Dalai Lama erinnert in Prag an Václav Havel

Dalai Lama (Foto: ČTK)

Der Dalai Lama ist am Montag zu einem dreitägigen Besuch nach Prag gekommen. Das geistige Oberhaupt der Tibeter erinnerte zu Beginn seiner Visite an seinen verstorbenen Freund, Präsident Václav Havel. Der Dalai Lama tritt in der tschechischen Hauptstadt auf der Konferenz Forum 2000 auf.

Dalai Lama  (Foto: ČTK)
Mit großem Beifall wurde der Dalai Lama von den über 1000 Menschen begrüßt, die sich auf dem Hradschiner Platz versammelt haben. Der Friedensnobelpreisträger ist direkt vom Flughafen zu dem Treffen gekommen.

Auf dem Podium sprach den Dalai Lama unter anderem der katholische Salesianer-Priester, Ladislav Heryán, an:

„Ihr Freund, unser Präsident Václav Havel hat geschrieben, das Leben sei eine freudige Teilnahme am Wunder des Seins. Dies zeugt von einer großen Liebe zum Leben sowie einer großen Demut davor. Aufgrund dessen kann man Havels Ethos bei der Durchsetzung der Menschenrechte verstehen. Wenn das Sein eines Menschen irgendwo in der Welt gefährdet oder eingeschränkt wird, betrifft es auch uns. Jesus sprach ähnlich: Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen. Es ist also nicht möglich, die Menschenrechte und das Mitleid mit den Leidenden gegen einen ökonomischen Gewinn einzutauschen, wie es in unserem Land passiert.“

Václav Havel mit dem Dalai Lama  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Einige der Redner erinnerten an den ersten Besuch des Dalai Lama in Prag, zu dem ihn vor 26 Jahren Präsident Havel eingeladen hatte. Auch der Dalai Lama hat seinen verstorbenen Freund nicht vergessen:

„Während meiner vergangenen Besuche hatte ich die große Freude und Ehre, mit eurem Präsidenten Václav Havel zusammenzutreffen. Jetzt, da er physisch nicht mehr unter uns ist, habe ich das Gefühl, dass uns etwas fehlt. Aber auch nach seinem physischen Tod bleibt hier etwas: Das sind seine Gedanken und Ideale. Dieses Potenzial sollten wir hoch schätzen. Es liegt in unserer Verantwortung, seine Bemühungen weiterzuentwickeln. Eine meiner Verpflichtungen ist es, die grundlegenden Werte des Menschen überall dort durchzusetzen, wohin ich komme.“

Miloš Zeman  (Foto: ČT24)
Der Dalai Lama bezeichnete das 21. Jahrhundert als ein Jahrhundert des Mitleids und des Dialogs.

Im Unterschied zu Präsident Havel, auf dessen Einladung das tibetische geistige Oberhaupt mehrmals Prag besuchte, begegneten Havels Nachfolger im Amt, Václav Klaus und Miloš Zeman, dem Dalai Lama nicht. Zeman erklärte bereits früher, er sei kein religiöser Führer. Er fügte damals hinzu, ein Treffen mit dem Dalai Lama könnte er sich vorstellen, wäre dieser ein großer Investor.

Was Investoren angeht, boomen die Beziehungen Tschechiens zu China in der letzten Zeit. Im Gespräch für das Tschechische Fernsehen wurde der Dalai Lama auch nach der Bedeutung der Wirtschaftsinteressen gefragt. Er sagte:

Dalai Lama und Daniel Herman  (ganz rechts). Foto: ČTK
„Es gibt keine normale Situation auf diesem Planeten. Mehr Wirtschaftsprosperität bedeutet mehr Aufschwung. Aber aus langfristiger Sicht ist das menschliche Wesen wichtig. Die Wirtschaft an sich ist keine Garantie für den inneren Frieden.“

Der Dalai Lama wurde am Dienstag vom tschechischen Kulturminister Daniel Herman (Christdemokraten) empfangen. Am Treffen nahmen auch einige christdemokratische Parlamentarier teil. Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) betonte, es handele sich um deren private Initiative. Chinesische Behörden forderten zuvor Tschechien auf, einen Besuch des Dalai Lama in Prag zu verhindern oder ihm nicht zu ermöglichen, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Dies lehnte das tschechische Außenministerium ab. Das tibetische geistige Oberhaupt wird am Dienstag und am Mittwoch eine Rede auf der Konferenz Forum 2000 halten.