Giftmord oder Nierenstein? Forscher ermitteln im Fall Tycho Brahe

Tycho Brahe

Auch wenn er sich in Prag nur zwei Jahre lang aufhielt, ist er in die tschechischen Geschichtsbücher eingegangen. Der dänische Astronom und Mathematiker Tycho Brahe ist nach Prag 1599 gekommen und lebte auf dem Hof von Rudolf II. bis zu seinem Tod im Jahre 1601. Die Umstände, unter denen der namhafte Wissenschaftler starb, beschäftigen seit Jahren die Forscher und Krimi-Autoren nicht nur in Tschechien, sondern auch in seiner dänischen Heimat. Auf Wunsch dänischer Forscher wurde das Grab von Tycho Brahe in der Prager Teynkirche am Montag geöffnet, um die sterblichen Überreste des Astronomen einer gründlichen Analyse zu unterziehen.

Grab von Tycho Brahe in der Prager Teynkirche
Kurz nach 10 Uhr war es endlich soweit, mit einer Art Rolle wurde die Grabplatte, die sich rechts vom Hauptaltar befindet, langsam gehoben. Rund um das Grab waren die Archäologen versammelt. Vor dem Ziergeländer, das den Altarraum von den ersten Kirchenbänken trennt, spielte sich ein regelrechter Kampf ab: Zahlreiche Fernsehstäbe und Fotografen bemühten sich den Augenblick einzufangen, in dem das Grab des Astronomen geöffnet wird. Mitglied des tschechisch-dänischen Forscherteams ist auch Jaroslav Podliska, der Leiter der archäologischen Abteilung der Prager Denkmalschutzbehörde. Er sagt, die Dänen hätten den Antrag zur Erforschung von Tycho Brahes Grab vor vier Jahren gestellt. Zum bisher letzten Mal sei das Grab 1901 geöffnet worden, so Podliska:

Jaroslav Podliska
„Der damals bekannte Anthropologe Jindřich Matějka besichtigte und beschrieb damals die sterblichen Überreste von Tycho Brahe und ließ sie danach in einen Zinnsarg legen, in dem sie dann wieder bestattet wurden. Natürlich hatte er damals noch nicht solche Möglichkeiten wie heutzutage. Im Team, das Brahes sterbliche Überreste erforscht, sind heute Archäologen, Ärzte, Historiker und Anthropologen. Sie sollen die Frage beantworten, was für ein Mensch Tycho war. Zudem werden verschiedene ärztliche Analysen durchgeführt, um festzustellen, woran Tycho starb. Es gibt Vermutungen, das Tycho mit Quecksilber vergiftet wurde. Andererseits wissen wir, dass in der Renaissancezeit Präparate mit Quecksilberinhalt als Medikamente genutzt wurden. So ein Arzneimittel hätte auch Tychos Tod verursachen können.“

Grab des Astronomen wurde geöffnet
In Tschechien wird jedoch eine andere Version von Tycho Brahes Tod kolportiert: Der Astronom soll sich während eines Festmahls nicht getraut haben, den Raum in Gegenwart des Kaisers zu verlassen. Daraufhin sei ihm die Harnblase geplatzt. In den tschechischen Geschichtsbüchern werden dagegen meistens Nierensteine als Todesursache Brahes genannt. Das Rätsel kann vielleicht bald gelöst werden. Die sterblichen Überreste von Tycho Brahe werden bis Freitag in der anthropologischen Abteilung des Prager Nationalmuseums untersucht. Danach sollen sie wieder zurück ins Grab gelegt werden. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse dauere aber einige Monate, sagt Jaroslav Podliska:

„Die Analyse der Daten, die jetzt gesammelt werden, wird an der Universität in Aarhus durchgeführt. In einigen Monaten soll ein Bericht erscheinen. Und wie der Leiter des dänischen Forscherteams versprach, wird möglicherweise binnen eines Jahres ein Buch darüber erscheinen. Lassen wir uns überraschen.“

Tycho Brahe und Rudolf II.
Überraschen lässt sich auch die tschechische Öffentlichkeit, unter der die Geschichte über Tycho Brahes Tod wegen der Hofetikette sehr verbreitet ist.

Fotos: Barbora Kmentová