Immer mehr Ausländer leben und arbeiten in Tschechien

Foto: Europäische Komission

In Tschechien leben immer mehr Ausländer. Ende des Jahres 2015 wurden durch die Fremdenpolizei fast 465.000 gemeldete Personen registriert, Ende November 2016 sollen es vorläufigen Datenerhebungen zufolge bereits 493.500 Menschen gewesen sein. Viele der Ausländer sind zum Arbeiten hier. Das ist größtenteils erwünscht, stößt aber auch auf Ablehnung.

Foto: Europäische Komission
Fast eine halbe Million Ausländer leben derzeit in Tschechien. So viele waren es noch nie, und gegenüber 2004 sind es fast doppelt so viele. Zirka drei Viertel davon kommen aus EU-Staaten. Von den einzelnen Nationen aber sind die Ukrainer mit fast 106.000 Menschen am stärksten vertreten. Sie stellen 23 Prozent der Ausländer, dicht gefolgt von den Slowaken (22 Prozent) sowie den Vietnamesen, die mit 12 Prozent mit Abstand auf Platz drei kommen. Deutsche liegen mit einem Anteil von 5 Prozent auf Rang fünf.

Auf dem tschechischen Arbeitsmarkt gibt es seit geraumer Zeit einen Mangel an Arbeitskräften, vornehmlich an Fachkräften. Deshalb begrüßt die Politik grundsätzlich die Zuwanderung von Ausländern. Die Ministerin für Arbeit und Soziales, Michaela Marksová (Sozialdemokraten):

„Wenn wir in das benachbarte Deutschland schauen, hat man auch dort ein Problem mit der Beschäftigung. Von daher denke ich, wenn wir nach gewissen Verfahren ausländische Arbeitnehmer mit einer bestimmten Qualifikation für unseren Arbeitsmarkt gewinnen, dann ist das in Ordnung.“

Und auch die Wirtschaft pflichtet dem bei. Der Präsident der tschechischen Wirtschaftskammer, Vladimír Dlouhý:

Vladimír Dlouhý  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Der Mangel an Arbeitskräften könnte letztlich zu einem Hindernis werden für unser künftiges Wirtschaftswachstum.“

Strikt gegen die Belegung von Arbeitsplätzen durch Ausländer sind hingegen die Kommunisten. Ihr Vizevorsitzender, Jiří Dolejš:

„Es ist nicht gut, wenn wir Arbeitskräfte importieren. Denn wir müssen die offenen Arbeitsplätze an Tschechen vergeben.“

Das Argument der Kommunisten aber steht auf dünnen Beinen. Schließlich ist die Arbeitslosigkeit in Tschechien mit die geringste in Europa überhaupt. Im November lag die Arbeitslosenquote sogar unter fünf Prozent. Aber einigen Einheimischen stößt womöglich sauer auf, dass Ausländer in Tschechien zum Teil mehr verdienen als sie. Dazu erklärte Daniel Chytil vom Statistikamt:

„Das gilt möglicherweise für Slowaken, die im Schnitt ein höheres Gehalt beziehen als es der Durchschnittslohn in Tschechien ist. Bei den anderen Nationen sind die Gehälter in der Regel etwas niedriger. Das hängt mit den fehlenden Sprachkenntnissen zusammen.“

Die Niedriglöhne für Ausländer, die nicht zu den Fachkräften gezählt werden, werden wiederum von den Gewerkschaften scharf kritisiert. Sie treten vielmehr dafür ein, dass das Lohnniveau in Tschechien sich dem europäischen Schnitt weiter annähert. Der Chef des Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS, Josef Středula:

Josef Středula  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wir denken, dass gut und gerne noch einige Zehntausend Ausländer in den tschechischen Arbeitsmarkt einsteigen könnten. Sie müssten aber auch adäquat entlohnt werden.“

Laut dem Chefökonomen der Handelsgesellschaft Cyrrus, Lukáš Kovanda, gibt es in Tschechien derzeit fast 140.000 freie Arbeitsplätze. Um sie zu belegen, sind qualifizierte Ausländer sehr willkommen. Von ihnen sind vor allem Slowaken bei tschechischen Firmen beschäftigt. Ihr Anteil an den beschäftigten Ausländern liegt bei 46 Prozent. Als Unternehmer tun sich schon seit Jahren besonders die Vietnamesen hervor.