Tschechiens Tennisstars zeigen Aufwärtstrend bei Australien Open

Tomáš Berdych (Foto: ČTK)

Die tschechischen Tennisspielerinnen und -spieler gehören seit einigen Jahren wieder zur absoluten Weltelite. Dies bestätigen in erster Linie die jüngsten Erfolge in den Mannschaftswettbewerben: Die Damen haben zwischen 2011 und 2014 insgesamt dreimal den Fed Cup gewonnen, die Männer zweimal den Davis Cup. Dennoch sind große Triumphe bei gut besetzten Turnieren noch vergleichsweise dünn gesät. Eine neue Chance, das zu ändern, bot sich den tschechischen Assen bei den Australien Open. Das Grand-Slam-Turnier ist am vergangenen Sonntag zu Ende gegangen.

Petra Kvitová  (Foto: Eurosport)
Petra Kvitová ist das Aushängeschild im tschechischen Tennissport. Nach ihrem überraschenden Wimbledonsieg im Jahr 2011 nährte sie die Hoffnung, dass ihr Land nach Martina Navrátilová – die längst US-Amerikanerin ist – erstmals wieder die weltbeste Tennisspielerin stellt. Am 31. Oktober 2011 kletterte Kvitová sogar bis auf Platz zwei der WTA-Weltrangliste. Nach dem steilen Aufstieg aber rutschte Kvitová wieder ein Stück zurück. Zum einen war sie dem nervlichen Druck einer Favoritin nicht immer gewachsen. Zum anderen bürdete ihr die neue Popularität bedeutend mehr PR-Termine auf, die sie zu Lasten des Trainings wahrnahm. 2013 kam sie bei den vier Grand-Slam-Turnieren mit Ausnahme von Wimbledon nicht über die dritte Runde hinaus. Deshalb zog sie die Reißleine und konzentrierte sich wieder mehr auf ihren Sport. 2014 wurde sie dafür prompt mit ihrem zweiten Wimbledonsieg belohnt. Seitdem hat sie die Intensität ihres Trainings noch weiter gesteigert, dafür ist seit November auch der deutsche Konditionstrainer Alex Stober verantwortlich.

Madison Keys  (Foto: Eurosport)
In das neue Jahr startete Kvitová gleich mit einem Turniersieg in Sydney. Sie rechnete sich daher auch gute Chancen für die Australien Open aus. 2013 war Kvitová in Down Under in der zweiten Runde und 2014 sogar schon in der ersten Runde ausgeschieden. Diese Hürden übersprang sie diesmal spielend leicht, doch in Runde drei unterlag sie der jungen US-Amerikanerin Madison Keys mit 4:6 und 5:7. Den Hauptgrund für die Niederlage sah die 24-Jährige in ihrem sehr wackligen Service:

„Ich weiß nicht, woran es gelegen hat, aber mein Aufschlagspiel war heute nicht so stark. Diese Schwäche kann man sich jedoch gegen eine solche Spielerin, die sehr gut serviert, einfach nicht leisten. Denn da entscheiden nur wenige Breaks.“

Petra Kvitová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Und Petra Kvitová hatte ihrer Gegnerin einige Breakchancen geboten, die von der 19-jährigen Keys auch schonungslos genutzt wurden. Trotz des erneut frühen Ausscheidens war Tschechiens amtierende Sportlerin des Jahres aber nicht ganz unzufrieden mit ihrem Auftritt in Melbourne:

„Von den zurückliegenden drei Jahren war das jetzt zu Ende gegangene Turnier eindeutig das Beste für mich. Auf dem Court habe ich mich stärker gefühlt als sonst, auch wenn ich mir insgesamt etwas mehr ausgerechnet hatte. Doch so ist das Leben.“

Der Aufwärtstrend aber sei für sie das Positive an diesem Turnier, und dies bestärke sie in der Motivation, weiter hart zu trainieren, resümierte Kvitová:

„Wie mir Alex mehrfach gesagt hat, muss ich vor allem die Muskulatur meiner Beine weiter stärken, um länger durchzuhalten. Das ist ein Prozess, und ich kann nicht sofort unglaubliche Dinge erwarten. Meine Beinarbeit hat sich in den letzten zwei Monaten schon verbessert, doch es gibt immer noch viel zu tun.“


Daniel Vallverdu  (Foto: Carine06,  CC BY-SA 2.0)
Das männliche Pendant zu Petra Kvitová ist Tomáš Berdych. Der 29-Jährige ist schon seit längerem die Nummer eins unter den tschechischen Tennisspielern und hat auch schon zehn internationale ATP-Turniere gewonnen. Im Gegensatz zu Petra Kvitová aber ist Berdych der Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier bisher verwehrt geblieben. Am dichtesten dran war der fast zwei Meter große Hüne 2010 in Wimbledon, als er das Finale gegen Rafael Nadal nach drei Sätzen verlor. Gerade dieser Spanier erwies sich auf der ATP-Tour immer wieder als Alptraum für Berdych, denn in den letzten acht Jahren unterlag er Nadal gleich 17 Mal in Folge. Mit seinem neuen Trainer Daniel Vallverdu legte sich Berdych jedoch diesmal eine Taktik zurecht, die von Erfolg gekrönt war: Im Viertelfinale bezwang er Nadal mit 6:2, 6:0 und 7:5.



Tomáš Berdych  (Foto: ČTK)
„Alles nimmt seine Entwicklung. Ich bin zufrieden, dass ich in diesem Duell so auftrumpfen konnte, doch im nächsten Spiel muss ich noch etwas mehr zeigen.“

Alle Tennisexperten, die besonders die Herrenkonkurrenz unter die Lupe nahmen, waren erstaunt, wie fokussiert und selbstbewusst Berdych in diesem Jahr in Melbourne auftrat. Bis zum Halbfinale schickte er alle seine Gegner schon nach drei Sätzen geschlagen vom Court. Und die von ihm angekündigte Steigerung demonstrierte er auch zu Beginn der Halbfinalpartie gegen Andy Murray. Nach großem Kampf besiegte er den Schotten im ersten Satz mit 7:6. Doch danach brach Berdych ein und verlor den zweiten Satz glatt mit 0:6:

Tomáš Berdych  (Foto: ČTK)
„Da habe ich wohl den schlechtesten Satz gespielt während der gesamten zwölf Tage, die ich hier bin. Leider ist mir das ausgerechnet im Halbfinale passiert, doch das lässt sich nicht mehr ändern.“

Ändern konnte Berdych danach auch nicht mehr den einseitigen Spielverlauf – sein Gegner hatte die Partie nun eindeutig im Griff, gab sich keine Blöße mehr und wartete geduldig auf die schwachen Momente von Berdych. Und so verlor der Tscheche auch die Sätze drei und vier und verpasste zum vierten Mal den Einzug in ein weiteres Grand-Slam-Endspiel. Mit seinem neuen Trainer will er daraus jedoch die richtigen Lehren ziehen:

Foto: Phaitoon,  FreeDigitalPhotos.net
„Die Niederlage ärgert mich natürlich. Ich bin unzufrieden, dass ich ausgeschieden bin und nun abreisen muss. In der kurzen Zeit, in der ich mit Dani zusammenarbeite, habe ich aber schon eine ganze Menge Fortschritte gemacht. Wenn wir in dieser Richtung fortfahren, dann werde ich auch noch Grund zur Freude haben. Die Saison ist noch lang, es dürfte also noch interessant werden.“


Bethanie Mattek-Sands und Lucie Šafářová  (Foto: ČTK)
In Melbourne konnten die tschechischen Repräsentanten am Ende aber dennoch einen Turniererfolg verbuchen, und zwar in einer Doppelkonkurrenz. Nach dem letzten Ballwechsel im Finale des Damen-Doppel verkündete der Stadionsprecher der Australien Open:

„Die Gewinner im Damen-Doppel des Jahres 2015 sind Bethanie Mattek-Sands und Lucie Šafářová.“

Für die gebürtige Brünnerin Lucie Šafářová war es der erste Grand-Slam-Titel ihrer Karriere überhaupt. Entsprechend groß war dann auch ihre Freude:

Bethanie Mattek-Sands und Lucie Šafářová  (Foto: ČTK)
„Es ist einfach erstaunlich, wenn man seinen Namen eingeritzt sieht auf dieser wunderschönen Trophäe. Das ist ein tolles Gefühl, das ich jetzt genieße.“

Die 27-jährige Šafářová gewann den Doppelwettbewerb gemeinsam mit der zwei Jahre älteren Bethanie Mattek-Sands. Dabei hatte sie zuvor noch nie mit der US-Amerikanerin zusammengespielt. Erst kurz vor dem Grand-Slam-Turnier hatten sich beide darauf verständigt, es miteinander zu probieren.

„Wir hatten vorher nichts geplant. Wir haben nur gesagt, dass wir in Melbourne zusammen das Doppel spielen wollen, danach sehen wir weiter. Nach diesem großartigen Erfolg aber werden wir unser Zusammenspiel bestimmt fortsetzen.“

Jana Novotná  (Foto: Bill Mitchel,  Wikimedia)
Das Damen-Doppel auf Anhieb bei einem Grand-Slam-Turnier zu gewinnen, das ist zuletzt der Französin Nathalie Dechy und der Russin Dinara Safina 2007 bei den US Open gelungen. Šafářová ist zudem nach 20 Jahren die erste Tschechin, die das Doppel in Melbourne gewonnen hat. Zuletzt hatte dies Jana Novotná 1995 an der Seite der Spanierin Arantxa Sanchez-Vicario geschafft. Knapp drei Jahre später errang Novotná dann auch ihren ersten und einzigen Sieg bei einem großen Turnier, und zwar in Wimbledon. Lucie Šafářová will nun ihrer Landsmännin nacheifern:

„Mein Traum ist es, unter die Top Ten der weltbesten Tennisspielerinnen zu gelangen und noch öfter solche Pokale wie in Melbourne zu gewinnen. Am schönsten wäre dies in einer Einzelkonkurrenz bei einem Grand-Slam-Turnier.“

Foto: Cezar Perelles,  Free Images
Petra Kvitová, Tomáš Berdych und Lucie Šafářová – alle drei Topstars aus Tschechien haben also noch große Ziele vor Augen. Die hiesigen Tennisfans freuen sich daher schon jetzt auf eine aufregende und interessante Saison.

Autor: Lothar Martin
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