Schachfestival Czech Open gewinnt weiter an Popularität

Illustrationsfoto: Al Buettner, Pixabay / CC0 Public Domain

Die Schachwelt freut sich bereits auf das Comeback eines ganz Großen ihrer Zunft: Der langjährige FIDE-Weltmeister Garri Kasparow kehrt an das schwarz-weiße Brett zurück. In genau vier Wochen tritt der ehemalige Russe mit armenisch-jüdischen Wurzeln in St. Louis zu einem Turnier der Grand Chess Tour an. Einer seiner Gegner ist der Tscheche David Navara. Zuvor aber gastiert Navara beim 28. internationalen Festival für Schach und Brettspiele, den Czech Open 2017, in Pardubice.

Foto: StefanKna,  CC BY-SA 3.0
Seit der politischen Wende in Tschechien beziehungsweise der damaligen Tschechoslowakei sind fast 28 Jahre vergangen. Und fast genauso alt ist mittlerweile auch das internationale Festival für Schach und Brettspiele, das 1990 aus der Taufe gehoben wurde. Doch dies sei nicht die einzige Besonderheit der Veranstaltung, sagt der Chef des Organisationskomitees, Jiří Petružálek:

„Die Czech Open sind das größte Festival für Schach und Spiele weltweit. An den Hauptturnieren des Festivals nehmen rund 1300 Spieler aus der ganzen Welt teil. Insgesamt aber rechnen wir mit 3000 bis 5000 Teilnehmern einschließlich ihrer Begleitpersonen.“

Diese Teilnehmer kommen aber nicht nur des Schachsports wegen, ergänzt Petružálek:

Jiří Petružáelk  (Foto: Archiv ODS)
„Unsere Veranstaltung ist nicht nur ein Festival des Schachs, sondern auch vieler weiterer Spiele. Dies sind sowohl Brett- als auch Kartenspiele. Dazu gehören zum Beispiel die Bridge und Go. Das Go-Turnier ist in diesem Jahr sehr stark besetzt, daher mussten wir vor den Hauptwettbewerb noch eine Qualifikation setzen. Spezielle Wettbewerbe gibt es beim Spiel mit dem Zauberwürfel, denn seine Farben werden unter anderem mit verbundenen Augen sortiert, oder auch im Sudoko. Gerade Sudoko hat sich enorm entwickelt und zieht im Niveau immer weiter an. Und nicht zu vergessen ist das Brettspiel Dame in seiner nationalen wie auch internationalen Version. Besonders die internationale Variante ist sehr anspruchsvoll – man kann sie bereits mit Schach oder Go vergleichen.“

Jiří Petružálek: „Die Czech Open sind das größte Festival für Schach und Spiele weltweit. An den Hauptturnieren des Festivals nehmen rund 1300 Spieler aus der ganzen Welt teil. Insgesamt aber rechnen wir mit 3000 bis 5000 Teilnehmern einschließlich ihrer Begleitpersonen.“

Das Hauptaugenmerk des Festivals richtet sich aber zweifelsohne auf den Schachsport. Mit dem Mannschaftsturnier, an dem bis Sonntag die Rekordzahl von 120 Vierer-Teams teilnahm, wurde das Festival am vergangenen Donnerstag auch eröffnet. Von Montag bis Sonntag in einer Woche folgt nun eine ganze Reihe von Turnieren für Einzel-Schachspieler. Martin Petr ist Schachgroßmeister und TV-Experte des Tschechischen Fernsehens. Er nennt die Turniervarianten in Pardubice:

„Die Schachturniere werden in unterschiedlichen Tempi gespielt. Zum einen im normalen Tempo, bei dem eine Schachpartie bis zu fünf Stunden dauern kann. Zum Zweiten in der Variante à la Fischer, bei der in der Regel eine Stunde lang gespielt wird. Und schließlich haben wir auch Blitzschach im Angebot, hier dauert eine Partie maximal fünf Minuten. In Pardubice kommt also jeder Teilnehmer auf seine Kosten, denn es werden alle Varianten des Schachsports gespielt.“

Martin Petr  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Normalerweise gehört Martin Petr selbst zu den Teilnehmern des Schachfestivals. Diesmal aber musste er absagen:

„In diesem Jahr werde ich leider nicht an den Czech Open teilnehmen. Ich habe für diese Zeit eine Einladung zu einem Turnier in Schottland erhalten, bei dem der örtliche Schachverein seinen 150. Gründungstag feiert. Das tut mir leid, denn am Festival in Pardubice habe ich vielleicht schon 20 Mal teilgenommen, davon 15 Mal im Hauptturnier. Die Veranstaltung ist für mich zu einer Herzensangelegenheit geworden.“

Und der 29-Jährige erklärt auch, weshalb ihm das Festival so am Herzen liegt:

Sergej Movsesjan  (Foto: Stefan64,  CC BY-SA 3.0)
„Für mich ist es immer wieder faszinierend zu sehen, wie in der gesamten Eishockey-Arena auf einmal Schach gespielt wird. Das ist ein wirklich toller Anblick, auch deshalb nehme ich ansonsten gern an diesem Festival teil.“

Der Ausfall von Petr ist bedauerlich, doch andererseits auch kein Beinbruch. Denn gerade aus Tschechien nimmt ansonsten nahezu jeder teil, der Rang und Namen hat, bestätigt Jiří Petružálek:

„Unser größter Star ist ganz bestimmt David Navara. Er wird Natur-Schach à la Fischer spielen, und nur einige Tage nach dem Festival reist er zu einem Einladungsturnier mit Garri Kasparow nach St. Louis. In unserem Hauptturnier wird unter anderem die tschechische Nummer zwei, Viktor Lázničká, antreten. Ebenso dabei ist der armenische Top-100-Spieler Sergej Movsesjan. Aus Tschechien ist also die gesamte Elite bei den Männern und Frauen am Start. Und dazu sind mehrere internationale Großmeister nach Pardubice gekommen.“

Die Schachturniere innerhalb des Festivals haben besonders in den letzten Jahren immer mehr an Popularität gewonnen, hebt Petružálek hervor:

Martin Petr: „Für mich ist es immer wieder faszinierend zu sehen, wie in der gesamten Eishockey-Arena auf einmal Schach gespielt wird. Das ist ein wirklich toller Anblick, auch deshalb nehme ich ansonsten gern an diesem Festival teil.“

„Die Teilnehmerzahl nimmt seit 2014 ständig zu. Auch unsere finanzielle Ausstattung hat sich verbessert. Die Zahl der russischen Schachspieler wächst und wächst, und auch die Zahl der Teilnehmer aus Deutschland ist so hoch wie nie. Aber sogar aus fernen Ländern wie Indien sind mehr Schachspieler denn je am Start. Das freut uns sehr.“

In Zahlen ausgedrückt heißt das: An allen Schachturnieren des Festivals, die kleineren Wettbewerbe eingeschlossen, nehmen fast 2000 Spieler aus über 50 Ländern teil. Darunter sind neben Tschechen und Russen, die das Gros bilden, auch fast 100 Ukrainer und rund 50 Inder. Mehrere Teilnehmer kommen aber ebenso aus den fernen Ländern wie Australien, Singapur, Malaysia oder Südkorea. Trotz dieser imponierenden Zahlen freut sich Organisationschef Petružálek auf einen Spieler ganz besonders:

„In diesem Jahr findet unser Festival zum 28. Mal statt, und wir begrüßten dazu auch den uneingeschränkten Rekordhalter der Veranstaltung. Es ist Bohuslav Orel aus Pardubice, der kein einziges Festival ausgelassen hat und also ebenfalls das 28. Mal dabei ist.“


Bei Schachgipfel in St. Louis trifft Navara auf Altmeister Kasparow

Garri Kasparow  (Foto: Owen Williams,  The Kasparov Agency,  CC BY-SA 3.0)
Nur zwei Wochen nach dem Ende des Festivals steht im US-amerikanischen St. Louis ein weiteres Schachturnier an. Es ist ein Turnier der sogenannten Grand Chess Tour, aber nicht eines von vielen. Denn die besondere Aufmerksamkeit gebührt dem ehemaligen Schachweltmeister Garri Kasparow.

Der 54-Jährige, der mittlerweile kroatischer Staatsbürger ist und in New York lebt, wird in St. Louis nämlich sein Comeback geben! Der ehemalige Weltmeister des Weltschachbundes FIDE (1985 - 1993) wird dabei nach nicht weniger als zwölf Jahren erstmals wieder bei einem offiziellen Schachturnier starten. Allein deswegen sieht Jiří Petružálek diesem Turnier mit großer Vorfreude entgegen:

„Das Turnier wird eine tolle Show, aber auch ein sportlicher Leckerbissen. Natürlich ist Kasparow ein genialer Spieler, der das Schachspiel förmlich im Blut hat. Geniale Spieler waren aber ebenso Anatoli Karpow und Bobby Fischer. Und phänomenal ist auch unser David Navara.“

In der Tat, der 32-jährige Navara ist ein tschechischer Schachmeister der Weltelite. Und seit kurzem ist der gebürtige Prager mit acht Titeln auch der alleinige Rekordmeister seines Landes. Bei seinem jüngsten Titelgewinn vor zweieinhalb Monaten in Ostrava / Ostrau musste der Großmeister allerdings mächtig kämpfen, wie er selbst einräumte:

David Navara  (Foto: Stefan64,  CC BY-SA 3.0)
„Für mich war dies ein sehr anstrengendes Turnier. Nach meiner Niederlage in der vierten Runde musste ich viel riskieren, um am Ende auf 7,5 Punkte zu kommen. Denn ich habe geahnt, dass sieben Punkte wohl nicht reichen werden, um das Turnier zu gewinnen.“

Nun aber hat Navara den Kopf frei für die Czech Open in Pardubice, die für ihn gleichzeitig eine Art Generalprobe für das Turnier in St. Louis sind. Dabei hat Navara von seiner Teilnahme in den Staaten erst kürzlich erfahren, durch einen Anruf von Großmeister Martin Petr Anfang Juli. Seitdem fiebert auch Petr dem Event entgegen:

„Navara hat das überraschenderweise nicht gewusst, denn Garri Kasparow hat eine Wild Card bekommen ebenso wie er selbst. Auf dieses Turnier freue ich mich riesig. Es wird zwar erst in einem Monat ausgetragen, doch ich kann es kaum erwarten, dass Garri Kasparow gegen David Navara antritt.“

Navara ist einer von insgesamt neun Gegnern, gegen die Kasparow antreten wird. Dazu Martin Petr:

„Er wird drei Partien gegen Kasparow spielen, eine im Schach à la Fischer und zwei im Blitzschach. Ich tippe, dass das Duell der beiden am Ende 1,5 zu 1,5 ausgehen wird.“

Martin Petr: „Navara wird drei Partien gegen Kasparow spielen, eine im Schach à la Fischer und zwei im Blitzschach. Ich tippe, dass das Duell der beiden am Ende 1,5 zu 1,5 ausgehen wird.“

Und Petr begründet auch seinen Optimismus:

„Ich denke, dass man sein Alter nicht verbergen kann. Garri Kasparow ist Jahrgang 1963, von daher wird es ziemlich schwierig für ihn, gegen diese jungen Wilden zu bestehen.“

Bis dahin aber steht erst einmal das internationale Schachfestival in Pardubice im Blickpunkt. Und dazu hält Organisationschef Petružálek noch einen wichtigen Hinweis parat:

„Ich möchte noch einmal betonen: Der Eintritt zu unserem Festival ist kostenlos. Es genügt also, zu uns zu kommen, um in aller Ruhe die Partien und die Akteure der Schachturniere zu verfolgen.“

Autor: Lothar Martin
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