Fischer-Kabinett ebnet Weg für neue Atomreaktoren und Autobahnen in Tschechien

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Mehr atomare Blöcke und Kernkraftwerke, einen gigantischen Schiffskanal, ein dichteres Autobahnnetz und die Erweiterung der Kohleförderung. All das soll es voraussichtlich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in Tschechien geben. So sieht es jedenfalls der nationale strategische Bebauungsplan vor, den das Übergangskabinett von Premier Jan Fischer am Montag beschlossen hat.

Die tschechische Regierung machte den Weg frei für die Errichtung weiterer strategischer Bauten wie Autobahnen oder Elektrizitätswerke. Sie verabschiedete ein vom Ministerium für Regionalentwicklung vorgelegtes Strategiepapier, das unter anderem die Erhöhung der Energieerzeugung in den Kernkraftwerken Temelín und Dukovany sowie den Neubau eines atomaren Kraftwerks im nordmährischen Blahutovice vorsieht. Ministerpräsident Fischer sieht die Bedeutung des Dokuments dennoch gelassener:

„Der nationale strategische Bebauungsplan birgt keine fatale Entscheidung in sich, die zukünftige Regierungen in ihrer Entschlussfreiheit einschränken könnte. Erst die kommenden Regierunen werden also darüber entscheiden, wann, wo und welche Bauten konkret entstehen werden.“

Premier Jan Fischer  (Foto: ČTK)
Mit anderen Worten: Das Kabinett Fischer hat am Montag beschlossen, dass weiträumige Flächen für die spätere Errichtung strategischer Bauten freigehalten werden. Die konkrete Umsetzung eines Projektes obliegt den künftigen Regierungen. Trotzdem eine Steilvorlage für die beiden großen Parlamentsparteien, die Bürger- und die Sozialdemokraten. Sie können sich nämlich im Falle einer Regierungsübernahme bei kritischen Entscheidungen immer auf das Strategiepapier des Fischer-Kabinetts berufen. Eine Schlappe ist das Dokument hingegen für die Grünen (SZ). Sie hatten sich im Kabinett Topolánek zum Beispiel erfolgreich gegen den Ausbau der Atomenergie gesperrt.

Sich um die ökologische Seite der strategischen Bauvorhaben zu kümmern, das war nun die Aufgabe des jetzigen Umweltministers Ladislav Miko:

„Der größte Einwand bestand darin, dass unsere Vorstellungen zum Strategiepapier auch eine nachhaltigere Akzentuierung der ökologischen Komponente vorsahen. Das haben wir vor allem bei einem solchen Bau wie dem geplanten Donau-Oder-Elbe-Kanal, aber auch bei Fragen der Verkehrsinfrastruktur sehr deutlich gemacht.“

Foto: Archiv Radio Prag
Bei den regionalen Verwaltungen und Kommunen, die anders als in Deutschland kein ernsthaftes Mitspracherecht bei der Planung von „Bauten nationalen Interesses“ haben, regt sich hingegen Widerstand gegen einige Projekte. Die „heiße Kartoffel“ des ersten Atommüll-Endlagers in Tschechien zum Beispiel will bisher niemand entgegennehmen. Deshalb wurde dieser Passus aus dem Strategiepapier vorerst gestrichen. Auch Bürgerinitiativen melden sich zu Wort. Den geplanten Bau der zweiten Start- und Landebahn auf dem Flughafen Prag-Ruzyně kritisiert Václav Vik von der Bürgerbewegung (sdružení Občané):

„Gegenwärtig übersteigt der Flughafenlärm im anliegenden Umfeld bereits die zulässige Obergrenze. Wenn jetzt noch die zweite Start- und Landebahn – eine der modernsten in Europa überhaupt – hinzugebaut wird, dann hat das zur Folge, dass sich der Luftverkehr über Prag verdoppelt. Leider kommt diese Verdoppelung aber nicht der Tschechischen Republik oder ihren Bürgern zugute. Selbst die Flughafenverwaltung gibt zu, dass das erhöhte Flugaufkommen eine Folge des stärkeren Transitverkehrs sein wird.“

Bei der Umsetzung des nationalen strategischen Bebauungsplans müssen also die künftigen Regierungen noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten.