Breite Front gegen Rechts: In Ústí setzt man sich verstärkt gegen Neonazis zur Wehr

Illustrationsfoto: ČTK

Im Rahmen des Filmfestivals „Jeden Svět“ hatte das Collegium Bohemicum am Mittwoch in Ústí nad Labem / Aussig zu einem Diskussionsforum über Neonazismus eingeladen. Mirek Bohdálek und Friedemann Bringt vom Kulturbüro Sachsen e.V. stellten dem Publikum ihre Publikation „Gefährliche Liebschaften - Rechtsextremismus im kleinen Grenzverkehr“ vor. Die Veranstaltung, die zunächst nur über die Gefahr von rechts aufklären sollte, stand unerwartet in einem sehr aktuellen Kontext.

„Die tschechische rechtsextreme Szene lernt fleißig von ihren bundsdeutschen und vor allem sächsischen Freunden. Entwicklungen und Strategie werden aus Deutschland übernommen und auf tschechische Verhältnisse adaptiert.“ Mit dieser besorgniserregenden Erkenntnis konfrontierte Bohdálek am Mittwoch die rund 100 Gäste, die an der Diskussionsrunde teilnahmen. Bohdálek zeigte damit auf ein Wespennest, das nun auch in Ústí für Unruhe sorgen will. Frauke Wetzel, Kulturmanagerin beim Collegium Bohemicum, klärt auf:

„Vor knapp einem Monat haben die tschechischen Rechtsextremisten aus Nordböhmen für den 18. April eine Demonstration in Ústí nad Labem angekündigt. Mit der Demo soll, so die Extremisten, die frühere Bombardierung der Stadt in Form einer Gedenkveranstaltung thematisiert werden. Die Demo ist leider genehmigt worden.“

Illustrationsfoto: ČTK
Den Rechtsextremisten aus Nordböhmen dienen die alljährlichen Gedenkveranstaltungen zur Bombardierung von Dresden als Muster, wie sie sich auch zu Hause in Szene setzen könnten. Deshalb kamen die beiden Autoren vom Kulturbüro Sachsen nicht zufällig aus der Stadt, die – als eine Folge ihrer Zerstörung von 1945 – sehr viele Erfahrungen im Kampf mit dem Neonazismus gesammelt hat. Erfahrungen, die man in Ústí sehr gut gebrauchen kann:

„Wir konnten die beiden hier in Ústí mit Behörden ebenso wie mit vielen engagierten Bürgern der Stadt in Kontakt bringen. Die Treffen sollten der tschechischen Seite zeigen, welche Erfahrungen man in Dresden mit Gegenveranstaltungen hat, was passieren kann und womit man rechnen muss. Denn diese Situation ist sowohl für Ústí als auch für Tschechien relativ neu.“

Rechtsextremen in der Slowakei  (Foto: ČTK)
Radio Prag gegenüber berichtete Frauke Wetzel außerdem, dass bei der Veranstaltung am Mittwoch sehr vehement und entschlossen gegen die Initiative der rechtsextremen Szene in Ústí und den aufkommenden Neonazismus in Nordböhmen argumentiert wurde. Die Einwohner wollen sich das nicht bieten lassen. Eine Bürgerinitiative organisiert daher für den 17. April bereits eine Gegenveranstaltung unter dem Motto: „Wir zeigen den Neonazis den Rücken“. Eine Veranstaltung, auf die man sich auch daheim in den eigenen vier Wänden sehr gut vorbereiten kann, erläutert Wetzel:

„Man kann sich zu Hause auch gegenseitig fotografieren, und zwar so, dass man den Neonazis den Rücken zeigt. Diese Fotos schickt man dann an die Organisatoren der Veranstaltung gegen Rechtsextremismus. Das ist zwar nur das Kleinste, was man tun kann, es soll andererseits aber genau das zeigen: In Ústí ist nicht nur eine kleine Antifa-Gruppe, sondern die breite Masse der Bürger gegen Neonazis. Man will zum Ausdruck bringen, dass sie die Stadt nicht möchte. Und man will nicht, dass Ústí ein zweites Dresden wird, d.h., dass hier jetzt regelmäßig solche Neonazi-Aufmärsche veranstaltet werden und dass Geschichte instrumentalisiert wird. Das will Ústí nicht und das will Ústí auch zeigen.“