Tibetische Kinder lernen tschechisches Eishockey

Foto: Archiv der Organisation Brontosaurus

Tschechien ist eine traditionelle und erfolgreiche Nation im Eishockey. Von dem großen Erfahrungsschatz, die man in diesem Sport hat, geben die tschechischen Meister ihres Fachs gern auch einiges an Entwicklungsländer weiter.

Foto: Archiv der Organisation Brontosaurus
Der nördlichste Bundesstaat in Indien heißt Jammu und Kashmir. In dessen östlichem Zipfel liegt Ladakh, eine Region mit tibetisch-buddhistischer Kultur und dem Zentrum Leh. Ladakh, das „Land der hohen Pässe“, wird daher auch als „Klein-Tibet“ bezeichnet. Auf einer Basishöhe von mehr als 3000 Meter über dem Meeresspiegel leben hier nur sehr wenige Menschen. Aufgrund der mächtigen Gebirgsketten noch dazu in relativ großer Abgeschiedenheit.

In dieser sehr rauen Gegend ist die tschechische Umweltorganisation Brontosaurus aktiv. Sie unterstützt den Betrieb der Spring Dales Public School, die 1992 im Dorf Mulbekh errichtet wurde. Die Einwohner des Dorfes wollen damit sicherstellen, dass ihre Kinder eine Grundschulbildung erlangen, ohne dafür weite Wege gehen zu müssen. Kernziele von Brontosaurus wiederum sind, Menschen zu unterstützen, die unter einfachen Bedingungen, dafür aber im Einklang mit der Natur leben. Ganz besonders geht es ihnen um junge Menschen. Ihnen will Brontosaurus dabei helfen, sich selbst zu verwirklichen in einem Umfeld, das auf Zusammenhalt und gegenseitigem Respekt basiert.

Jiří Sázel  (Foto: Ondřej Tomšů)
Ein wesentlicher Punkt im Konzept der Schule ist die Freizeitgestaltung der Kinder. Sie soll vor allem mit Sport und ganz konkret mit Eishockey gefüllt werden. Die Hintergründe dazu erläutert Jiří Sázel, der Vorsitzende von Brontosaurus im Himalaya:

„Der Winter dort ist lang und eiskalt. Er dauert in der Regel fünf Monate lang. Wegen der Kälte gibt es dort viel Langeweile. Die Einwohner versuchen, sie mit einer ganzen Reihe von Festivitäten zu überwinden. Dabei wird bisweilen sehr viel Alkohol getrunken. Unsere Schule aber will den Kindern und Jugendlichen andere Möglichkeiten der Unterhaltung aufzeigen. Das geht besonders gut mit Sport, der wegführt von den traditionellen Riten, und etwas Neues bereithält. Dies ist der Hauptgrund, weshalb die Schülerinnen und Schüler großes Interesse daran haben, Eishockey zu spielen.“

Ein zweiter Grund ist, dass die Popularität dieses Sports in der Region wächst:

Jiří Sázel: „Der Winter in Klein-Tibet ist lang und eiskalt. Er dauert in der Regel fünf Monate lang. Wegen der Kälte gibt es dort viel Langeweile. Das ist der Hauptgrund, weshalb die Kinder großes Interesse daran haben, Eishockey zu spielen.“

„Eishockey ist in Klein-Tibet seit einiger Zeit auf dem Vormarsch. In der Hauptstadt Leh zum Beispiel wird es schon gespielt. Dort will man Eishockey nun auch wettkampfmäßig durchführen, weil man darin eine erfolgversprechende Sache sieht.“

Um diesen Sport auch in Mulbekh betreiben zu können, müssen zunächst grundlegende Voraussetzungen geschaffen werden. Laut Sázel aber ist man hier schon auf einem guten Weg:

„In diesem Jahr ist es uns gelungen, in Mulbekh eine simple Eishockeyspielfläche zu errichten. Sie ist 24 auf 12 Meter groß. Zudem haben wir aus Tschechien die Ausrüstung für 30 Spieler besorgt. Nun sind wir dabei, jemanden dafür zu gewinnen, der den Kindern noch in diesem Winter die Regeln des Eishockeyspiels beibringt. Im Januar wollen wir dann das erste Eishockeytraining abhalten.“

Ausbau des Spielfeldes  (Foto: Archiv der Organisation Brontosaurus)
Das Spielfeld in der hohen Bergregion haben zirka 30 Freiwillige aus Tschechien im Juli dieses Jahres geschaffen. Und sie haben die Eishockeyausrüstung in ihren Rucksäcken nach Mulbekh getragen, schildert Sázel:

„Es war die einzige Möglichkeit, das Material dort hinzubringen. Indien ist wohl das Land der Welt, in dem es am schwersten ist, etwas sicher zu transportieren. Wenn man etwas per Post schickt oder irgendwo offiziell aufgibt, dann werden die Dinge stets geklaut. Deshalb haben wir die Eishockeyausrüstung selbst ans Ziel gebracht.“

In diesen kleinen Schritten will Brontosaurus mit der Unterstützung des Projektes auch in Zukunft fortfahren. Es läuft über fünf Jahre, und ständig werden hierfür in Tschechien Spendengelder zusammengetragen. Sie werden indes nicht mit einem Schlag für eine Hilfsaktion in großen Stil verwendet, erklärt Sázel bildlich das Prinzip:

Sázel: „In diesem Jahr ist es uns gelungen, in Mulbekh eine simple Eishockeyspielfläche zu errichten. Sie ist 24 auf 12 Meter groß. Zudem haben wir aus Tschechien die Ausrüstung für 30 Spieler besorgt.“

„Um es gut und richtig zu machen, fahren wir nicht gleich mit dem Ferrari vor. Die Öffentlichkeit in Tschechien einschließlich der Spender erhofft sich zwar immer ein kleines Wunder von dem, was mit ihren Geldern erreicht werden soll. Doch wenn man den Ferrari sofort überführen würde, würde er dort nicht fahren. Zum einen wegen der schwierigen Wege und zum anderen, weil noch niemand der Einheimischen einen solchen Wagen gefahren ist.“

Und Sázel ergänzt:

„Wir unterteilen unsere Hilfe in mehrere Phasen. Damit bezwecken wir, dass die Einheimischen nicht in übermäßige Begeisterung ausbrechen, sondern lernen, die Hilfe gut einzusetzen. Deshalb ist es auch ein Fünf-Jahres-Projekt. In regelmäßigen Abständen erhalten die Einwohner von Mulbekh Material und personelle Unterstützung. Wir achten darauf, wie sie die Hilfe annehmen, und legen dann immer noch etwas drauf.“

Neues Schulgebäude  (Foto: Archiv der Organisation Brontosaurus)
Und natürlich hat das Projekt auch eine klare Ausrichtung:

„Ziel des Projektes ist es, die Schüler unserer Schule zu einem internationalen Spiel zu entsenden. Das ist durchaus keine Science Fiction, sondern bereits Realität. Denn Indien hat schon ein Eishockey-Länderspiel gegen ein anderes asiatisches Land bestritten.“

Für die künftigen Nationalmannschaften Indiens im Eishockey sollen Sázel zufolge möglichst viele Kinder aus Mulbekh herangezogen werden. Konkret sollen Schülerinnen und Schüler der fünften bis zehnten Klasse dazu ausgebildet und trainiert werden. Viel wird indes auch davon abhängen, wie die finanzielle Unterstützung durch Brontosaurus auch künftig gewährleistet ist. Der Himalaya-Chef der Organisation aber ist optimistisch:

Marian Jelínek  (Foto: Jan Sklenář,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wir sammeln die Spenden nach zwei Haupt-Methoden. Die eine ist der Spendenaufruf für eine ganz konkrete Leistung. In diesem Jahr war es zum Beispiel für die Errichtung der Eishockeyspielfläche. Die zweite Variante sind unsere Dauerspender, die wir auch als Patrone des Himalayas bezeichnen. Sie überweisen uns monatlich unterschiedliche Geldbeträge. Für unsere Projektvorhaben sind dies echte Schlüsselfiguren, denn ohne sie würden wir nichts umsetzen können.“

Eine solche Schlüsselfigur ist beispielsweise der amtierende Trainer des tschechischen Zweitligisten Motor České Budějovice, Marian Jelínek. Der 53-Jährige war eine Zeitlang auch der persönliche Fitnesstrainer von Eishockey-Legende Jaromír Jágr. Mit seiner Unterstützung für das Brontosaurus-Projekt wolle er den Menschen in Klein-Tibet etwas zurückgeben, ließ Jelínek wissen. Denn es seien die Lehren des Buddhismus, die ihn das ganze Leben lang inspiriert hätten. Und Jiří Sázel lobt diese Unterstützung in den höchsten Tönen:

Sázel: „Ziel des Projektes ist es, die Schüler unserer Schule zu einem internationalen Spiel zu entsenden. Das ist keine Science Fiction, denn Indien hat schon ein Eishockey-Länderspiel gegen ein anderes asiatisches Land bestritten.“

„Wir arbeiten vor allem mit Marian Jelínek zusammen. Er spendet aber nicht nur, sondern wacht ebenso darüber, dass wir das Training der Kinder aus Mulbekh auch fachmännisch durchführen lassen. Die Zusammenarbeit mit ihm ist ausgezeichnet, und wir sind froh, dass er uns hilft.“

Für den Bau der Eishockeyspielfläche in Mulbekh erhielt Brontosaurus übrigens Spenden in Höhe von 430.000 Kronen (ca. 16.500 Euro). Dank Pumpen und Rohrleitungen kann die Anlage ganzjährig betrieben werden. Zum Training können ebenso die beiden Spielerbänke genutzt werden. Nun darf man gespannt sein, wenn erstmals auch eine Gastmannschaft dort Platz nehmen wird.

Autor: Lothar Martin
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