Carrom - ein indisches Spiel erobert den Prager Hinterhof

Foto: www.carrom.cz

Manchmal bringen die merkwürdigsten Anlässe die unterschiedlichsten Menschen zusammen. Am vergangenen Wochenden war mal wieder so ein Anlass. In Prag wurde Carrom gespielt. Zu Gast waren auch einige Spieler aus Deutschland, die dem hier fast unbekannten Spiel ein wenig Starthilfe geben wollten.

In einem kleinen Hinterhof im Prager Stadtteil Smíchov wurde am vergangenen Wochenende die offenen tschechischen Meisterschaften im Carrom ausgetragen. Was Carrom überhaupt ist, wusste ich auch nicht so genau. Aber ich habe jemanden gefunden, der sich ein wenig damit auskennt.

„Mein Name ist Peter Böcker. Ich bin jetzt zehnfacher deutscher Meister und 2002 bin ich Carrom-Europameister geworden. Das Mutterland des Spiels ist Indien und es gibt zwei verschiedene Geschichten über seine Entstehung, wobei nicht genau belegt ist, welche stimmt. Die erste besagt, dass das Spiel schon seit langer Zeit von den Maharadschas gespielt wurde. Die andere führt es auf die englische Kolonialzeit zurück. Die Engländer brachten Snookertische mit. Da Billard spielen für die Inder zu teuer war, erfanden sie eine einfachere Variante des Spiels, das Carrom.“

Zwei Spieler sitzen sich an einem einen Quadratmeter großen Holzbrett gegenüber und versuchen, mit ihren Fingern kleine Holzscheiben in die Löcher in den Ecken des Spielfeldes zu schnipsen. Eine Verwandtschaft mit Billard ist nicht zu übersehen, aber wie kommt indisches Fingerbillard nach Prag? Ich fragte einen der tschechischen Teilnehmer.

„Wir reisen alle zwei Jahre nach Indien. Dort haben wir das Spiel gesehen und mitgenommen.“

Inzwischen scharrt sich um die Indienreisegruppe eine kleine Gemeinschaft von Spielern, die sich regelmäßig zum Carromspiel trifft.

„Es gibt so etwas wie eine Liga in Prag, in der etwa zehn Leute spielen, und eine zweite Gruppe in Padubice, etwa 100 Kilometer östlich von Prag.“

Die Zahl der Spieler ist überschaubar, was jedoch kein Hindernis für Organisator Tomáš Chmelař war, das Hinterhoftunier zu den offenen tschechischen Meisterschaften auszurufen und den Kontakt mit anderen Spielern im Ausland zu suchen.

„Wir haben über Internet den Kontakt zum Präsidenten des europäischen Carromverbandes gesucht. Er hat uns den Kontakt zu den deutschen Spielern vermittelt. Wir haben sie dann zu uns eingeladen. Sie haben sich gefreut und sind hergefahren. Jetzt bringen sie uns hier etwas Neues bei.“

Und Peter Böcker bestätigte:

„Wir ganz spontan den Entschluss gefasst nach Prag zu fahren. Wenn auch weiterhin Interesse besteht, kann man vielleicht den Spielern hier ein wenig unter die Arme greifen und bald ein neues Mitglied in der internationalen Carromgemeinschaft begrüßen.“

Der ebenfalls anwesende Rished kommt aus dem Mutterland des Carrom und würdigte schon mal die erkennbaren Leistungssteigerungen im Teilnehmerfeld

„Man sieht, dass sie besser werden. Vor allem die deutschen Spieler machen einen sehr professionellen Eindruck. Sie sind wirklich gut.“