80 Jahre Rundfunk bedeuten auch fast 80 Jahre Sportreportage

Josef Laufer

Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßen Sie Martina Schneibergová und Lothar Martin. Am 18. Mai beging der Tschechische Rundfunk das 80-jährige Jubiläum seines Bestehens. 80 Jahre Tschechischer Rundfunk bedeuten auch eine nahezu ebensolch lange Zeit, die mit Sportreportagen angefüllt ist. Wir wollen Ihnen daher heute einige der schönsten zu Gehör bringen und Ihnen zudem den wohl populärsten tschechischen Sportreporter seiner Zeit etwas näher vorstellen. Um wenn es sich dabei handelt, das erfahren Sie gleich!

Man schrieb den 3. Oktober 1926. An diesem Tag wollte der Tschechoslowakische Rundfunk vom Spielfeld auf dem Prager Letná-Plateau die Fußballpartie SK Slavia Prag gegen Hungaria Budapest übertragen. Doch der dafür vorgesehene Reporter, ein gewisser Herr Horácek, war nicht erschienen, da er sich vermutlich dieser Aufgabe nicht gewachsen sah. Was nun, grübelten die Mitarbeiter des Rundfunks und wandten sich an die Gastgeber, den Ausschuss des SK Slavia. Und der entschied salomonisch: für alles ist der Geschäftsführer verantwortlich. Der hieß Josef Laufer, war damals 35 Jahre alt und zierte sich zunächst. Doch er ließ sich überzeugen und setzte sich ans Mikrofon. Das Außergewöhnliche an seiner ersten Reportage war jedoch, dass sie nur die erste Halbzeit umfasste. Die zweiten 45 Minuten des Spiels wurden auf Anweisung des damaligen Rundfunkdirektors nicht ausgestrahlt, da dieser nicht wusste, dass eine Fußballbegegnung in zwei Hälften unterteilt ist. Resolut hatte er verkündet: "Von diesem Fußball ist es schon genug" - und er wies an, anstelle dessen Musik zu spielen.

Josef Laufer hingegen hatte noch nicht genug vom Kommentieren und Berichten mit dem Mikrofon in der Hand. Zu dieser Zeit war er neben seiner Clubtätigkeit bei Slavia Prag auch als Redakteur der Prager Presse angestellt. Doch die Rundfunkarbeit ließ ihn fortan nicht mehr los. Und er wurde geschätzt und beliebt unter seinen Zuhörern. Man sagt, seine beste Reportage habe er beim Finale der II. Fußballweltmeisterschaft 1934 in Italien geliefert. Die Tschechoslowakei unterlag den gastgebenden Azzuri mit 1:2 nach Verlängerung. Trotz der ziemlich einseitig zugunsten der Platzherren gepfiffenen Partie wetterte Laufer nicht gegen den schwedischen Schiedsrichter Eklind, sondern kommentierte sachlich-kritisch. Hier der für ihn wohl schönste Moment seiner Reportage:

"In der 21. Minute führt die Tschechoslowakei mit 1:0!"

Bekannt geworden ist Laufer auch durch seine Reportagen von den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin. Dabei ereignete sich diese Begebenheit: Hitler, der in seiner Loge die einzelnen Sieger empfing, lehnte es ab, diese Ehre auch den Sportlern mit dunkler Hautfarbe zu erweisen. Also auch dem vierfachen Olympiasieger Jesse Owens. Laufer, der seinen Reporterplatz in unmittelbarer Nähe der Hitler-Loge hatte, bat Owens zu einem Interview. Jesse nahm die Einladung an, und so kam es, dass trotz des Befehls, ein farbiger Sportler habe sich Hitlers Platz nicht zu nähern, Owens zum Entsetzen der Veranstalter und Polizisten die Stufen der Haupttribüne emporstieg. Ins Laufersche Mikrofon sprach er von seinen Erfolgen, seiner Trainingsvorbereitung, der Atmosphäre der Spiele sowie über die von Polizei und Militär auf die Sportler ausgeübte Einengung.

Einen weiteren Beleg für seine Anti-Hitler-Haltung lieferte Laufer in seiner Nachbetrachtung zum Sportjahr 1938. In jenem Jahr fand auch die 12. Eishockey-WM in Prag statt, die von Kanada vor England, der Tschechoslowakei und Deutschland gewonnen wurde. In seiner Nachbetrachtung berichtete Laufer u.a.:

"Die Tschechoslowakei wurde Dritter nach einem 3:0-Sieg über Deutschland. Vor der Radioübertragung dieses Spiels brachte der Rundfunk in Berlin eine geharnischte Rede Hitlers, in der dieser der Tschechoslowakei offen drohte wegen der angeblichen Unterdrückung der Sudetendeutschen. Gleich auf Hitlers Prahlerei folgte die Reportage über den 3:0-Sieg der tschechoslowakischen Eishockeyspieler über die deutschen. Ich war damals nicht allein, dem eine solche Antwort unserer Sportler gefallen hat."

Emil Zatopek | Foto: Roger Rössing,  Deutsche Fotothek,  CC BY-SA 3.0 DE
Wenden wir uns aber in den verbleibenden Minuten noch einigen glorreichen Sportreportagen der tschechischen Nachkriegsgeschichte zu. Eine der herausragendsten Figuren des tschechischen Sports war zweifellos der Langstreckenläufer Emil Zátopek. Der leider schon verstorbene großartige Athlet gewann vier olympische Goldmedaillen, davon allein drei bei den Spielen 1952 in Helsinki, wo er sich nach den Siegen über die 5- und 10-km-Strecke auch auf der Marathondistanz durchsetzte. Seine letzten 300 Meter wurden dabei vom slowakischen Sportreporter Bohus Ujcek wie folgt kommentiert:

"Liebe Zuhörer, es sind noch 300 Meter bis zum Ziel. Zátopek, Zátopek, Zátopek, schreien die 75.000 Zuschauer, die alle erstaunt und begeistert sind, und Zátopek, so sehen wir, ist noch frisch, er grüßt hinein ins Publikum, noch 120 Meter - Zátopek kommt als Erster ins Ziel!"

Ein besonderes Kapitel in der Historie der Fußball-Europameisterschaften waren die Endspiele zwischen Tschechen und Deutschen in den Jahren 1976 und 1996. Vor 27 Jahren, beim denkwürdigen Elfmeterdrama von Belgrad, traten die Tschechen noch in einem gemeinsamen Team mit den Slowaken an. Das Finale war noch keine acht Minuten alt, als es nach einer Flanke von Verteidiger Pivarnik im deutschen Strafraum zu dieser von Václav Svoboda kommentierten Situation kam:

(Real Audio): "Gefährliche Situation vor dem Tor der Bundesrepublik Deutschland, Maier konnte noch einmal parieren, danach durchquert der Ball jedoch den gesamten Strafraum und Svehlík, der Neuling in unserer Mannschaft, erläuft ihn sich und erzielt das Führungstor für die Tschechoslowakische Sozialistische Republik..."

Dem 1:0 folgte später noch das 2:0 durch Dobias, doch danach markierten Dieter Müller und Bernd Hölzenbein die Treffer zum 2:2-Endstand. So musste das Elfmeterschießen entscheiden, bei dem Uli Hoeness als einziger Deutscher verschoss und Antonín Panenka mit seinem berühmt gewordenen Kunststoß alles klar machte und zum 5:3-Sieg für die Tschechoslowakei vollendete. 20 Jahre später, beim EM-Finale Tschechien gegen Deutschland im Londoner Wembley-Stadion, waren die Tschechen erneut in Führung gegangen, und zwar durch Bergers verwandelten Foulelfmeter in der 59. Minute. Danach konnte Oliver Bierhoff zum 1:1 ausgleichen und in der fünften Minute der Verlängerung kam es dann zu dieser Situation, die Kamil Jasa wie folgt festhielt:

"Achtung auf Klinsmann, er steht frei im Sechzehn-Meter-Raum, mit dem linken Fuß kann er flanken, noch immer ist die Gefahr nicht beseitigt, die Deutschen schießen - und es ist ein Tor, liebe Freunde, es ist entschieden."

Jawohl, durch den zweiten Treffer von Oliver Bierhoff drehte Deutschland diesmal den Spieß um und gewann das 96er-Endspiel durch das "Golden goal" mit 2:1 in der Verlängerung. Der größte tschechische Erfolg im Eishockey wiederum liegt erst fünf Jahre zurück, denn bei den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano eroberte die Tschechische Republik die Goldmedaille. Radio-Reporter Ales Procházka hat den entscheidenden Moment des 1:0-Sieges über Russland so festgehalten:

Es war der Torschrei zum vielumjubelten 1:0 durch den Schlagschuss von Petr Svoboda in der 51. Minute, der den gleichzeitigen Endstand bedeutete. Und mit dieser Einspielung sind wir auch schon wieder schneller als gedacht am Ende unserer heutigen Sendung angelangt.