Benda zur Saison 2010/11: Gute junge Spieler fehlen, die uns Ältere aus der Liga drücken

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Die Saison 2010/11 im tschechischen Vereins-Eishockey ist am Sonntag zu Ende gegangen. Die letzte Entscheidung, die gefallen ist, war der Klassenerhalt des BK Mladá Boleslav. Er wird auch in der nächsten Saison in der höchsten Spielklasse, der Extraliga, vertreten sein. In der Relegation mit dem Sieger der zweiten Liga, den Löwen aus Ústí nad Labem, setzten sich die Mittelböhmen mit 4:3 Siegen durch. Nur fünf Begegnungen benötigte der HC Oceláři Třinec, um das Play-off-Finale gegen Vítkovice Steel mit 4:1 Siegen für sich zu entscheiden. Die Stahlkumpels aus dem schlesischen Třinec gewannen damit den ersten Meistertitel ihrer Vereinsgeschichte.

HC Oceláři Třinec  (Foto: ČTK)
In der Eishockey-Extraliga kamen in der abgelaufenen Saison auch zwei Spieler mit deutschem Pass zum Einsatz: Petr Macholda, der 41 Spiele für Sparta Prag absolvierte, und der ehemalige DEB-Nationalspieler Jan Benda, der für Slavia Prag und Mladá Boleslav insgesamt 25 Punktspiele bestritt. In der Relegation half Leihgabe Benda zudem mit, dem Verein aus der Autostadt den Klassenerhalt zu sichern. Aus seiner Sicht aber gab es andere Momente, die in der Saison hervorstachen:

Anhänger des HC Oceláři Třinec  (Foto: ČTK)
„Da ist natürlich zuerst der Titelgewinn von Třinec zu nennen. Das Team war klarer Favorit, hat diese Favoritenrolle dann auch bestätigt und das Finale souverän gewonnen. Eine große Überraschung für mich war Slavia Prag, und zwar deshalb, weil die Prager mit einer ziemlich jungen Mannschaft ohne echte Superstars bis ins Halbfinale vorgedrungen sind. Und als Drittes muss ich leider die Punktabzüge ansprechen, die es in dieser Saison gegeben hat. Von diesen Punktabzügen waren zudem gleich drei Clubs betroffen: Kladno, Pilsen und Mladá Boleslav.“

HC Oceláři Třinec  (Foto: ČTK)
Der Meistertitel fiel also an die Mannschaft aus dem östlichsten Zipfel des Landes, in der die Bergbau- und Stahlindustrie den Ton angibt. Auch deshalb teilte Co-Trainer Břetislav Kopřiva seine Freude darüber nur allzu gern mit den Menschen aus der Region:

„Ich gehöre schon zu den älteren Trainern und ich bin sehr glücklich darüber, dass wir den Titelgewinn heute nach zweijähriger Aufbauarbeit geschafft haben. Diesen Titel haben sich alle Menschen hier, die mit dem Eishockey zu tun haben, redlich verdient. Třinec spielt schon viele Jahre in der Extraliga, aber der Titel hatte uns bisher gefehlt.“

Václav Varaďa  (rechts). Foto: ČTK
Was waren aber nun die besonderen Stärken des neuen Champions? Václav Varaďa, der erfahrene Außenstürmer der Rot-Weißen, antwortete darauf gegenüber Radio Prag:

„Wir sind schlittschuh-läuferisch sehr gut und alle Formationen von uns sind ausgeglichen besetzt. Jeder Fünfer-Block ist in der Lage, ein Tor zu erzielen, und wir glauben an unsere Stärke.“

In der Tat: Mit insgesamt 178 Toren in der Hauptrunde und 70 Treffern in den Play-offs war Třinec jeweils das angriffsstärkste Team und bot über die gesamte Saison hinweg auch das attraktivste Eishockey. Der HC Oceláři ist also ein verdienter Meister.

Jan Benda  (Foto: Archiv von BK Mladá Boleslav)
Wie Jan Benda bereits eingangs erwähnte, gab es aber auch dunkle Seiten in dieser Saison. Den größten Schatten warf zweifellos die so genannte Anmeldeaffäre. Weil drei Mannschaften zu Saisonbeginn einige ihrer Spieler nicht ordnungsgemäß beim Verband registrieren ließen, wurden ihnen die bis zur formellen Nachbesserung gewonnenen Punkte abgezogen. Eine drastische Strafe besonders für die Vereine aus Mladá Boleslav und Pilsen, denen 22 beziehungsweise 19 Punkte aberkannt wurden, während Kladno 6 Punkte gestrichen wurden. Und das nur deshalb, weil bei der Anmeldung dieser Spieler vergessen wurde, ein weiteres Formular auszufüllen und abzuschicken. Auch Benda hält die Strafen in der Affäre für überzogen:

„Wenn man sich ansieht, wegen welcher Fehler und weshalb überhaupt die Affäre zustande gekommen ist, dann kann man nur mit dem Kopf schütteln. Die Vereine und der Verband haben sich die Schuld dafür gegenseitig vorgeworfen, und das, obwohl nur ein Blatt Papier vergessen wurde. Das ist für mich eigentlich eine Kleinigkeit, um die aber soviel Publicity gemacht wurde, dass es letztlich schlecht war für das tschechische Eishockey.“

Tomáš Vlasák  (Foto: Archiv von HC Plzeň)
Sehr schlecht vor allem aus dem Grund, weil die Extraliga ausgerechnet in dieser Saison, in der Tschechien den amtierenden Weltmeister stellt, viel von ihrem guten Image eingebüßt hat. Vom Keulenschlag des Punktabzugs haben sich die Teams aus Kladno und Mladá Boleslav bis zum Saisonende nicht mehr erholt – sie landeten in der Abstiegsrunde beziehungsweise der Relegation. Die Pilsener hingegen wehrten sich verbissen gegen den Absturz in den Tabellenkeller. Mit einer beeindruckenden Aufholjagd machten sie ab Mitte November den großen Rückstand auf den Tabellen-Zehnten wett und qualifizierten sich trotz des Punkteabzugs für die Pre-Play-offs. Die Erleichterung darüber war danach auch dem besten Pilsener, Angreifer Tomáš Vlasák, sichtlich anzumerken:

„Ich habe damals sofort gesagt: Es wäre ein kleines Wunder, wenn wir die Pre-Play-offs schaffen würden. 13 Punkte Rückstand sind bei der Ausgeglichenheit der Liga kein Pappenstiel. Und wenn ich ehrlich sein soll, ich habe damals nur zu 40 Prozent an das Wunder geglaubt. Umso schöner ist es jetzt, dass wir es vollbracht haben.“

HC Litvínov  (Foto: Archiv von HC Litvínov)
Der starken Konkurrenz und ihrem eigenen Kräfteverschleiß aber mussten die Pilsener dann gleich in der Play-off-Vorrunde Tribut zollen: Sie unterlagen dem Team aus Litvínov mit 1:3 Siegen. Neben der besonderen Leistung von Pilsen, dem Titelgewinn von Třinec und der erfrischend frechen Spielweise von Slavia Prag ist Benda nicht entgangen, dass in der Extraliga jetzt auch körperbetonter zur Sache gegangen wird:

„Heutzutage ist das Eishockey in den internationalen Ligen davon geprägt, dass um jeden Meter gekämpft wird und dass sich die nordamerikanische Spielweise immer mehr durchsetzt. Das kommt unter anderem dadurch zustande, weil viele tschechische Spieler schon in jungen Jahren nach Nordamerika gehen, um in einer der dortigen Juniorenligen zu spielen. Einige von ihnen kommen dann relativ schnell zurück, bringen damit aber auch die dortige Spielweise mit nach Hause. Das ist momentan hier ein Boom, und man sieht außerdem, dass auch schon einige Kanadier in Tschechien spielen.“

Jan Benda als KLH-Chomutov-Spieler  (Foto: Archiv von KLH CHomutov)
In der Extraliga spielen mittlerweile also auch schon mehrere Ausländer, und das nicht nur aus der Slowakei. Neben einigen Finnen sind es vor allem junge talentierte Kanadier und US-Amerikaner, die zum Zuge kommen - gerade auch deshalb, weil sie preiswert sind. Trotz dieser und weiterer Einflüsse, die die Liga inzwischen erreicht haben, hat sich beim Niveau zuletzt nicht allzu viel bewegt, meint Benda:

„Ich würde sagen, das Niveau der Liga stagniert. Denn wenn man sieht, wie viele Spieler meiner Generation hier immer noch ganz oben mitspielen, Begegnungen entscheiden und oft auch in den individuellen Top-Ranglisten weit vorn zu finden sind, dann ist das natürlich enttäuschend für die Liga. Enttäuschend deshalb, weil hinter uns gute junge Leute fehlen und kaum einer unter ihnen ist, der uns ältere Spieler aus der Liga rausdrückt.“

Eishockeyspieler des KLH Chomutov  (Foto: ČTK)
Benda, inzwischen fast 39 Jahre alt und beim Zweitligisten KLH Chomutov unter Vertrag, denkt also noch nicht so recht ans Aufhören. Dennoch hofft er, dass das tschechische Eishockey und seine Liga schon bald wieder neue Impulse bekommen. Dafür sollten die besten Tschechen aber am besten selbst sorgen. In gut einer Woche beginnt in der Slowakei nämlich die diesjährige Weltmeisterschaft, bei der die tschechische Nationalmannschaft als Titelverteidiger antritt.

„Ich hoffe, dass die Tschechen bei der Weltmeisterschaft wieder für Euphorie sorgen, denn davon kriegen wir natürlich auch etwas mit. Das wäre gut für uns und die Liga, wenn wieder neue Erfolge da sind. Das gäbe uns neuen Schwung und brächte uns auch mehr Sponsoren.“

Autor: Lothar Martin
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