Bursík bläst zum Angriff – außerordentlicher Parteitag soll Parteilinke schwächen

Sechs Sitze im Parlament – damit sind die Grünen nicht nur die kleinste Partei in der Volksvertretung, sondern auch der Juniorpartner in der Koalition mit den konservativen Bürgerdemokraten und den Christdemokraten. Bei der knappen Mehrheit der Regierung im Parlament, kann sich die Koalition keine Sonderwege einer der drei Parteien leisten. Hier ist Koalitionsraison angesagt. Gerade beim aktuellen Thema US-Radar war zu sehen, dass das vor allem bei den Grünen schon länger nicht mehr funktioniert. Till Janzer hat mit Christian Rühmkorf gesprochen.

Christian, immer wieder hat man von außen den Eindruck, dass Parteichef Martin Bursík mit der Basis kämpfen muss und sich immer schwerer tut, seine Koalitionspolitik in der Partei durchzusetzen.

„Der Eindruck trügt nicht. Seit vielen Monaten hat Parteichef Martin Bursík schwer mit seinen Grünen zu kämpfen. Die Besetzung des Bildungsministeriums, die Präsidentschaftswahl, das Radar. Alles Themen, bei denen eine Parteienspaltung sich abgezeichnet hat. Aus deutscher Sicht fällt einem hier sofort die Spaltung in Realos und Fundis ein. Und das ist auch nicht ganz falsch. Die linksgerichtete Fundi-Fraktion, um bei dem Bild zu bleiben, sitzt vor allem im so genannten Republikrat, so etwas wie eine erweiterte Parteiführung aus gewählten Vertretern, Vertretern aus den Kreisen sowie Vorstandsmitgliedern und Abgeordneten. Und da formiert sich seit Regierungsantritt vor eineinhalb Jahren eine immer größere Kritikerfront gegen Bursík. Und damit will der Realo-Parteichef nun Schluss machen. Am Mittwoch hat er im Parteivorstand einen vorzeitigen außerordentlichen Parteitag für die erste Septemberwoche durchgesetzt. Und das könnte ein Showdown für die Grünen werden.“

Was will Martin Bursík denn auf diesem Parteitag erreichen?

„Bursík setzt eigentlich alles auf eine Karte. In seinem Brief an die Partei vom Mittwoch macht Bursík klar, dass er den Republikrat als zweites Machtzentrum neben dem Parteivorstand ausschalten will. Der blockiere die Regierungsarbeit, der versuche grüner zu sein, als der Parteivorstand und mache damit die Regierungsarbeit der Grünen unmöglich, so Bursík. Laut aktuellen Umfragen liegen die Grünen bei unter fünf Prozent und wären damit der große Verlierer bei den Kreis und Senatswahlen im Herbst. Also, was will er erreichen? Es soll eine neue Parteiführung gewählt werden; die Parteisatzung soll geändert werden und zwar so, dass der Republikrat entmachtet wird; Bursík will einen klaren Beschluss, dass man bei der Koalitionsfrage offen ist nach links und nach rechts. Der Parteitag soll also alles in allem korrigieren, konsolidieren und dann die heiße Phase des Wahlkampfes eröffnen. Kurz gesagt: Die Parteilinke soll deutlich geschwächt aus dem Parteitag hervorgehen.“

Und wie hat bisher eben diese Linke auf die Ankündigung des außerordnetlichen Parteitags reagiert?

„Olga Zubová, die Vorsitzende des Republikrates – die ja auch vor ein paar Wochen schon den Rücktritt der Fraktionsvorsitzenden und Bursík-Vertrauten Kateřina Jacques erzwungen hat - Olga Zubová dreht den Spieß um spricht von überflüssiger Polarisierung und Spaltung der Partei durch Bursík. Laut Medienberichten wollen viele Kreisabgeordnete nicht auf dem Parteitag erscheinen und damit für Beschlussunfähigkeit sorgen. Auch die Vizevorsitzende der Grünen, die von Bursík gechasste vorherige Bildungsministerin Dana Kuchtová, meint, man würde jetzt nur noch in aller Öffentlichkeit schmutzige Wäsche waschen.

Also: Parteichef Bursík setzt dem linken Parteiflügel die Pistole auf die Brust: Entweder sie ordnen sich unter und entmachten sich selbst. In dem Falle bleiben die Grünen in der Regierung und haben eine größere Chance wichtige Entscheidungen mitzutragen. Oder die Bursík-Kritiker stürzen den König, hebeln damit die Koalition aus, verlieren möglicherweise die Wahlen und landen in jedem Falle in der Opposition.“