Ehrgeizige Ziele: Umweltminister stellt Klimastudie für Tschechien vor

Foto: Europäische Kommission

20 – 20 – 20: Das ist das Schönheitsideal der europäischen Klimapolitik. Es bedeutet, dass der Anteil regenerativer Energie am Gesamtverbrauch auf 20 Prozent gesteigert und zugleich die Treibhausgase um 20 Prozent reduziert werden sollen – und das beides bis zum Jahr 2020. Die europäischen Staaten werden jeweils in unterschiedlichem Maß zur Erlangung des Ziels beitragen. Tschechien muss beispielsweise nur 13 Prozent erneuerbarer Energien erreichen. Das ist Tiefstapelei, behauptet Umweltminister Martin Bursík von den Grünen. Am Dienstag stellte er eine Studie vor, der nach Tschechien ohne Probleme auch mehr als die von der Union geforderten Klimaziele leisten kann.

Umweltminister Martin Bursík,  links  (Foto: ČTK)
Tschechien ist ein hoch industrialisiertes Land, also hat es Probleme beim Erfüllen von klimapolitischen Zielen. Das ist die vorherrschende Meinung. Stimmt nicht, behauptet aber die Studie, die das Energie- und Umweltberatungsunternehmen Enviros für das Ressort von Bursik erstellt hat: Bis 2020 könnten die Treibhausgasemissionen in Tschechien sogar um 40 Prozent gesenkt werden. Umweltminister Bursík will nun eine komplett neue Klimapolitik für Tschechien entwerfen. Bis September will er dem Regierungskabinett seinen Plan unterbreiten:

„Der Plan wird sehr konkret sein. In Megatonnen sollen dort die klimapolitischen Potenziale in jedem Sektor benannt werden: im Verkehr, in der Industrie, bei Wärme und Elektrizität. Wir werden zudem darlegen, welche Maßnahmen ökonomisch am sinnvollsten sind. Dazu werden wir ein internationales Konsultationsteam zusammenstellen mit Fachleuten unter anderem aus Deutschland, Dänemark oder Kanada. Dadurch könnten wir endlich auf Spitzenniveau gelangen.“

Industrie- und Handelsminister Martin Říman
Die Eckpunkte seines Plans stellte Bursik bereits am Dienstag vor. So möchte er unter anderem erreichen, dass die Energieeffizienz in der Industrie gesteigert wird – die ist ohnehin im EU-Vergleich sehr niedrig. Zudem soll das Energiesparpotenzial in den Haushalten genutzt, mehr Biomasse eingesetzt oder in der Energieproduktion Kohle durch Erdgas ersetzt werden. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass politisch schwierige Entscheidungen hingegen umgangen werden könnten. Weder müssten das Limit für die Kohleförderung geändert noch neue Atomkraftwerke gebaut werden. Doch Industrie- und Handelsminister Martin Říman sieht Konfliktstoff:

Foto: Europäische Kommission
„Aus dem Blickwinkel der Sicherheitspolitik kann ich von einem rasanten Übergang von der Kohle zu Erdgas nur abraten. Das würde schließlich unsere Abhängigkeit vom dominanten Lieferanten für den Weltmarkt erhöhen – und das ist Russland.“

Also ein Land, dessen Politik nicht immer berechenbar ist. Industrievertreter glauben zudem, dass eine Reihe Unternehmen abwandern könnte, würden Bursíks ehrgeizige Klimapläne in die Tat umgesetzt. Auch hätten die Verbraucher das Nachsehen, denn die Energiepreise dürften steigen. Bursík aber appelliert zudem an die Moral. Der EU-Ratsvorsitz, den Tschechien in der ersten Hälfte 2009 übernimmt, sollte Anreiz sein, bei der Klimapolitik zuzulegen, so die Vorstellung des Ministers.