Deutsche gehen, Slowaken kommen: Wachablösung auf dem tschechischen Medienmarkt

Foto: Archiv Radio Prag

Seit der politischen Wende war die Medienlandschaft in Tschechien dominiert von deutschen Investoren. Mit der Verlagsgruppe Passau hat nun das letzte deutsche Verlagshaus den Medienmarkt verlassen. Am Mittwoch wurde der Verkauf der Tochterfirma Vltava-Labe-Press besiegelt. Neuer Eigner und Herausgeber der auflagestarken Regionalzeitungen „Deníky“ und weiterer Blätter ist die slowakische Finanzgruppe Penta.

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Bis vor wenigen Jahren war der tschechische Medienmarkt beherrscht von deutschen Verlagen. Doch Häuser wie Springer, die Rheinische Post und zuletzt die Verlagsgruppe Passau haben sich allesamt zurückgezogen. Die Gründe liegen auf der Hand, sagt Martina Vojtěchovská vom Medienportal mediaguru.cz:

„Nach dem Jahr 2008, als sich die Finanzkrise auch auf dem Medienmarkt ausgewirkt hat, ist der Profit der deutschen Verlagsgruppen nach und nach zurückgegangen. Das war ein Faktor, der den Abgang der ausländischen Besitzer beschleunigt hat. Der tschechische Markt war für sie nicht mehr lukrativ.“

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Für andere sehr wohl. Mit dem Kauf von Vltava-Labe-Press zu einem nicht benannten Preis wächst der Einfluss der umstrittenen Penta-Gruppe. Gegründet 1994 von einem Tschechen und vier Slowaken hat sich das Unternehmen inzwischen zum milliardenschweren Investor in Europa entwickelt. Die Geschäftsbereiche sind das Gesundheitsweisen, der Einzelhandel, Immobilien, Finanzen und eben: Medien. Milan Šmíd ist ein tschechischer Publizist und Medienanalytiker: „Penta ist eine Finanzgruppe, die ihr Geld irgendwo anlegen muss. Aber es gibt noch einen Bonus, das heißt: Penta will einen gewissen Einfluss in den Medien.“

Als Penta im vergangenen Jahr die wichtigste slowakische Tagezeitung „Sme“ übernahm, verließen über 60 Redakteure aus Protest das Blatt. In der Slowakei ist die Gruppe verknüpft mit dem Korruptionsskandal „Gorila“, der die Politik dort 2012 erschütterte. Mit der Übernahme von Vltava-Labe-Press durch Penta befinden sich nun alle tschechischen Großverlage in der Hand von tschechischen oder eben slowakischen Unternehmern. Ondřej Aust leitet das Internetportal „Mediář“:

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„Die Ära, in der die tschechische Presse vollständig den Deutschen gehörte, wird nun allmählich von einer Ära abgelöst, in der die Slowaken die größten Unternehmen übernehmen. Außer Penta, das nun aufgetaucht ist, erinnere ich an Andrej Babiš als Eigentümer des Mafra-Medienhauses oder auch an Patrik Tkač, dem der Verlag Czech News Center gehört.“

Andrej Babiš ist heute Finanzminister und Vizepremier Tschechiens. Vor zwei Jahren hatte der Milliardär mit seinem Konzern Agrofert das Medienhaus Mafra übernommen und damit zwei bedeutende seriöse Tageszeitungen des Landes, Mladá fronta dnes und Lidové noviny. Der Verlag Czech News Center mit Daniel Křetinský und Patrik Tkač an der Spitze wiederum kontrolliert mit der Zeitung „Blesk“ und einer Auflage von 242.000 Stück den Boulevard. Die Deníky beherrschen vor allem die Regionen. Mit 71 Ausgaben erreichen sie bis zu 140.000 Leser im Land. Das Wirtschaftsblatt Hospodářské noviny wie auch die renommierte Zeitschrift Respekt gehören mit Zdeněk Bakala ebenfalls einem tschechischen Unternehmer. Die tschecho-slowakische Wachablösung in der Medienlandschaft birgt allerdings Risiken, sagt Medienanalytiker Milan Šmíd. „Die mediale Fertigkeit des Lesers sollte darin bestehen, dass er sich bewusst macht, wer der Besitzer eines Mediums ist. Davon ausgehend sollte er dann einigermaßen kritisch den Inhalt bewerten. Solange aber die Pluralität gewährleistet ist, haben wir kein Problem.“

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Doch die Angst vor einer Oligarchisierung der Medienlandschaft und einer schleichenden Aushöhlung der Pressefreiheit besteht durchaus, und sie hat Folgen gezeigt. Dutzende Journalisten haben in den letzten zwei Jahren die etablierten Redaktionen verlassen. Vor allem bei den Mafra-Blättern von Babiš gab es einen Aderlass, weil hier die politische Einflussnahme befürchtet wurde. Mit Zeitschriften wie Echo.24 und Reportér oder Internetportalen wie Stream.cz, svobodneforum.cz und neovlnivni.cz sind inzwischen eine Reihe neuer Medien- und Meinungsportale entstanden.