Gesundheitsapfel und Bewegungsmangel – tschechische Kinder und die Ernährung

Photo: artur84 / FreeDigitalPhotos.net

Eigentlich ist es eine gute Nachricht: Tschechische Erstklässler sind nicht mehr so dick wie noch vor einigen Jahren. Dies zeigt eine Studie des Staatlichen Gesundheitsamtes. Doch die Ernährungsexperten und Mediziner sind skeptisch, dass wirklich schon ein Wandel zum Besseren eingetreten ist.

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Erstmals seit den 1950er Jahren sinkt hierzulande der Anteil übergewichtiger oder dicker Kinder. Das Staatliche Gesundheitsamt hat die Entwicklung bei siebenjährigen Schülerinnen und Schülern verglichen. Marie Nejedlá ist bei der Behörde für die öffentlichen Gesundheitsprogramme zuständig:

„Bis 2001 ist der Anteil der übergewichtigen und dicken Kinder eigentlich ständig gestiegen. Seitdem ist der Anteil wieder leicht zurückgegangen, wenn auch unter Schwankungen. 1951 lag der Anteil bei 10 Prozent, 2001 bei über 17 Prozent, und 2010 waren es 14 Prozent.“

Bei Kindern in dem Alter ist entscheidend, wie sich die Eltern verhalten. Medizinerin Nejedlá erklärt sich so auch den neuesten positiven Trend bei den Siebenjährigen:



Foto: Martin Němec
„Fünfmal Obst oder Gemüse am Tag, zwei- bis dreimal in der Woche Fisch und kein raffinierter Zucker – diese einfachen Vorgaben befolgen immer mehr Menschen beim Essen.“

Allerdings: Bei älteren Kindern und Jugendlichen gelten in Tschechien weiterhin alarmierende Nachrichten. Die Weltgesundheitsorganisation hat vor einigen Monaten eine internationale Studie veröffentlicht. Dabei wurden hierzulande 1500 Jugendliche im Alter von 15 Jahren befragt. Bei ihnen haben Übergewicht und Fettleibigkeit sogar zugenommen. Denn 80 Prozent von ihnen bewegen sich viel zu wenig. Meist hängen sie lieber vorm Computer oder Fernseher herum. Diese Erfahrung macht auch Ernährungsberaterin Dita Urbánková in ihrer Praxis:

Dita Urbánková  (Foto: Archiv Zdraví do škol)
„Leider bewegen sich immer weniger Kinder aus eigenem Antrieb. Sie empfinden Bewegung zunehmend als Strafe anstatt Belohnung.“

Dazu kommt, dass weiterhin viele negative Essgewohnheiten bestehen, obwohl sich ein Teil der Eltern gesund ernährt. Dita Urbánková:

„Vor allem setzen sich die Familien selten gemeinsam für die Mahlzeiten an einen Tisch. Die Kinder essen dann am Computer, am Fernseher oder am Handy. Sie nehmen die Speisen gar nicht mehr wahr, schmecken sie nicht wirklich. Und sie achten nicht darauf, wieviel ihr Körper braucht. Dahinein spielt auch die seit Generationen tradierte Pflicht: Man muss aufessen, was auf dem Teller liegt. Ich finde hingegen, den Kindern sollte beigebracht werden, dass man eben nicht alles aufessen muss.“

Zugleich besteht ein Trend ins andere Extrem: die Unterernährung. Dabei spielen unter Anderem soziale Faktoren eine Rolle. Kateřina Cajthamlová ist ebenfalls Ernährungsberaterin. Sie hat selbst eine Umfrage an Schulen in mehreren tschechischen Regionen durchgeführt:

Kateřina Cajthamlová  (Foto: Milan Baják,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Acht bis zehn Prozent der Kinder haben in der anonymen Befragung angegeben, dass sie nicht frühstücken würden. Sie kommen aus Familien, in denen die Eltern auch nicht das Geld haben, um ihnen ein Mittagessen zu bezahlen. Ein Pausenbrot haben die Kinder genauso wenig dabei. Das einzige Essen am Tag ist dann das Abendessen, das aber nicht unbedingt warm ist.“

Unterernährung ist aber auch teilweise ein Problem bei pubertierenden Mädchen. Sie sitzen dann einem angeblichen Schönheitsideal auf.