Bundeskanzler Österreichs in Prag: Freizügigkeit bleibt für Tschechen beschränkt

Wolfgang Schüssel und Vaclav Klaus (Foto: CTK)
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Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat am Donnerstag der Tschechischen Republik zum ersten Mal einen offiziellen Staatsbesuch abgestattet. Markéta Kachlíková fasst seine politischen Gespräche in Prag zusammen.

Wolfgang Schüssel und Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
Die bilateralen Beziehungen sind auf allen Ebenen hervorragend, wurde in Prag festgestellt. Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zeigte sich über den EU-Beitritt der Tschechischen Republik vor neun Monaten erfreut und bezeichnete die Osterweiterung als einen Vitaminschub für die alte Europäische Union. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der österreichische Arbeitsmarkt für tschechische Bürger weiterhin geschlossen bleibt. Bundeskanzler Schüssel:

"Mein Konzept ist ein etwas anderes. Wir Österreicher haben etwa 4 oder 5 Milliarden Euro in der Tschechischen Republik investiert, um hier Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist glaube ich klüger und auch für die Tschechische Republik sinnvoller, als sich einfach die besten Arbeitskräfte selber zu holen. Und dazu schaffen wir für ganz bestimmte Bereiche, für den Grenzraum, für die Pendler oder für die Praktikanten, ganz bestimmte zusätzliche Möglichkeiten."

Stanislav Gross und Wolfgang Schüssel  (Foto: CTK)
Bundeskanzler Schüssel und der tschechische Ministerpräsident Stanislav Gross kündigten an, dass bald drei Abkommen in Kraft treten werden, die die Bedingungen für Pendler und Praktikanten erleichtern sowie den Kampf gegen illegale Migration effektiver machen sollen. Die beiden Regierungschefs einigten sich auch darauf, gemeinsam Druck ausüben zu wollen, damit der anwachsende Lkw-Transitverkehr in Mitteleuropa beschränkt wird.

In Zusammenhang mit der Vergangenheit und den umstrittenen Benes-Dekreten sagte Schüssel, jede Kollektivschuldthese sei zu verneinen.

"Gerade heuer, wo wir das 60-jährige Ende des Zweiten Weltkriegs feiern, ist das, glaube ich, ein wichtiger Punkt, ich bin sicher, dass natürlich auch die Tschechische Republik hier ihre Akzente setzt."

Wolfgang Schüssel und Stanislav Gross  (Foto: CTK)
Der österreichische Bundeskanzler sprach in Prag auch über die EU-Verfassung. Sein Meinungsaustausch mit Präsident Václav Klaus wurde für Medien nicht näher kommentiert. Die beiden Regierungschefs warnten während ihres Treffens allerdings eindringlich vor einem Scheitern des Vertrags. "Wir würden einigen eine große Freude machen, wenn ausgerechnet mittlere und kleinere Staaten die Verfassung zu Fall bringen würden, denn dann kommen genau jene Pläne zum Tragen, die wir eigentlich verhindern wollten", sagte Bundeskanzler Schüssel mit Hinweis auf die Bemühungen der großen EU-Staaten. Der tschechische Ministerpräsident Stanislav Gross betonte, er halte es für einen großen Fehler, wenn in der Tschechischen Republik der Beitrag des EU-Verfassungsvertrags für kleinere und mittlere Länder in Frage gestellt wird:

"Es ist für uns eine einmalige Gelegenheit, im Zentrum des Entscheidungsprozesses zu stehen, der Auswirkungen auf die Tschechische Republik hat. Es steht ohne Zweifel: Sollte der Ratifizierungsprozess des EU-Verfassungsvertrags in Tschechien scheitern, schneidet sich Tschechien vom Hauptstrom ab und bleibt allein."