Tschechien feiert Jakub Janda, den neuen Kaiser in der "Königsdisziplin des Skisports"

Jakub Janda (Foto: CTK)

Es ist wieder Winter, dem Kalender nach. Die weltbesten Skisportler aber haben ihre Saison längst begonnen. Die Skilangläufer, die man gemeinhin als die "Arbeiter" unter ihnen betrachtet, die "Alpinen", die der "gehobenen Schicht" der Brettartisten angehören, und natürlich die Skispringer, die sich durchaus mit dem Titel, die "Aristokraten des Skisports" zu sein, schmücken können.

Jakub Janda  (Foto: CTK)
Weshalb das Skispringen nicht von ungefähr als die attraktivste unter den Sportarten im "weißen Element" angesehen wird, dazu hat sich auch der ehemalige tschechische Schanzenpilot Leos Skoda so seine Gedanken gemacht:

"Also ich denke, das ist ein Sport, bei dem viel Adrenalin freigesetzt wird. Es ist ein Sport, bei dem die Zuschauer selbstverständlich Topleistungen erwarten. Und das nicht nur von den Allerbesten, sondern zum Beispiel auch vom 30. des Klassements. Denn auch der bringt Superleistungen, weil die Unterschiede zwischen den weltbesten Springern äußerst gering geworden sind. Dadurch ist dieser Sport für die Zuschauer sehr attraktiv."

In Tschechien freut man sich daher dieser Tage besonders oft, den amtierenden Kaiser in der "Königsdisziplin des Wintersports" in den eigenen Reihen zu wissen. Es ist der 27-jährige Jakub Janda, der von den ersten sieben Weltcupsprungläufen der noch jungen Saison nicht weniger als vier gewonnen hat und der damit klarer Spitzenreiter in der Weltcupwertung ist. Janda ist nach Jahren wieder der erste tschechische Ausnahmekönner, der nicht nur zur absoluten Weltspitze zählt, sondern gegenwärtig in ihr auch den Ton angibt. Damit scheint die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre von den allseits respektierten Remsa-Boys begründete so genannte tschechoslowakische Skisprung-Schule wieder fröhliche Urständ feiern zu können. Denn nach den Jiri Raska, Rudolf Höhnl und Karel Kodejska aus der erwähnten Zeit sowie den ebenso famosen Pavel Ploc und Jiri Parma aus den 80er Jahren kam danach nicht mehr viel aus Tschechien und der Slowakei, was die Skisprungwelt in Verzückung setzte. Einzig der Skiflug-Weltmeister von 1994 Jaroslav Sakala, der zudem fünf Weltcupspringen gewann, sowie der vierfache Sieger eines Weltcupsprunglaufs Frantisek Jez konnten bis Mitte der 90er Jahre die tschechische Fahne in dieser telegenen Sportart hochhalten. Für den finanziell nicht auf Rosen gebetteten tschechischen Skisport war es nämlich alles andere als leicht, mit der technischen Entwicklung besonders im Skispringen mithalten zu können. Aber für Leos Skoda, dem heutigen Chefverantwortlichen für den Bereich Skisprung beim Skisportverband der Tschechischen Republik, gibt es auch noch einen anderen großen Unterschied zum Skispringen aus seiner aktiven Zeit:

"Es geht heute alles vielmehr in Richtung einer athletischen Ausbildung, worauf bereits das Sommertraining abzielt. Im Gegensatz zu uns damals, die wir vor allem auf Kraft getrimmt wurden. Da waren insbesondere die Springer der ehemaligen DDR ein Maßstab. Heutzutage zielt das verstärkt auf die Athletik orientierte Training insbesondere auf die Verbesserung der Sprungtechnik ab. Im diesem Bereich entscheiden dann auch wirklich sehr oft schon Kleinigkeiten darüber, wie weit der Sprung gehen wird."

Und diese Sprungtechnik beherrscht Jakub Janda, der neue Star am internationalen Schanzenhimmel, momentan offensichtlich am besten. Enorm viel hat Janda dabei dem slowenischen Trainer Vasja Bajc zu verdanken, der vor knapp zwei Jahren zum neuen Auswahlcoach der tschechischen Skisprungelite auserkoren wurde. Bajc ist ein rastloser Zeitgenosse, der ständig den neuesten Trends der Szene nachgeht, in der Springerwelt Respekt genießt und dem lange Jahre psychisch labilen Janda eine gehörigen Portion Selbstbewusstsein einimpfte. Das ist aber nur die eine Seite des heutigen Erfolgs von Janda. Die andere Seite ist im Bereich der ebenfalls stark verbesserten technischen Ausrüstung zu suchen. Dazu sagte Leos Skoda:

"Selbstverständlich ist zu den Zeiten meiner Ära für alles der Staat aufgekommen. Als wir vor zwei Jahren angetreten sind, d. h. Trainer Vasja Bajc, Manager Rostislav Josifek und meine Person, da haben wir natürlich über den Mangel an Finanzen Bescheid gewusst. Das ist auch noch heute so, aber bereits viel besser geworden als vor zwei Jahren. Denn indem es uns gelungen ist, über Sponsoren einiges an Geld in das Skispringen zu pumpen, hat sich vor allem das Training qualitativ verbessert. Die Jungs haben mittlerweile eine Skisprungausrüstung, die mit der der Weltspitze konkurrieren kann. Ein Beispiel dafür ist Jakub Janda, der von sich behauptet, er habe derzeit den besten Sprunganzug der Welt. Also auch hier ist es uns gelungen, die Dinge enorm voranzutreiben."

Leos Skoda nennt schließlich noch ein Beispiel, was sich im Verhältnis zu seiner aktiven Zeit inzwischen geändert hat:

Jakub Janda  (Foto: CTK)
"Das sind alles die Details von heute. Als ich und Jiri Raska seinerzeit darum gebeten haben, dass auch wir im Windkanal testen können, ist uns das nicht gelungen. Letztes Jahr waren wir mit unseren heutigen Schützlingen ohne Probleme dort. Das sind Dinge, die sich entsprechend positiv auf die Psyche der Jungs auswirken. Wenn sie dann nämlich in der Anfahrtsposition hocken und sie der künstliche Wind umweht, dann können sie ausprobieren, was passiert, wenn sie zum Beispiel nur eine Hand niedriger halten oder die Brille enger am Helm aufsitzt, was das schon wieder für eine Änderung der Anlaufgeschwindigkeit nach sich zieht."

Aus all den genannten Komponenten, die man binnen der zurückliegenden zwei Jahre Schritt für Schritt verbessern konnte, haben die neuen Skisprungmacher Tschechiens, Vasja Bajc, Leos Skoda & Co., hierzulande wieder so etwas wie einen gewissen Aha-Effekt ausgelöst. Getreu dem Motto: Hoppla, die Tschechen haben ja nicht nur tolle Fußballer und Eishockeyspieler, sondern auch wieder Skispringer, die man bewundern kann. Beziehungsweise mit Jakub Janda zumindest einen, von dem auch Leos Skoda mit einer kleinen Einschränkung 100-prozentig überzeugt ist:

"Was Jakub betrifft, so denke ich, das ist ein Profi, der sich zu helfen weiß. Er spricht zwar nicht viel, ist seinem Wesen nach mehr ein Eigenbrötler, so dass wir immer noch daran arbeiten, dass er medial noch mehr aus sich herausgeht und auch als Star auftritt. Aber letztlich ist er so wie er ist."

Dass das noch eine ganze Weile lang so bleibt, das aber hoffen in erster Linie die tschechischen Skisprunganhänger. Denn nach dem vergangenen Jahrzehnt, in dem sie nicht einmal mehr erahnen konnten, wie man Erfolge feiert, sind sie spätestens nach Jandas Weltcupsieg in Harrachov wieder auf den Geschmack gekommen. Daher wünschen sie sich, bei den Siegerehrungen nach Skisprungwettkämpfen noch oft solche Verkündungen wie diese zu hören:

Autor: Lothar Martin
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