Durchbruch auf dem Weg zur Direktwahl des Staatspräsidenten

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Es wird immer wahrscheinlicher, dass zum ersten Mal in der tschechischen und tschechoslowakischen Geschichte der Staatspräsident direkt vom Volk gewählt wird. Am Mittwoch konnte ein Durchbruch erzielt werden: Das 200-köpfige Abgeordnetenhaus hat mit einer deutlichen Mehrheit das entsprechende Gesetz für eine Änderung der Verfassung verabschiedet. Nun muss noch der Senat abstimmen.

Miroslava Němcová  (links). Foto: ČTK
„Mit 159 zu 3 Stimmen angenommen“ - ein besonderer Moment, als die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miroslava Němcová, am Mittwoch das Ergebnis der Abstimmung verkündete. Zehn Jahre lang war über eine Direktwahl des tschechischen Staatspräsidenten verhandelt worden. Doch nun haben sich Regierung und Opposition auf das Gesetz zur Verfassungsänderung geeinigt.

Bis zuletzt hing der Erfolg aber an einem dünnen Faden. So forderten die oppositionellen Sozialdemokraten drei Änderungen am Regierungsentwurf. Alle Forderungen zielten darauf, die Macht des zukünftigen gewählten Staatsoberhauptes gegenüber heute noch weiter zu reduzieren, als es das Kabinett Nečas ohnehin geplant hatte. Letztlich stimmte das Regierungslager aus Demokratischer Bürgerpartei, Top 09 und Partei der öffentlichen Angelegenheiten zwei Änderungsvorschlägen zu, und die Sozialdemokraten verzichteten auf den dritten.

Abgeordnetenhaus  (Foto: ČTK)
Die Einschnitte in die Rechte und Pflichten des Präsidenten sind deutlich: Begnadigungen müssen künftig vom Premierminister oder von einem beauftragten Minister gegengezeichnet werden, derzeit hat der Staatspräsident hier freie Hand. Die Immunität des Präsidenten erstreckt sich nicht mehr bis zum Ableben, sondern nur noch bis zum Ende seiner Amtszeit. Und das Staatsoberhaupt kann, außer wegen Hochverrats, auch wegen grober Verletzungen der Verfassungen strafrechtlich verfolgt werden. Justizminister Jiří Pospíšil:

„Schon im Regierungsentwurf war bereits eine höhere Verantwortung des Staatspräsidenten bei einer groben Verfassungsverletzung vorgesehen. Das war bereits ein Zugeständnis an die Sozialdemokraten. Gerade die höhere Verantwortlichkeit des Staatspräsidenten in Kombination mit einer Einschränkung seiner Immunität ist nun eine relativ starke Änderung, und man wird sehen, wie dies in der Praxis dann umgesetzt wird.“

Jiří Pospíšil  (links). Foto: ČTK
Der Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung kommt als Nächstes in den Senat. In dieser Kammer des Parlaments haben die Sozialdemokraten die Mehrheit. Einige Regierungspolitiker äußerten sich deswegen zurückhaltend über das weitere Schicksal der Verfassungsänderung.

„Wir haben erst eine Schlacht im Kampf um die Direktwahl des Präsidenten gewonnen, aber noch nicht den Krieg“, so Radek John, Vorsitzender der Partei der öffentlichen Angelegenheiten

Bohuslav Sobotka am Mikrophon  (Foto: ČTK)
Doch die Spitzen der Sozialdemokraten sind von einer klaren Entscheidung des Senats überzeugt.

„Es gibt eine reelle Chance, dass die Direktwahl des Staatspräsidenten durchgesetzt wird. Ich vertraue darauf, dass nicht nur unsere, sondern alle 81 Senatoren Verantwortung zeigen und so stimmen wie wir heute im Abgeordnetenhaus. Dann kann der nächste Staatspräsident bereits durch die Entscheidung aller Bürger des Landes gewählt werden“, glaubt der sozialdemokratische Parteichef Bohuslav Sobotka.

Václav Klaus
Die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten Václav Klaus endet im März 2013. Würde direkt gewählt, dann müsste dies im Januar oder Februar 2013 geschehen. Der Wahlmodus entspräche dem der Senatswahlen: In der ersten Runde siegt nur derjenige Kandidat, der die absolute Mehrheit erreicht. Ist dies nicht der Fall, würde zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen erfolgen. Václav Klaus kann der Verfassung nach aber nicht für eine weitere Amtszeit antreten.