Arbeiten: Tschechen tun´s nicht nur für´s Geld

Die Tschechen fühlen sich in der Arbeit unterbewertet. Zwar geht es der Mehrheit bei ihrem Beruf nicht nur ums Geld, dennoch wird die Entlohnung oft als ungerecht empfunden. Das belegt eine Untersuchung der Meinungsforschungsagentur CVVM. Thomas Kirschner fasst die weiteren Ergebnisse der Studie zusammen.

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Um die 20.000 Kronen, 700 Euro, liegt der Durchschnittslohn in Tschechien. Damit lassen sich keine großen Sprünge machen. Zwar gibt es gerade in der Hauptstadt viele Besserverdienende, in vielen Berufen liegen aber die Gehälter weit unter Durchschnitt, etwa an der Supermarktkasse, in der Landwirtschaft oder im Gesundheitswesen - oft also Tätigkeiten, die den vollen Einsatz erfordern.

"Die meisten Tschechen glauben, dass ihr Gehalt zu niedrig ist und sind nicht zufrieden mit ihrem Einkommen. Unterschiede im Einkommen werden akzeptiert, aber nur, wenn sie als gerecht empfunden werden, also wenn sie in Zusammenhang mit Leistung und der Ausbildung stehen. Die Mehrheit allerdings meint, dass der Lohn nicht nur zu gering, sondern ungerecht bemessen ist - dass sie also mehr arbeiten, als sie an Gehalt bekommen",

erklärt Nadezda Cadova vom Zentrum für Meinungsforschung (CVVM) in Prag. Und mit dieser Meinung können sich die Tschechen durchaus auf Statistiken berufen. Denen zufolge gehören die Tschechen knapp nach den Polen nämlich zu den fleißigsten Europäern. Während die Arbeitnehmer in Tschechien im Schnitt fast 1900 Stunden im Jahr arbeiten, ist es in Deutschland fast ein Drittel weniger. Aber: "bez prace nejsou kolace", ohne Arbeit keinen Kuchen, heißt es in Tschechien. Und für ein Stückchen Kuchen mehr sind die tschechischen Arbeitnehmer auch zur Mehrleistung bereit, weiß Cadova:

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
"Alles in allem kann man sagen. Wenn die Überstunden irgendwie ausgeglichen werden, zum Beispiel durch einen Gehaltszuschlag, dann sind die Tschechen durchaus bereit, länger zu arbeiten und auch ihre Freizeit zu opfern."

Allerdings: Auch in Tschechien ist Geld nicht alles - weder im Privatleben, noch im Beruf. Und so gehen die meisten Tschechen denn auch nicht nur um des Geldes willen zu Arbeit, bestätigt Nadezda Cadova:

"Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie aus der Arbeit auch andere Befriedigung als nur das Einkommen ziehen und dass sie arbeiten möchten. Natürlich gibt es auch das Gegenteil - Menschen die mit Arbeit am liebsten in Ruhe gelassen werden möchten. Leute mit höherer Bildung sind dabei häufiger zufrieden mit ihrer Arbeit, und sie sehen auch häufiger andere Vorteile als eben nur das Gehalt - sie wollen ihre Qualifikationen anwenden, Neues lernen und ähnliches mehr."

Und mindestens darin dürften sich die tschechischen Arbeitnehmer überhaupt nicht von ihren Kollegen in Europa unterscheiden.