Biografisches Lexikon der böhmischen Länder erscheint

Pavla Vošahlíková (Foto:   Luboš Veverka)

Ein biografisches Lexikon, in dem man wissenschaftlich bearbeitete Informationen über Persönlichkeiten aus den verschiedensten Bereichen des Lebens findet, hat es in der tschechischen Geschichtsschreibung bis vor Kurzem noch nicht gegeben. Aufgrund der historischen Entwicklung begann die Arbeit an einem biografischen Lexikon in Tschechien später als in den Nachbarländern. Nun hat das Historische Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften die ersten zwei Bände des Biografischen Lexikons der böhmischen Länder vorgestellt.

Die Arbeit an einem biografischen Lexikon scheint eine Arbeit für Generationen zu sein. Denn man muss sich vorstellen, dass es um ein Werk geht, das aus vielen Bänden bestehen wird. Die Idee, ein solches Lexikon für die böhmischen Länder zusammenzustellen, entstand in den 90er Jahren. Verantwortlich für das Projekt ist ein Team von momentan sechs Historikern, die mit mehr als 200 weiteren Experten zusammenarbeiten. Bis zum Ende des vergangenen Jahres sind zwei Bände des Lexikons erschienen, die die Buchstaben A bis Č umfassen. Auf den fast 1.200 Seiten findet man Informationen über 3.000 Persönlichkeiten, sagt Projektleiterin Pavla Vošahlíková. Nach welchen Kriterien werden die Persönlichkeiten ausgesucht, die im Lexikon auftauchen sollen?

„Wir gehen davon aus, dass in dieses Lexikon Persönlichkeiten miteinbezogen werden, die nicht mehr leben, konkret die, die vor dem Jahr 2000 starben. Natürlich wird damit gerechnet, dass das Lexikon später aktualisiert wird. Was die Bedeutung der Persönlichkeiten anbelangt, da gibt es immer die heftigsten Diskussionen - es geht um Persönlichkeiten, deren Werk die Zeit überdauerte und die Einfluss auf das Geschehen im ganzen Land hatten - ob politisch oder in anderen Bereichen. Zudem gibt es im Lexikon auch regional bedeutende Persönlichkeiten, die inzwischen vergessen sind, aber in einer bestimmten Zeitepoche für die Region sehr wichtig waren. Keine Rolle spielt bei der Auswahl der Persönlichkeiten deren ethnische Zugehörigkeit. Natürlich stehen im Lexikon nicht nur Persönlichkeiten tschechischer, sondern auch deutscher, französischer, italienischer und anderer Herkunft, die die Entwicklung in den böhmischen Ländern beeinflusst haben.“

Die Historikerin sagt selbst, dass sie mit ihren Mitarbeitern versucht, in der Geschichte so weit wie möglich voranzukommen. Im Lexikon können auch einige eher fiktive Persönlichkeiten auftauchen, die aber Komponisten und bildende Künstler inspiriert hatten. Bei der Methodik der Zusammenstellung des Lexikons ließ sie sich von den Österreichern inspirieren, sagt Pavla Vošahlíková.

„Auch andere unserer Nachbarländer geben ihre biografischen Lexika heraus und meistens sind sie inzwischen beim Buchstaben S angelangt, also viel weiter als wir. Aber die Österreicher stehen uns am nächsten, was die Bearbeitung und den Zugang zu Informationen betrifft. Unser Team ist leider im Vergleich zu Österreich bedeutend kleiner. Wir arbeiten mit allen Nachbarländern zusammen und tauschen Informationen aus – unter anderem mit den Herausgebern des Lexikons zur Geschichte der Böhmischen Länder, das beim Collegium Carolinum erscheint sowie mit der Neuen Deutschen Biografie. Gute Kontakte haben wir aber auch zu Forschern in anderen Ländern, beispielsweise in Schweden oder in Italien. Denn Tschechen findet man letzten Endes überall.“