Enttäuschung über Ressort für Kommissionskandidatin Jourová

Věra Jourová (Foto: ČTK)

Die Ressorts in der künftigen EU-Kommission sind vergeben, ihr Chef Jean-Claude Juncker gab die Besetzung bekannt. Die tschechische Kandidatin Věra Jourová übernimmt den Bereich Justiz. Von Politikern der Regierungskoalition in Prag wurde dies teils mit Enttäuschung aufgenommen. Die Opposition sprach sogar von einem Versagen des Premiers.

Jean-Claude Juncker  (links). Foto: ČTK
Jean-Claude Juncker stellte am Mittwoch in Brüssel sein neues Team vor – er denke, es sei ein „Winning Team“, sagte der konservative Politiker aus Luxemburg. Für die tschechische Regierung ist die Zusammensetzung der künftigen EU-Kommission jedoch mit einer gewissen Niederlage verbunden. Sie hatte für ihre Kandidatin Věra Jourová um eine Position mit wirtschaftlicher Entscheidungskompetenz geworben. Nun soll die Politikerin der Partei Ano Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung werden. Selbst hatte die 50-Jährige auf den Bereich Regionalpolitik gehofft, denn für diesen ist sie als Ministerin derzeit auch noch im tschechischen Kabinett verantwortlich:

Věra Jourová  (Foto: ČTK)
„Für mich ist es eine Überraschung, mit dem Portfolio hatte ich nicht gerechnet. Ich bin auch gefragt worden, ob ich enttäuscht sei, nicht mein geliebtes Gebiet Regionalpolitik erhalten zu haben. Ich muss sagen, das bin ich.“

Die tschechische Opposition griff diesen Misserfolg dankend auf.

„Es handelt sich um eines der schwächsten Ressorts in der Kommission. Mit dem Portfolio hat sich Věra Jourová bisher nicht beschäftigt, und Tschechien hat dies auch nicht als sein Interessensbereich deklariert. Es ist eine Niederlage und leider das Ergebnis der schlechten Außenpolitik der Regierung und besonders von Premier Sobotka“, so Petr Fiala, stellvertretender Vorsitzender der konservativen Bürgerdemokraten.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Selbst Vertreter der Mitte-Links-Regierung sprachen von einem Misserfolg. Ano-Parteichef Andrej Babiš gab die Frage der Schuld jedoch an die früheren Regierungsparteien und heutigen konservativen Oppositionskräfte zurück:

„Ich denke, dies ist wohl eine Folge dessen, dass wir uns nach dem EU-Beitritt total passiv verhalten haben. Wir haben nicht verstanden, wie wichtig die Union für Tschechien ist und haben unfähige Politiker dorthin entsandt. Unsere Position dort zu stärken, braucht wahrscheinlich einfach längere Zeit.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Hauptverhandlungsführer war Premier Bohuslav Sobotka gewesen. Auch der Sozialdemokrat zeigte sich überrascht über das Aufgabengebiet für Věra Jourová. Insgesamt wollte Sobotka aber nicht negativ urteilen.

„Unsere Ambitionen auf eine wirtschaftlich bedeutende Position haben sich nicht erfüllt. Es handelt sich aber um ein Ressort von mittlerer Bedeutung. Sowohl die Justiz als auch der Verbraucherschutz waren zudem in der letzten Zeit in der EU stark diskutierte Themen. Es hängt auch vom jeweiligen Kommissar ab, wie sehr er aus seinem Ressort einen Bereich macht, über den in der Öffentlichkeit gesprochen wird.“

Věra Jourová ist Juristin und bringt daher zumindest für einen Teil ihres Portfolios genügend Kompetenzen mit. Konkret wird sie sich zum Beispiel um das Freihandelsabkommen mit den USA kümmern müssen, inklusive Datenschutz – das sind derzeit durchaus heiße Eisen. Deswegen sagte Jourová, jenseits ihrer eigenen Enttäuschung könne sie die Reaktionen in ihrer tschechischen Heimat nicht verstehen:

„Ich erhalte hier in Brüssel ganz andere Reaktionen. Vor allem der Verbraucherschutz und der Datenschutz, aber auch die Justiz sind sehr wichtige Themen. Deswegen glaube ich, dass mir Kommissionspräsident Juncker damit viel Vertrauen entgegengebracht hat.“

Mit den Fragen von Gleichstellung hat sich Věra Jourová allerdings in der Politik bisher noch nicht auseinandergesetzt.