Flüchtlingskrise: Prag kritisiert Rom und Athen für mangelnde Kooperation

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Im Streit um die Umverteilung von Flüchtlingen hat der tschechische Innenminister Chovanec einen Brief an die Europäische Kommission geschickt. In dem Schreiben wirft er vor allem den Erstaufnahmeländer Italien und Griechenland mangelnde Kooperation vor. Tschechien hat bisher nur zwölf Flüchtlinge auf Grundlage der EU-Quoten aufgenommen. Mit dem Brief soll ein Vertragsverletzungsverfahren abgewendet werden, das die Europäische Kommission vor kurzem eingeleitet hat.

Milan Chovanec  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Brief hat es in sich. Denn Prag schiebt die Schuld für seine Versäumnisse bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf die Südeuropäer. Innenminister Milan Chovanec erläuterte am Donnerstag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Wir belegen Schritt für Schritt, mit Daten und Briefen, wie wir mit den Griechen und den Italienern verhandelt haben. Und dass wir die Flüchtlinge, die uns angeboten wurden, keiner eingehenden Sicherheitsüberprüfung unterziehen konnten. Italien hat zum Beispiel sogar den Kontakt abgebrochen.“

Jedwedes Aufnahmeangebot von tschechischer Seite sei damit gegenstandslos, betonte der Sozialdemokrat und konkretisierte:

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„Wenn die Italiener und Griechen als einzige Sicherheitsüberprüfung die Leute fragen, ob sie Terroristen seien, und wenn uns dann nicht erlaubt wird, unsere eigenen Fachleute in die Auffanglager zu schicken, um selbst mit den Leuten zu sprechen – dann nehmen wir niemanden auf.“

Die Europäische Kommission hat im Mai Verfahren gegen Polen, Tschechien und Ungarn eingeleitet, weil sie die vorgeschriebenen Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen nicht erfüllen. Den drei Mitgliedsstaaten wurde bis zum 14. Juli Zeit gegeben, ihre Position zu rechtfertigen. Nach dem Verteilschlüssel müsste Tschechien eigentlich 2679 Personen aufnehmen, die derzeit noch in Lagern in Griechenland und Italien festsitzen. Chovanec wiederholte jedoch ein weiteres Argument, das er in ähnlicher Weise schon Mitte Mai vorgetragen hatte:

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„Kein einziges EU-Land erfüllt seine Quote. Und die Kommission hat einfach entschieden, dass diejenigen, die weniger als ein Prozent der vorgeschriebenen Zahl an Flüchtlingen aufgenommen haben, die Schuldigen sind. Und dass diejenigen, die unter zwei Prozent liegen, aber keine Schuld tragen. Das ist ein frecher Schildbürgerstreich – und dagegen muss man sich wehren.“

Allgemein zeige sich, dass das Quotensystem nichts tauge, so Chovanec. Zugleich wirft der Minister den meisten anderen EU-Mitgliedern vor, in der Flüchtlingsfrage gegen die tschechische Position zu wettern – zum Schluss aber still und heimlich die Argumente aus Prag selbst zu übernehmen.

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„Ich wäre froh, wenn unsere heftige Ablehnung die anderen zum Nachdenken zwingt. Damit wir endlich die Dinge vernünftig lösen. Mittlerweile besteht ein gewaltiges Problem mit der Migrationswelle aus Libyen nach Italien. Wenn wir jene, die Wirtschaftsflüchtlinge sind, nicht absondern, festsetzen und in ihre Länder zurückbringen, werden wir den Ansturm niemals stoppen.“

Tschechien hat deshalb vor wenigen Wochen der italienischen Regierung konkrete Hilfe angeboten. So könnten sogenannte „Internierungseinrichtungen“ für illegale Migranten wie in Tschechien aufgebaut werden. Was die Regierung jedoch verschweigt: Diese Einrichtungen werden von Menschenrechtsorganisationen kritisiert – und Gerichte haben schon mehrfach mit Erfolg gegen das Vorgehen in diesen Einrichtungen geklagt.

Nichtsdestotrotz nennt Chovanec die Tschechische Republik einen Staat, der viel dazu beitrage, um die Flüchtlingskrise zu lösen:

„Ich sage gern noch einmal, dass wir eines der aktivsten Länder sind zum Beispiel bei der Entsendung von Polizisten für den Schutz der Grenzen des Schengen-Raumes und bei der Finanzhilfe.“

Deshalb lautet für Chovanec das eindeutige Fazit:

„Tschechien ist überzeugt davon, dass es nicht gegen EU-Recht verstößt.“