Forscher bestätigen Mord an Franziskanern vor 400 Jahren

Foto: Martina Schneibergová

Am Samstag, dem 13. Oktober, werden im Prager Veitsdom vierzehn Prager Franziskaner aus dem 17. Jahrhundert seliggesprochen. Die Ordensmitglieder wurden 1611 beim Überfall auf ihr Klosters ermordet. Aufgrund der bevorstehenden Seligsprechung haben die Anthropologen vom Prager Nationalmuseum die sterblichen Überreste untersucht.

Michaelskapelle der Maria-Schnee-Kirche  (Foto: Jana Šustová)
Vor der Seeligsprechung sollte nachgewiesen werden, dass die gefundenen Knochen wirklich die Überreste der 1611 umgekommenen Mönche sind. Im Juli dieses Jahres haben Archäologen jene Truhe geöffnet, in der historischen Berichten zufolge die vierzehn ermordeten Franziskaner bestattet wurden. Die Truhe lag unter einem der Altäre in der Michaelskapelle der Maria-Schnee-Kirche. Vítězslav Kuželka ist einer der Anthropologen, der sich an den Forschungen beteiligte:

„Die sterblichen Überreste wurden mindestens zweimal bestattet, bevor sie in die Truhe gelegt wurden, aus der sie im Juli geborgen wurden. Das erste Mal wurden sie etwa drei Tage nach ihrem Tod bestattet, fünf Jahre später hat man sie dann ein zweites Mal beerdigt. Die sterblichen Überreste wurden also einige Male bewegt. Als die Truhe mit den sterblichen Überresten geöffnet wurde, haben wir oben vor allem mehrere Schädel gefunden. Die Gliedmaßenknochen lagen dazwischen. Diese wurden in Form eines Jerusalemer Kreuzes angeordnet. Die Knochen wurden für diese letzte Bestattung rein zufällig ausgesucht. Dies hat uns die Forschungen sehr erschwert.“

Vítězslav Kuželka  (Foto: Martina Schneibergová)
Zunächst wurden die Knochen gereinigt. Die Anthropologen haben nach Fragmenten gesucht, die zueinander passen und haben die Knochen dokumentiert. Es war jedoch klar, dass es unmöglich sein würde, die Knochen den jeweiligen Einzelpersonen zuzuordnen. Die Wissenschaftler mussten bei der Arbeit so vorgehen, wie es bei Erforschungen von Massengräbern üblich ist: Die einzelnen Knochen werden nummeriert und nach anatomischen Aspekten sortiert.

„Wir haben festgestellt, dass an dem schicksalhaften Faschingsdienstag mehr Leute ums Leben kamen, als wir aus den historischen Quellen wissen. Einige der sterblichen Überreste gehörten nicht erwachsenen Personen, und an den Knochen fanden wir die gleichen Spuren von Verletzungen, an denen auch die Erwachsenen gestorben sind. Es handelte sich um vier ältere Kinder zwischen 7 bis 14 Jahren und um eine Person, die im Alter von etwa 15 Jahren starb. Wir haben eine Hypothese, wer diese Kinder waren: An der Decke der Augenhöhle haben wir ein Knochengebilde gefunden, das davon zeugt, dass diese Kinder an Blutarmut litten. Die Blutarmut entsteht meistens infolge von schlechter Ernährung. Wir sind daher der Meinung, dass es sich um Kinder aus niedrigen Bevölkerungsschichten handelte, um die sich die Franziskaner gekümmert haben.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Forscher konnten an den Schädeln der Erwachsenen Spuren von tödlichen Verletzungen feststellen. Petr Velemínský leitet die anthropologische Abteilung des Nationalmuseums und hat sich auch den Forschungen beteiligt:

„Jene Verletzungen, deren Spuren deutlich zu erkennen sind, entstanden zweifelsohne in der Zeit um den dokumentierten Tod dieser Menschen herum. Wir haben diese Spuren an den sechs Schädeln der erwachsenen Menschen festgestellt und an den weiteren sechs Schädeln lassen sich die Spuren nicht ausschließen. Die Resultate der anthropologischen Forschungen entsprechen also den historischen Quellen. Das bedeutet, dass in der Truhe wirklich die sterblichen Überreste der ermordeten Franziskaner bestattet wurden.“