Česmad-Sprecher Felix: Deutsche Mindestlohnregelung nicht hinnehmbar

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Die Bundesrepublik Deutschland hat zu Jahresbeginn als 22. Staat der EU einen gesetzlich fixierten Mindestlohn eingeführt. Laut Information des Bundesfinanzministeriums gilt der Mindestlohn auch für jene, die sich während ihrer Beschäftigung in Deutschland aufhalten. Folglich müssen ebenso ausländische Lkw-Fahrer auf deutschen Straßen mit 8,50 Euro pro Stunde entlohnt werden. Diese Regelung trifft vor allem die Spediteure in Mittel- und Osteuropa hart, auch in Tschechien ist man äußerst empört.

Martin Felix  (Foto: ČT24)
Die Nachricht von der Auslegung des neuen deutschen Mindestlohngesetzes hat die tschechischen Spediteure kalt erwischt. Martin Felix ist Sprecher des Branchenverbandes Česmad Bohemia. Er nennt drei Gründe, die für den Ärger sorgen:

„Der erste Grund betrifft die ökonomische Seite. Hierzulande wird den Fahrern umgerechnet ein Stundenlohn zwischen zwei und vier Euro gezahlt. Wir würden ihnen gern auch so viel zahlen wie in Deutschland, aber das ist wirtschaftlich einfach nicht möglich.“

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Der zweite Grund sei der erhöhte bürokratische Aufwand, der mit der deutschen Regelung verbunden sei. Tschechische Spediteure müssten nun jede Fahrt zum Nachbarn beim deutschen Zollamt anmelden, der jeweilige Fahrer müsse zudem immer einen Arbeitsvertrag dabei haben und auch die Bestätigung des Arbeitgebers, dass ihm 8,50 Euro erstattet werden. Und all das in deutscher Sprache. Mit der Offenlegung der Arbeitsverträge ist auch der dritte Grund verknüpft:

„Wir sind der Meinung, dass die staatlichen Vertreter eines fremden Landes keinen Zugang zu den arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von Subjekten eines anderen Landes haben dürfen. Dass Fremde in die Buchhaltung anderer Einblick erhalten, das gibt es wohl nirgends in Europa, und das wollen wir auch nicht hinnehmen.“

Maria Wasiak  (Foto: YouTube)
Laut Felix hätten das tschechische Verkehrsministerium wie auch das Ministerium für Arbeit und Soziales schon im Dezember Anfragen zum neuen Mindestlohngesetz bei ihren deutschen Kollegen vorgebracht. Eine Antwort habe man indes noch nicht erhalten. Deshalb verfolge man aufmerksam die aktuelle Entwicklung, die es dazu gäbe. So will die polnische Infrastrukturministerin Maria Wasiak schon in den nächsten Tagen mit Bundesverkehrsminister Dobrindt zu dem Thema sprechen. Zudem hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Gespräch für die Deutsche Welle angekündigt, dass man das neue Gesetz nach drei Monaten dahingehend prüfen werde, wie sich mögliche bürokratische Hindernisse abbauen ließen. Solange aber wolle man in Tschechien nicht warten, betont Felix:

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„Wir wollen, dass die Lage weit früher geklärt wird. Sollte das aber nicht geschehen, dann werden wir uns natürlich an die entsprechenden Organe der Europäischen Union wenden. Das sehen wir jedoch erst als zweiten Schritt an.“

Seinen Informationen zufolge hat die EU-Kommission auch schon in Deutschland nachgefragt, wie die Bundesregierung ihre Mindestlohnregelung in der Praxis umsetzen wolle. Alle anderen EU-Länder verzichten nämlich bisher bei Transitfahrten ausländischer Spediteure auf die Anwendung ihrer Mindestlohnregelungen. Es sei auch unvorstellbar, dass sich daran etwas ändern sollte, meint Felix:

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„Stellen Sie sich vor, dass neben Deutschland auch Italien, Spanien und alle anderen Länder eine solche Regelung einführen würden. Dann müsste überall derselbe bürokratische Aufwand und die dazugehörigen Kontrollen betrieben werden. Das wäre das Ende des gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraums.“