Die Lissabon-Strategie: Plan und Wirklichkeit

Foto: Europäische Komission

Es muss nicht immer Brüssel sein. Maastricht, Amsterdam, Nizza oder Kopenhagen sind Städte, die mit der Entwicklung der EU beinahe ebenso eng verbunden sind. Verträge, Programme und Kriterien sind nach ihnen benannt, selbiges gilt auch für Lissabon - respektive die so genannte Lissabon-Strategie. Über ihren Zweck und den Stand ihrer Umsetzung in Tschechien fand am Mittwoch im Prager EU-Informationszentrum eine Konferenz statt. Gerald Schubert war dabei:

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Ins Leben gerufen wurde sie im Jahr 2000, angesetzt wurde sie auf eine Laufzeit von immerhin zehn Jahren: Die Lissabon-Strategie. Die Kernaufgabe, die in ihrem Namen bewältigt werden soll, ist keine leichte: Zum einen soll das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union vorangetrieben und der Hauptkonkurrent USA ökonomisch eingeholt werden, zum anderen soll jedoch genau dies unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Vorzeichen geschehen. Ludek Urban, Professor an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität Prag:

"Das ist eine absolut einzigartige Strategie. Nicht nur wegen ihrer zehnjährigen Perspektive, sondern weil sie sich in gleich drei Bereichen bedeutende Ziele setzt: und zwar auf wirtschaftlichem, sozialem und ökologischem Gebiet. In dieser Hinsicht ist die Lissabon-Strategie mit nichts Anderem zu vergleichen. Die EU bringt hier zum Ausdruck, dass sie ihre Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit erhöhen will - jedoch nicht um den Preis einer Bedrohung des sozialen Zusammenhalts und auch nicht um den Preis einer Bedrohung der Umwelt."

Die bisherigen Berichte der Europäischen Kommission attestieren der Lissabon-Strategie zwar kein besonders rasches Fortkommen. Jedoch, so Urban:

"Keinesfalls berechtigt uns das dazu, die Lissabon-Strategie für einen Fehltritt oder eine Sackgasse zu halten. Im Gegenteil: Sie ist eine absolut adäquate Antwort auf die langfristigen Schwachstellen der europäischen Ökonomie."

Vielleicht erscheint die Koppelung etwa von flächendeckender Verbreitung neuer Informationstechnologien, besseren Bedingungen für Unternehmensgründungen und nachhaltiger ökologischer Entwicklung - um nur drei Bereiche zu nennen - tatsächlich wie die Quadratur des Kreises. Das festgesetzte Datum 2010, an dem man "es" geschafft haben will, sollte jedoch kein allzu großer Grund zur Sorge sein, wie Oldrich Pesek vom tschechischen Regierungsamt sagt:

"Dieses Datum dient meiner Meinung nach eher zur Orientierung. Sonst besteht die Gefahr, dass das Sprichwort gilt: Was man nicht heute erledigt, das erledigt man nie."

Peseks Einschätzung, was die Umsetzung der Lissabon-Strategie in Tschechien betrifft: Der Parlamentsausschuss für Europäische Integration dient als sehr nützlicher Knotenpunkt für Planung und Informationsaustausch. Bei der Kommunikation innerhalb und zwischen den einzelnen Ministerien gibt es laut Pesek jedoch noch einigen Nachholbedarf.