Absurdes Regierungs-Theater: Präsident Klaus platzt der Kragen

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Die tschechische Regierung steckt in einer schweren Krise, das Vertrauen zwischen den Koalitionären ist gestört. Auch stundenlange gemeinsame Gespräche bis Mitternacht in der Kramář-Villa, der Residenz von Premier Petr Nečas, haben am Mittwoch zu keiner grundlegenden Einigung geführt. Weiterhin bestehen unterschiedliche Varianten zur Lösung der Situation. Staatspräsident Václav Klaus ist beunruhigt bis verärgert und hatte die Vorsitzenden der Demokratischen Bürgerpartei, der Partei TOP 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten für den Donnerstag auf die Prager Burg zitiert.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Eine Stunde lang besprachen sich die Parteivorsitzenden und Präsident Klaus am Donnerstagvormittag. Kommentare für die Presse nach dem Treffen auf der Burg: Fehlanzeige. Einzig der Staatspräsident war mitteilsamer. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte er, die Gespräche seien gut verlaufen, die Koalition wolle weiterarbeiten und die Parteichefs seien sich bewusst, dass jede Seite Kompromisse eingehen müsse.

„Die Situation ist jetzt so, dass eine Übereinkunft gesucht wird. Wie die Übereinkunft konkret aussehen wird einschließlich der Personalfragen, das ist Gegenstand weiterer Verhandlungen der Koalition“, so Klaus am Rande einer Veranstaltung auf dem Prager Hauptbahnhof.

Václav Klaus mit den Parteivorsitzenden  (Foto: ČTK)
Die Parteivorsitzenden fuhren am Donnerstagmittag deswegen erneut in die Residenz des Premiers und führten Gespräche im Rahmen der erweiterten Koalitionsspitzen. Am Nachmittag hieß es dann, dass man sich am Montag weiter beraten wolle.

Bereits einmal hat Václav Klaus erfolgreich in einer Krise der Dreierkoalition vermittelt. Das war kurz vor Weihnachten. Die jetzige Krise hat aber bereits absurde Züge. Die Regierung, die mit einem außerordentlich starken Mandat der Wähler gestartet war, droht zu einem Kabinett gegenseitiger Beschuldigungen zu verkommen. Am Mittwoch war deswegen für Staatspräsident Klaus das Fass übergelaufen:

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
„Die Methoden, die in den letzten Tagen auf der politischen Bühne bei uns verwendet wurden – Abhöraktionen, geheime Mitschnitte, gezielte Lügen – haben auf wesentliche Art die Dimension der Krise verschoben. Deswegen habe ich mich entschlossen, die Vorsitzenden der drei Koalitionspartner auf die Burg zu einem grundlegenden Gespräch einzuladen.“

Zu Klaus´ Aufzählung hinzufügen ließen sich noch gegenseitige Strafanzeigen, zum Beispiel von der ehemaligen Fraktionschefin der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Kristýna Kočí, gegen den Vizechef der Partei, Verkehrsminister Vít Bárta, oder von der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten gegen gleich zwei Minister, Landwirtschaftsminister Fuksa von der Bürgerdemokraten und Finanzminister Kalousek von der Partei TOP 09.

Kristýna Kočí  (Foto: ČTK)
Gipfel des Ganzen ist eine geheime Aufnahme der Abgeordneten Kristýna Kočí vom Samstag, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Kočí erläutert einem Mitglied ihrer ehemaligen Partei, dass sie von langer Hand einen innerparteilichen Putsch vorbereitet habe und ihr dabei Politiker der Bürgerdemokraten geholfen hätten. Später bezeichnete Kristýna Kočí dies als „Mystifizierung“, also eine Täuschung:

„Um die Absurdität aller meiner Aussagen auf der Aufnahme zu zeigen, habe ich gesagt, dass wir den Putsch oder die Verschwörung bereits seit einem Dreivierteljahr vorbereiten. Jeder kann sich aber ausrechnen, dass ich vor einem Dreivierteljahr noch gar nicht Abgeordnete war beziehungsweise unmittelbar nach den Parlamentswahlen stand, als ich eine der loyalsten Abgeordneten der Partei war.“

Vít Bárta  (Foto: ČTK)
Am Donnerstag sind noch weitere Teile der Aufnahme bekannt geworden. Dort spricht Kočí unter anderem davon, dass der Vizechef der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten Bárta pleite sei. Politische Kommentatoren hierzulande können sich bisher keinen Reim auf die Aussagen von Kočí machen.