Sportförderung auf dem Prüfstand: Paroubek will Unternehmen zur Kasse bitten

Jiří Paroubek

Im tschechischen Sport fehlt es an Geld. Einen Teil dazu beigetragen hat die weltweite Krise, ein entscheidender Knackpunkt aber ist das Finanzgebaren der Lotteriegesellschaft Sazka. Aus dem Lottogeschäft soll sie für ihre Aktionäre, die Sportverbände, die zum Handeln notwendigen Gelder requirieren. Im letzten Jahr aber hat Sazka die Sportförderung stark reduziert. Im Vorfeld der Parlamentswahlen meldete sich dazu auch die Politik zu Wort; allen voran Sozialdemokratenchef Paroubek, der den Sport gebührend unterstützen will.

Jiří Paroubek
Der tschechische Fußball ist derzeit auf einer steilen Talfahrt. Nach drei Endrunden-Teilnahmen in Folge hat sich die Nationalmannschaft diesmal nicht für den Topevent qualifiziert. Bei der WM in Südafrika ist man nur Zuschauer. Und auch im Eishockey zeigt die Erfolgskurve nach unten. Seit vier Jahren ist für das tschechische Team bereits regelmäßig vor dem WM-Medaillenkampf Endstation. Auch bei den Winterspielen in Vancouver kamen die Cracks um Jágr & Co. nicht über das Viertelfinale hinaus. Eine weitere Enttäuschung also, die Oppositionschef Jiří Paroubek nun zum Anlass nahm, um sich als möglicher „Retter des Eishockeys“ ins Spiel zu bringen. Im Falle seiner Wahl zum neuen Premierminister wolle er nämlich höchstpersönlich dafür Sorge tragen, dass der Sport künftig auch wieder mit einer großzügigen staatlichen Unterstützung rechnen könne. Dazu wolle er den Sport von seiner Nebenrolle im Bildungsressort befreien und ihn direkt unter die Obhut des Regierungsamtes stellen. Und einen möglichen Sportminister á la Wjatscheslaw Fetisow in Russland habe er auch schon im Ärmel – den Eishockey-Olympiasieger und Weltmeister sowie sozialdemokratischen Abgeordneten in spé, Jiří Šlegr.

Jiří Paroubek und Jiří Šlégr
Angesichts solcher Ankündigungen könnte man meinen, dass Paroubek nun die Spitzenfunktionäre der Sportverbände, die aktiven Athleten sowie Manager und Geschäftsleute in Sachen Sport zu Füßen liegen müssten. Das Umfragebarometer aber zeigte, dass die meisten von ihnen die Aussagen des Sozialdemokratenchefs als puren Populismus wahrnehmen, mit dem er im Wahlkampf nur punkten wolle. Zu oft haben Politiker auch in Tschechien vor Wahlen viele Versprechungen gemacht, von denen sie danach aber nur wenige gehalten haben. Zudem lasse es die angespannte Haushaltslage so gut wie gar nicht zu, nun ausgerechnet den Sport finanziell zu stärken, hieß es. Auf die Frage, wo er das Geld für die staatliche Sportförderung denn überhaupt nehmen wolle, hatte Paroubek jedoch am Sonntag im Tschechischen Fernsehen eine erste Antwort parat:

„Die großen Firmen mit einem jährlichen Umsatz von fünf Milliarden und einer starken Marktposition können von ihrer Steuerbemessungsgrundlage bis zu fünf Prozent abschreiben. Derzeit nutzen sie diese Möglichkeit aber kaum; es sind nicht einmal 1,3 Prozent, die sie an Fremdzuschüssen ausgeben. Von daher denke ich, wenn sie nur je ein Prozent an den Sport abführen, dann würden diesem Ressort daraus finanzielle Zuwendungen von 2,5 bis drei Milliarden Kronen zuteil.“

Die großen Firmen, die Paroubek dabei im Auge hat, sind die beiden Energieriesen ČEZ und RWE Transgans sowie die drei auf dem tschechischen Markt agierenden Mobilfunkbetreiber Telefónica O2, T-Mobil und Vodafone. Diese Unternehmen zugunsten des Sports zu belasten, habe jedoch einen Bumerang-Effekt, kritisiert der Vorsitzende der liberalen Partei Top 09, Karel Schwarzenberg:

„Zuerst sollte man das Problem lösen, das die Lotteriegesellschaft Sazka durch ihre ungenügenden Zuwendungen für den Sport aufwirft. Und zum zweiten bin ich der Meinung, dass ein neues System der Sportförderung keinen Erfolg haben wird. Ich zweifele nämlich nicht daran, dass wenn man diese großen Firmen zu weiteren Abgaben zwingt, sie auf der anderen Seite sofort die Preise für ihre Produkte erhöhen werden.“

Auch Grünen-Chef Ondřej Liška hält nichts vom Vorschlag Paroubeks, einige ausgewählte Unternehmen für den Sport zur Kasse zu bitten:

„Ich bin der Meinung, dieser Vorschlag soll nichts anderes bezwecken, als davon abzukommen, dass der Staat endlich Ordnung schafft in seinen Beziehungen zu Sazka und anderen Lotteriegesellschaften. Dem Gesetz nach haben diese Firmen soviel Geld abzuführen, dass man davon nicht nur locker den Sport, sondern auch die Kultur finanzieren könnte. Anstelle der Maßnahme, immer weitere Firmen zu steuerlichen Abgaben zu verdonnern, sollte man das Geld eintreiben, zu dem die Lotteriegesellschaften per Gesetz verpflichtet sind.“

Derart attackiert formulierte Paroubek seine Idee schließlich noch einmal etwas moderater, indem er den Großfirmen auch einen Spielraum zugesteht:

„Ich denke, es wäre gut, wenn sich diese Firmen wenigstens in der Zeit der Krise mehr für die Gesellschaft einbringen würden. In einer Zeit also, in der es besonders schwierig ist, Geld für Sport, Kultur und den sozialen Bereich aufzutreiben. Man sollte ihnen selbstverständlich die Möglichkeit einräumen, dass sie darüber selbst entscheiden können.“

Spätestens nach den Wahlen im Mai wird man dann sehen, ob in punkto Sportförderung wieder einmal nur heiße Luft abgelassen wurde oder ob der mögliche Wahlsieger Paroubek dem Sport tatsächlich helfend unter die Arme greifen wird.


Stanislav Řezáč
In den zurückliegenden Wochen haben wir mehrmals über die Erfolge der tschechischen Wintersportler bei den Olympischen Spielen in Vancouver berichtet. Im Schatten der Olympiateilnehmer blieben dabei jedoch die Ausrufezeichen, die auch andere Sportler setzten. Zu ihnen gehört Skilangläufer Stanislav Řezáč, ein ausgesprochener Marathon-Spezialist, der im Januar den österreichischen Dolomiten-Lauf gewann und beim heimischen 50-km-Isergebirgslauf Dritter wurde. Am Sonntag krönte er seine wohl bisher beste Saison mit dem dritten Platz beim legendären Wasalauf in Zentralschweden. Eine Platzierung, die ihn zu Recht stolz machte:

„Ich bin sehr zufrieden, denn das war nicht nur mein elfter Wasalauf, sondern auch mein bestes Rennen hier in Schweden. Ich hatte genügend Kraft und fühlte mich gut in Form. Auch meine Servicemänner an der Strecke haben gut gearbeitet, alles ist wirklich nach meinen Vorstellungen gelaufen. Die Endphasen des Rennens hier sind jedoch schwer und hart.“

Im Finish gehörte Řezáč einer vierköpfigen Spitzengruppe an, aus der die beiden Schweden Jörgen Brink und Daniel Tynell vor ihm einkamen.


Foto: ČTK
Nach der großen Enttäuschung in Vancouver, wo die tschechische Eishockey-Nationalmannschaft nur den siebten Platz belegte, ist im hierzulande beliebten Pucksport wieder der Alltag eingekehrt. Nachdem die höchste Spielklasse, die O2-Extraliga, am vergangenen Freitag ihre Hauptrunde abgeschlossen hat, steht seit Montag die Play off-Qualifikation, die so genannten Pre-Play offs, auf dem Programm. Hier treffen Slavia Prag und Litvinov sowie Liberec / Reichenberg und České Budejovice / Budweis aufeinander. Liberec hat sich nach zwei Heimsiegen eine sehr gute Ausgangsposition für das Weiterkommen gesichert. In der zweiten Paarung steht es 1:1 – nach dem 3:1-Sieg für Slavia gewann Litvínov das zweite Spiel in Prag mit 5:1. Herausragender Akteur war dabei Gästekapitän Robert Reichel, der zwei Tore und eine Vorlage markierte:

Foto: ČTK
„Sie können von mir sicher nicht erwarten, dass ich in jedem Spiel drei Tore schieße, denn das Alter lässt sich nicht aufhalten. Heute lief es gut, und wenn ich kein Tor erziele, dann versuche ich zumindest, gut zu verteidigen“, sagte der 38-jährige Olympiasieger und dreifache Weltmeister.

Reichel ist einer von neun Olympiasiegern des Jahres 1998, die noch in der Extraliga spielen. Drei von ihnen, Dominik Hašek (Pardubice), Martin Ručinský (Sparta Prag) und Martin Straka (Pilsen), werden auch noch in den Play offs zu sehen sein. Das ist sicher ein Grund mehr, beim Eishockey in Tschechien vorbeizuschauen, bevor die „Helden von Nagano“ ihre Schlittschuhe an den Nagel hängen werden.