„Altneue Chance“: Ein Projekt zum Abbau antijüdischer Vorurteile

Der 27. Januar, der Tag der Befreiung des KZ Auschwitz im Jahr 1945, ist in Tschechien - ähnlich wie in vielen anderen Ländern - der Tag des Gedenkens an die Holocaust-Opfer. An diesem Tag treffen die Parlamentarier und Vertreter der Öffentlichkeit jedes Jahr in der Oberen Parlamentskammer bei einer Gedenkveranstaltung mit Shoah-Überlebenden zusammen. Aus Anlass des Gedenktags starten einige christlich orientierte Organisationen unter dem Titel „Altneue Chance“ eine Veranstaltungsreihe mit dem Ziel, gute Beziehungen zum jüdischen Volk zu fördern und Vorurteile abzubauen.

Mojmír Kallus
In Tschechien ist im Vergleich mit mehreren Ländern Europas ein aggressiver Antisemitismus nicht weit verbreitet. Eine gewisse Judenfreundlichkeit der Tschechen hat den Experten zufolge historische Wurzeln, die vor allem in der Ersten Republik zu suchen sind. Trotzdem halten es die Initiatoren des Projektes „Altneue Chance“ für wichtig, vor Judenhass zu warnen. Die Veranstaltungsreihe wurde von der tschechischen Zweigstelle der „Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem“ ins Leben gerufen. Die unter der Abkürzung ICEJ bekannte Organisation wird von Christen verschiedener Glaubensbekenntnisse unterstützt. Die einzelnen Vorträge, Treffen, Diskussionen sowie Konzerte bereiten die ICEJ-Mitarbeiter mit weiteren Institutionen vor. Mojmír Kallus leitet die ICEJ in Tschechien. Über die Beweggründe für das Projekt „Altneue Chance“ sagte er gegenüber Radio Prag:

„Wir wollen mit dem Projekt an die guten tschechisch-jüdischen sowie tschechisch-israelischen Beziehungen anknüpfen und ein Zeichen setzen in der heutigen Zeit, in der der Antisemitismus von verschiedenen Gruppierungen wiederbelebt und verbreitet wird. Darauf reagieren wir mit einer auch kulturell orientierten Initiative.“

Woher kommt der Name „Altneue Chance“?

„Man hört in dem Namen die Bezeichnung der Altneusynagoge – einer der ältesten Synagogen Europas. Dies ist absichtlich, weil unsere Veranstaltungen immer mit der jüdischen Gemeinde verbunden ist.“

Wird sich das Projekt nur auf Prag beziehen oder gibt es Veranstaltungen auch in anderen Städten?

Susanna Kokkonen
„Schon am kommenden Sonntag findet in Brünn eine öffentliche Debatte zum Thema Holocaust-Leugnung statt. Während der Debatte können die Interessenten aus den Reihen der Öffentlichkeit auch mit einer Expertin, der finnischen Historikerin Susanna Kokkonen, diskutieren, die in der Yad Vashem- Gedenkstätte in Jerusalem arbeitet. Im Frühjahr gibt es einen Zyklus von Kulturveranstaltungen in der mährischen Region Valašsko. Im April folgt der traditionelle so genannte ´Marsch des guten Willens´ mit der anschließenden Versammlung gegen Antisemitismus in Prag. In Budweis werden danach die so genannten ´Tage für Israel´ veranstaltet. Und im November wird in Karlsbad des Jahrestags der Kristallnacht gedacht. Kann sein, dass sich aber noch weitere Städte mit eigenem Programm anschließen werden.“

Daniel Herman
Die Schirmherrschaft zum Projekt „Altneue Chance“ übernahm die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Miroslava Němcová. An den Vorbereitungen der Veranstaltungsreihe beteiligt sich auch das Prager Institut für das Studium totalitärer Regime. Sein Leiter, Daniel Herman, begrüßt die Teilnahme einer staatlichen Institution am Projekt:

„Denn wir müssen gemeinsam versuchen, die Gesellschaft zu kultivieren. Es geht dabei nicht nur um die historische Erfahrung, sondern auch um die aktuelle Entwicklung in der Welt. Wir verzeichneten in einigen Regionen der Welt das Anwachsen von Tendenzen, die brutal antisemitisch und antiisraelisch sind. Es gibt hier ein wichtiges Gebiet, auf dem wir eng zusammenarbeiten können.“

Die erste Veranstaltung der „Altneuen Chance“ ist die Debatte über die Holocaust-Leugnung, die am kommenden Sonntag in Brünn in der Zusammenarbeit mit der dortigen jüdischen Gemeinde stattfinden wird.