EU entspricht Forderung von Klaus – Tschechiens Präsident ist jetzt am Zug

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Die Europäische Union ist einem ihrer Hauptanliegen, der Ratifizierung ihres eigenen Reformvertrags, wieder einen Schritt näher gekommen. Nachdem der Vertrag von Lissabon zunächst häufig kritisiert und vom irischen Volk zunächst sogar abgelehnt wurde, stand ihm vor dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel eigentlich nur noch eine Hürde im Weg – die vom tschechischen Präsidenten Václav Klaus geforderte Ausnahmeregelung für Tschechien bei der EU-Grundrechtecharta.

„Der Europäische Rat hat heute Abend dem Antrag der tschechischen Regierung und des tschechischen Präsidenten entsprochen und einer Ausnahmeklausel für Tschechien bei der Grundrechtecharta zugestimmt.“

Als der schwedische EU-Ratsvorsitzende Frederik Reinfeldt am Donnerstagabend in Brüssel den Beschluss des EU-Rates verkündete, war klar: die Staats- und Regierungschefs von 26 EU-Ländern kommen dem EU-kritischen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus mit einer Fußnote entgegen. In dem von Reinfeldt erwähnten „Protokoll Nr. 30“ wurde festgehalten, dass die Befugnisse des Europäischen Gerichtshofs nicht so ausgeweitet werden, dass dieser einen Widerspruch nationalen Rechts zur Grundrechtecharta feststellen dürfe. Auch würden keine neuen einklagbaren Rechte geschaffen. Die so genannten Benes-Dekrete von 1945 zur Vertreibung von Deutschen und Ungarn aus der damaligen Tschechoslowakei werden in der Klausel jedoch nicht explizit erwähnt.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Ein Kompromiss, der allen weiterhilft. Präsident Klaus hatte die Ausnahme zur Bedingung gemacht, um den neuen EU-Grundlagenvertrag zu unterschreiben. Er hat sie erhalten, und steht jetzt im Wort, als letzter noch ausstehender Staatsrepräsentant eines EU-Landes den Lissabon-Vertrag zu unterzeichnen. Premier Jan Fischer ist optimistisch:

„Der Präsident hat mir bei unserem letzten Treffen versichert, dass er unterschreiben werde. Ich habe keinen Grund dazu, dem nicht zu glauben.“

Jan Fischer und Frederik Reinfeldt  (Foto: ČTK)
In der EU stellt man sich jedoch schon fast ungeduldig die Frage: Wann wird Klaus unterschreiben? Sicher nicht vor dem Urteil des Brünner Verfassungsgerichts zu einer neuerlichen Beschwerde von mehreren tschechischen Senatoren gegen den Lissabon-Vertrag. Möglicherweise fällt das Urteil schon am Dienstag, wenn sich die Verfassungsrichter in dieser Sache erneut beraten werden. Stimmen sie dabei dem EU-Reformvertrag im Sinne der tschechischen Gesetzgebung zu, dann werde Klaus mit seiner in ganz Europa ersehnten Unterschrift nicht mehr zögern, meint der Politologe Petr Robejšek:

„Hundertprozentig! Für ihn ging es auch darum, nicht sein Gesicht zu verlieren. Jetzt ist seiner Forderung entsprochen worden, und er wird hundertprozentig unterschreiben, wenn das Verfassungsgericht keine Einwände gegen den Lissabon-Vertrag vorzubringen hat.“

Václav Klaus hat jedenfalls sein Ziel erreicht: in der Gipfel-Erklärung wird Tschechien zugesagt, dem nächsten EU-Beitrittsvertrag (vermutlich jenem für Kroatien) ein Protokoll beizufügen. Damit wird ein bereits im Lissabon-Vertrag enthaltenes Protokoll über die beschränkte Anwendung der Grundrechtecharta auf Polen und Großbritannien auch auf Tschechien ausgedehnt.