„Ende einer Pechsträne“ – Ex-Pornodarstellerin darf bleiben

Anastasia Hagen (Foto: Alexej Ponomarjew)

Einst war sie eine bekannte Pornodarstellerin, nun ist Anastasia Hagen Tschechiens bekannteste Asylsuchende. Die 27-jährige Ukrainerin versucht seit zwei Jahren, ihr Domizil in einem mittelböhmischen Dorf zu ihrer dauerhaften Heimat zu machen, denn in der Ukraine droht ihr ein Verfahren wegen Verbreitung von Pornografie. Ihr Asylantrag in Tschechien wurde mehrfach abgelehnt, auch vor Gericht war sie nicht erfolgreich. Nun aber hatte das Innenministerium ein Einsehen und erteilte Hagen eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung.

Anastasia Hagen  (Foto: Alexej Ponomarjew)
Der Fall Anastasia Hagen ist nicht einfach zu verstehen. Es geht um mehr als eine Pornodarstellerin, die sich vor einer Strafverfolgung durch ukrainische Behörden fürchtet. Es geht auch um den Überlebenskampf von Menschen östlich der EU und um junge Frauen mit alten Männern.

Die heute 27 Jahre alte Anastasia Hagen wurde mit 16 von ihrem jetzigen Ehemann schwanger. Er war damals 32, ein Geschäftsmann mit eigener Firma. Er bekam Probleme mit der Mafia und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Um ihr Kind durchzubringen, nahm Hagen ein Angebot für einen Pornodreh an, letztlich blieb sie vier Jahre in dem Business. Als sie ihr zweites Kind erwartete, stieg sie aus.

Petra Procházková  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Petra Procházková ist Journalistin, sie hat die Hilfsorganisation Berkat gegründet. Die NGO kümmert sich um Flüchtlinge in Tschechien, vor allem aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Procházková versucht zu erklären, warum Anastasia Hagen in der Ukraine ein Verfahren droht:

„Anastasia hat vor allem deswegen in der Ukraine Probleme bekommen, weil ihr Mann Schwierigkeiten bekam. Er geriet in klassische osteuropäische Geschäftsprobleme: Es ging um einen Brand, um Konflikte mit den Behörden und um persönliche Rache. Sie wurde in diese Angelegenheit hineingezogen, weil sich jemand gedacht hatte, falls man den Ehemann nicht zu fassen kriegt, dann eben seine Kinder und seine Ehefrau.“

Martin Rozumek  (Foto: ČT24)
Zwei Jahre nach Hagens Rückzug aus dem Pornogeschäft wird in der Ukraine ein Gesetz gegen die Verbreitung von Pornografie verabschiedet. Gegen die 27-Jährige werden Ermittlungen aufgenommen, weil ein kommunistischer Abgeordneter sie anzeigte. Hagen verleite die Jugend zu nichttraditionellem Sex, so der Mann. Hagen entschließt sich zur Flucht nach Tschechien, wo die meisten ihrer Filme entstanden waren. Martin Rozumek ist Anwalt und Direktor der Organisation für Flüchtlingshilfe (OPU). Er vertritt Hagen in Tschechien:

Karel Šimka  (Foto: Archiv des Obersten Verwaltungsgerichts)
„Sie kann einfach nicht sicher nach Hause zurückkehren: Ihr droht dort, dass man ihr die Kinder wegnimmt und sie selbst im Gefängnis landet. Wir denken, dass dies nicht rechtmäßig ist, vor allem nicht gegenüber den Kindern, und deshalb bittet sie um Asyl. Sie sollte hier Hilfe erhalten.“

Das sah aber das Innenministerium zunächst anders. Wiederholt lehnte es den Asylantrag ab. Auch vor den Gerichten scheiterte Hagen mit Beschwerden gegen die Ablehnung ihres Antrags, zuletzt Ende Juli vor dem höchsten Verwaltungsgericht. Die Gründe für die angebliche Verfolgung, die der Antragssteller angeführt hat, seien nicht schwerwiegend genug, um Asyl zu gewähren, erklärte Karel Šimka, Richter am obersten Verwaltungsgericht, zur Begründung.

Anastasia Hagen  (Foto: Alexej Ponomarjew)
Hagen sollte daraufhin bis zum 27. August das Land verlassen. Ihre Koffer packte sie trotzdem nicht. Anwalt Martin Rozumek erklärt, warum:

„Das tschechische Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz kennen beide das Recht auf einen ‚humanitären dauerhaften Aufenthalt’. Dort sind die Kriterien nicht so genau definiert, da kommt es auf den guten Willen der Beamten an. Wenn auch die Integration der fraglichen Person gegeben ist, also die Kinder hier zu Schule gehen und ein Zuhause haben, dann bleibt nur die Frage, ob der gute Wille auf Seiten des Innenministeriums vorhanden ist.“

Offensichtlich war er es: Die ehemalige Pornodarstellerin hat am Montag eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhalten. In einer ersten Reaktion sagte Hagen, dass ihre Pechsträhne nun nach zehn Jahren beendet sei.