Drei Länder erheben Anspruch auf ein Manuskript Gregor Mendels

Gregor Mendel

Wem gehört Gregor Mendel, der Wegbereiter der modernen Genetik? Diese Frage hat man sich vor kurzem in Deutschland und Österreich und anschließend auch in Tschechien gestellt. Genauer müsste die Frage lauten: Wem gehört Mendels Manuskript, in dem er im Jahr 1865 seine Erkenntnisse über die – wie es hieß – „Versuche über Pflanzenhybriden“ veröffentlichte?

Das Manuskript Gregor Mendels ist vor kurzem zum Gegenstand eines Streits geworden. Dieser ist zunächst zwischen den in Deutschland lebenden Erben des Wissenschaftlers und dem Augustinerorden in Wien entbrannt. Im Mai dieses Jahres hat sich auch das Augustinerkloster im südmährischen Brno/Brünn zu Wort gemeldet, denn Gregor Mendel war eine Zeitlang sein Abt gewesen. Eine recht verwickelte Geschichte:

Das Manuskript befand sich zunächst in der Augustinerabtei Alt Brünn. Nach ihrer Auflösung durch die Kommunisten 1950 verwahrten es ehemalige Ordensbrüder. 1988 wurde es wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen an deutsche Augustiner übergeben. Doch diese sind dem Ordensvikariat in Wien unterstellt und von dort hieß es neulich: Mendel sei Augustiner gewesen und habe als Augustiner geforscht.

In Tschechien engagiert sich in dieser Angelegenheit der sozialdemokratische Abgeordnete Robin Böhnisch (ČSSD), der auf Initiative des erneuerten Augustinerklosters in Brünn eine Stellungnahme des Kulturministers schriftlich anforderte. Da es aber nach den Wahlen zu einem Ministerwechsel kam, rechnet er mit einem neuen Schreiben:

„Ich bin mir sicher, dass im Kulturministerium ein Kontinuitätsmechanismus funktioniert. Ich gehe davon aus, dass man sich dort mit der Sache befasst. Für alle Fälle werde ich aber den neuen Kulturminister sowie den Außenminister noch einmal anschreiben.“ Böhnisch erwartet, dass der tschechische Staat den Anspruchs auf das umstrittene Schriftwerk von Gregor Mendel erheben wird. Derzeit wird es in einem Safe in Stuttgart aufbewahrt. Robin Böhnisch verweist auf eines der damit verbundenen Probleme:

Robin Böhnisch
„Das baden-württembergische Kulturministerium hat die Ausfuhr des Schriftwerks damit verboten, dass es ein Teil des deutschen Kulturerbes ist. Auch wenn Mendel nie in Deutschland lebte. Das könnte zum Präzedenzfall werden. Angenommen, man führt einen Kafka oder kurz das Manuskript eines deutsch schreibenden Autors aus Tschechien aus, dann könnte man es auch für ein deutsches Kulturerbe halten.“

Böhnisch erwartet keine schnelle Lösung der Causa Mendel, eher einen „Langstreckenlauf“. Insgesamt ist er zuversichtlich, dass die Sache für Tschechien gut ausgeht, auch wenn es lange dauern könnte:



Augustinerkloster in Brünn | Foto: Misa.jar,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0
„Ich glaube nicht, dass deutsche Gerichte, wenn es so weit kommen sollte, der Alt Brünner Abtei das Recht auf das umstrittene Manuskript absprechen würden. Ähnlich war es doch im Fall des alten Bildes, das 1991 als Leihgabe aus Tschechien in Köln ausgestellt wurde. Wegen einer Klage aus Lichtenstein konnte das Bild erst nach sieben Jahren aufgrund eines Gerichtsurteils zurückkehren.“

126 Jahre nach seinem Tod kehrt also Gregor Mendel als Akteur einer Geschichte zurück, in der drei Länder um ein schriftliches Werk aus seinem Nachlass werben. Dabei gehört es eigentlich allen Weltbürgern.