27. Juni - Gedenktag der Opfer des kommunistischen Regimes

Milada Horakova

Als eines der bekanntesten Opfer des kommunistischen Regimes hierzulande gilt die engagierte tschechische Politikerin der nationalsozialen Partei, Milada Horakova, die in einem Schauprozess zum Tode verurteilt wurde. Vor genau 56 Jahren, am 27. Juni 1950 wurde das Urteil vollstreckt. Erst nach der Wende 1989 konnte der 27. Juni als Tag der Opfer des kommunistischen Regimes in den tschechischen Kalender eingeführt werden. Aus diesem Anlass führte der Tschechische Rundfunk ein Gespräch mit Oldrich Tuma, dem Direktor des Instituts für Zeitgenössische Geschichte. Jitka Mladkova fasst zusammen:

Außer Milada Horakova gab es in dem Prozess, in dem sie und weitere Angeklagte des Vaterlandsverrats und der Spionage beschuldigt wurden, weitere rund 200 Verurteilte. Die damals gefällten Todesurteile wurden erst 1968 vom Präsidium des Obersten Gerichtshofes aufgehoben. Doch erst in den 90er Jahren konnten die Opfer rehabilitiert werden. Hat man sich in Tschechien mit dieser Vergangenheit bereits in dem Maße auseinandergesetzt, dass man von einer Bewältigung der Vergangenheit sprechen könnte? Eine Frage an Oldrich Tuma:

"Das ist natürlich eine komplizierte und zugleich auch ein bisschen irreführende Frage. Als wenn jemals die Situation eintreten könnte, wenn wir uns sagen: Ja, wir haben die Vergangenheit bewältigt. Das ist aber nicht möglich. Die Vergangenheit, namentlich den tragischen Abschnitt der kommunistischen Vergangenheit, kann man nicht wieder herbeiholen und alles wieder gut machen. Hier gibt es auf der einen Seite die Opfer, denen man das Leben oder die im Gefängnis verlorene Zeit nicht mehr zurückgeben kann, und auf der anderen Seite stehen die Täter."

Die Rehabilitierung der betroffenen Personen habe man beinahe in vollem Umfang durchgeführt, sagte Tuma. Er räumte gleichzeitig ein, dass man bei Entschädigungen hätte großzügiger sein können. Tuma ging aber auch explizit auf die Frage der Vergangenheitsbewältigung ein, u.a. in Bezug auf den jüngsten Impuls zur Selbstreflektierung der Gesellschaft. Gemeint ist die Gründung einer Initiative zur rechtlichen und moralischen Anerkennung des antikommunistischen Widerstandskampfes:

"Wir werden die Vergangenheit im wahrsten Sinne des Wortes nie bewältigt haben. Wichtig ist zu wissen, wie man mit der Vergangenheit umgehen soll. Wir müssen über sie nachdenken. Ich meine damit unsere Generation, die das kommunistische Regime noch erlebt hat. Das, was Sie erwähnt haben, gilt nicht als ein Nachweis dafür, dass die Vergangenheit bewältigt ist, viel mehr aber als ein Nachweis, dass die Vergangenheit in vieler Hinsicht lebendig ist und dass man sie reflektiert. Die Reflexion könnte natürlich viel intensiver sein und sie könnte auch viele Formen haben. In dieser Hinsicht gibt es noch Etliches zu bemängeln."

Foto: CTK
Danach befragt, wie er darüber urteilt, dass bis heute Namen von ehemaligen Mitarbeitern der kommunistischen Geheimpolizei StB immer wieder veröffentlicht werden, sagte der Direktor des Instituts für zeitgenössische Geschichte wie folgt:

"Das sind in der Tat nur Einzelfälle, die vielleicht für die Medien oder eventuell auch für die Öffentlichkeit interessant sein mögen. Auf diesen Einzelfällen der Spitzel oder Agenten basierte das kommunistische Regime aber nicht, sie ergänzen nur das Bild davon, wie das Regime funktionierte. Wir sollten uns aber nicht von der Vorstellung irreführen lassen, dass das Regime vor allem auf der Geheimpolizei aufgebaut war. Ein großer Bedarf an Wissen besteht aber im Bildungsbereich, namentlich an den Mittelschulen und Universitäten. Dort widmet man sich dem Zeitabschnitt nach dem Jahr 1945 bei weitem nicht in dem nötigen Umfang."