Aufschwung Tschechien: Baubranche im Boom - Haushalte nehmen höhere Kredite auf

Die Tschechen profitieren immer mehr vom wirtschaftlichen Aufschwung im Lande. Besser gefüllte Lohntüten und eine relativ hohe Sicherheit des Arbeitsplatzes lassen auch persönliche Träume immer öfter wahr werden. Zum Beispiel den vom eigenen Haus. Deshalb befindet sich die Baubranche derzeit auch in einem Boom.

Die tschechischen Baufirmen können sich vor Aufträgen kaum retten. Ihre Bautätigkeit verzeichnet schon den fünften Monat in Folge einen zweistelligen Zuwachs gegenüber den gleichen Zeitpunkten des Vorjahres. Wie das tschechische Statistikamt am Dienstag mitteilte, haben die Bauleute allein im April um 17,6 Prozent mehr an Arbeiten verrichtet als vor Jahresfrist. Nach Aussage der Analytikerin der Gesellschaft Next Finance, Marketa Sichtarova, ist der Bauboom ein längerfristiges Phänomen. Im vergangenen Jahr ist die Bautätigkeit zum Beispiel im Schnitt um 15 Prozent gestiegen. In letzten Winter und im Frühjahr ist zudem noch ein Faktor hinzugekommen, den zunächst keiner auf der Rechnung hatte: das milde Wetter. Für Michal Brozka von der Raiffeisenbank ist dies jedoch nur ein Grund für die hohen Auftragszahlen:

"Der Effekt des warmen Wetters wird jetzt schon ausklingen. Im April und Mai ist der Zuwachs der Bautätigkeit im Vergleich zu den gleichen Monaten des Vorjahres schon nicht mehr so rasant gewesen wie noch im März. Aber nichtsdestotrotz: Der Zuwachs in der Baubranche ist weiterhin relativ hoch und liegt nach wie vor bei einem guten Niveau."

Mit der großen Nachfrage nach neuen oder rekonstruierten Immobilien steigen jedoch auch die Baupreise. Im vergangenen Jahr zum Beispiel sind einige Baumaterialien um bis zu 20 Prozent teurer geworden. In letzter Zeit kommt es sogar immer öfter dazu, dass die Hersteller von Baumaterialien nicht mehr in der Lage sind, der enormen Nachfrage zu entsprechen. "Es fehlt an Stahl, an Ziegeln und mittlerweile auch an Fenstern", sagte dazu die Sprecherin der Central Group, Miluse Netolicka. Und was bereits ständig fehlt, sind genügend Bauarbeiter.

Die Tschechen lassen sich aber weder von Engpässen noch von höheren Kosten davon abhalten, ihren Traum vom gemütlichen Heim zu verwirklichen. Im Gegenteil: Sie nehmen immer häufiger und immer höhere Kredite auf, um ihren Lebenskomfort zu verbessern. Nach Angaben der Tschechischen Nationalbank ist die Verschuldung der Haushalte bei den Kreditinstituten bis Ende April auf etwas über 584 Milliarden Kronen (ca. 20,9 Milliarden Euro) gestiegen. Von dieser Summe wurden allein 116,5 Milliarden Kronen aus Verbraucherkrediten und 405,5 Milliarden Kronen aus Hypotheken und Bausparkrediten ausgelöst. Diese Schuldenlast stelle aber kein Risiko weder für den Finanzsektor noch für die Wirtschaft dar, unterstreicht die Nationalbank in ihrem jüngst veröffentlichten Bericht zur Finanzstabilität im Jahr 2006.

Und wie ist es um die finanzielle Stärke der Klienten selbst bestellt? Im Jahr 2006 konnten 3,6 Prozent der Kreditnehmer ihre Schuldentilgung nicht vertragsgemäß erfüllen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Rückgang von einem halben Prozent.