Rückblick auf die Abgeordnetenhauswahlen in Tschechien 1998

Die Tschechische Republik hat rund 10 Millionen Einwohner, von denen über acht Millionen wahlberechtigt sind. Bei den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus im Jahr 1998 machten 74 Prozent von ihnen von ihrem Wahlrecht Gebrauch. An den Wahlen 1998 haben insgesamt 18 Parteien und Bewegungen teilgenommen. Fünf von ihnen erhielten so gut wie keine Stimme, acht weitere Wahlsubjekte scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und verpassten somit den Einzug in die untere Kammer des Parlaments. In diese gelangten die verbliebenen fünf Parteien, und zwar wie folgt:

Mit 32,31 Prozent entfiel der größte Stimmenanteil auf die Tschechische Sozialdemokratische Partei (kurz: CSSD), die ihren schärfsten Widersacher, die Demokratische Bürgerpartei (ODS) um rund viereinhalb Prozent distanzierte. Die ODS, angetreten, um ihren Wahlsieg aus dem Jahr 1996 zu wiederholen, kam lediglich auf 27,74 Prozent. Mit großem Abstand landete die Kommunistische Partei Böhmes und Mährens (kurz: KSCM) auf dem dritten Platz, indem sie 11,03 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte. Die beiden übrigen Parteien, die ins Abgeordnetenhaus einzogen, blieben gar unter zehn Prozent. Es waren die Christlich-Demokratische Volksunion (kurz: KDU-CSL) und die Freiheitsunion (US), die auf glatte 9 bzw. 8,6 Prozent kamen. Dadurch ergab sich im Unterhaus, dem 200 Abgeordnete angehören, folgende Sitzverteilung: CSSD 74 Sitze, ODS 63, KSCM 24, KDU-CSL 20 und Freiheitsunion 19 Sitze. Damit war auch klar, dass keine de fünf Parlamentsparteien über eine absolute Stimmenmehrheit verfügte und somit eine Regierungskoalition gebildet werden musste.

Die Koalitionsverhandlungen gestalteten sich jedoch alles andere als unkompliziert. Die Sozialdemokraten, die eine Regierungsbildung mit den Kommunisten ausschlossen, fanden keinen Koalitionspartner. Die daraufhin mit der Regierungsbildung beauftragte ODS konnte sich weder mit den Christdemokraten noch der ebenso konservativ ausgerichteten Freiheitsunion auf ein gemeinsames Regierungsprogramm einigen. So kam es zu einem Novum, nämlich dem so genannten Oppositionsvertrag zwischen Sozialdemokraten und ODS. Er beinhaltete nichts anderes als die Bedingungen zur Tolerierung einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung durch die stärkste Oppositionspartei, die ODS. Und dieses Tolerierungsabkommen hielt tatsächlich über die gesamte Legislaturperiode.