher, die Weine schmecken voller. An der Weinproduktion kann direkt niemand anderer als orthodoxe Juden teilnehmen."