Von König Midas bis zum Kreditfahrrad: Ausstellung „Geld oder Leben“ im Stadtmuseum

Foto: Martina Schneibergová

Welche Rolle spielt das Geld in unserem Leben? Wie ist das Geld überhaupt entstanden? Antworten auf diese Fragen können die Besucher in einer Ausstellung finden, die zurzeit im Museum der Hauptstadt Prag gezeigt wird. Die interaktive Wanderausstellung „Peníze nebo život“ (Geld oder Leben) wurde von zwei österreichischen Museen zusammengestellt: dem Kindermuseum ZOOM aus Wien und dem Kindermuseum FRida & freD aus Graz. Sie wurde für das tschechische Publikum angepasst, bevor sie in Prag eröffnet wurde - vor allem bei der Währung. Dazu ein Gespräch mit dem Grazer Museumsdirektor Jörg Ehtreiber.

Jörg Ehtreiber  (Mitte)
Herr Ehtreiber, was war der Beweggrund für die Entstehung dieser Wanderausstellung?

„Die Themen Geld und Verantwortlichkeit werden momentan natürlich immer fester diskutiert, vor allem auch im Zuge der Wirtschaftskrise. Deshalb hat das Kindermuseum Zoom in Wien gemeinsam mit dem Kredithaus ‚Erste Bank’ beschlossen, etwas zu diesem Thema zu machen. Wir sind dann sozusagen als Juniorpartner dazugestoßen.“

Könnten wir uns die Ausstellung genauer anschauen?



„Ja, gerne. Der Erste, auf den wir hier treffen, ist König Midas. Er erzählt seine Geschichte, dass Gold nicht alles ist. Er hat sich ja einmal gewünscht, dass sich alles in Gold verwandeln sollte, und dann ist er darauf gekommen, dass man Gold nicht essen kann. Dann geht es vorbei an einem Geld-Zoo, wo verschiedene Tiere zu sehen sind: der Haifisch, der versucht, das ganze Geld an sich zu ziehen, oder der arme Hund, der Pleitegeier oder der Goldesel. Es geht um Metaphern, Redewendungen aus dem täglichen Leben.“

Gibt es hier eine Erklärung zur Herkunft des Geldes?

„Ja schon. Wir haben hier so zu sagen ein Museum in einem Museum errichtet, wo es um die Geschichte des Geldes geht. Einerseits sind hier Originalexponate zu sehen, wir sind immerhin in einem Museum, und da gibt es Gegenstände aus den Sammlungen des Prager Museums. Weiter wird hier das Thema Goldwaschen behandelt. Es werden hier verschiedene Währungen, aber auch Tauschmittel aus der Zeit beschrieben, als es noch kein Geld gegeben hat.“

Können die Kinder hier alles anfassen, alles ausprobieren?

„Alle Stationen sind interaktiv. Die Kinder haben erhalten eine Art Geldkarte, auf die sie verschiedene Leistungen, die sie erbringen, in Form von Geld aufbuchen können. Das geschieht in einer Phantasiewährung für die Ausstellung ist, aufbauend auf der tschechischen Krone. Wir kommen am so genannten ´Millionenstudio´ vorbei, wo es darum geht, ein Gefühl dafür zu erhalten, was eine Million ist. Wenn man hier alle Zettel ausfüllt und abstempelt, dann hat man eine Million. Auch wenn eine Million als Zahl nicht so groß klingt, ist es schon ein großer Betrag.“

Die Kinder bekommen beim Eingang in die Ausstellung auch ein Büchlein, das sie dann immer bei sich haben. Wozu dient dieses Büchlein?

„Luxus“
„Das ist ein zusätzliches Ausstellungsbuch, das die Kinder mithaben. Es enthält Erklärungen zu den einzelnen Ausstellungsstationen. Man findet darin aber auch Aufgaben, bei denen man das Thema zu Hause noch einmal behandeln kann.“

Den Raum namens „Luxus“, vor dem wir stehen, darf man nicht so einfach betreten. Wie kommt das?

„Man muss erst viel Geld von seiner Bankkarte abbuchen, was die Kinder natürlich nicht gerne machen. Manchmal entscheiden sie sich dann aber doch dazu und können in diesem Raum dann ihr ‚Geld zum Fenster rauswerfen’. Wenn die Kinder diese Erfahrung machen, sind sie oft relativ verärgert, weil sie sich das Geld auch eigentlich hätten sparen können.“

Maschine zum Gelddrucken
Was die Kinder anscheinend fasziniert, ist die Maschine zum Gelddrucken...

„Ja. Die Kinder können hier den Prozess des Gelddrucks nachvollziehen. Die Arbeit besteht auch darin, verschiedene Symbole, die zu den Banknoten gehören, draufzudrucken. Die Kinder können diese Arbeit verrichten und damit Geld auf ihre Bankkarte aufbuchen. Sie lernen dabei, dass ein Geldschein verschiedene Symbole hat, die unter anderem auch Sicherheitsmerkmale sind. Sie lernen bei den abgebildeten tschechischen Banknoten deren Sicherheitsmerkmale kennen, um nicht bei gefälschten Geldscheinen hereinzufallen. Wir kommen dann an verschiedenen Spielen vorbei. Wir wollten den Kindern mitteilen, dass es auch Spiele gibt, die kein Geld kosten, dass es auch Dinge im Leben gibt, die nichts kosten.“

Hier können sich die Besucher sogar an einem Tresor betätigen...

„Zur Bank gehört auch ein Tresor. Da gibt es einerseits die Aufgabe, den Tresor zu knacken, andererseits hat der Tresor auch einen Rückeingang und einen anderen Inhalt. Da gilt es zu klären, was besonders wertvolle Dinge sind. Denn nicht nur Geld ist wertvoll, sondern auch andere Dinge.“

Wenn die Kinder die hier eingerichtete Bank betreten, was erwartet sie da alles?

„Wir haben in der Bank ein bisschen auch Rollenspiele eingebaut, so dass sich die Kinder wie Menschen betätigen können, die in einer Bank arbeiten. Mein Lieblingsobjekt ist das Kreditfahrrad, das die Geschichte einer Familie zeigt, die sich ein Haus baut oder eine Wohnung anschafft und Geld bei der Bank ausleiht. Wenn man das macht, dann muss man auf diesem Fahrrad zirka drei Minuten lang strampeln, bis man am Ende ist und das Geld wieder zurückgezahlt hat. Das zeigt, dass die Bank gerne etwas nimmt, wenn sie einem Geld borgt. Es ist wichtig, dass die Kinder diese Erfahrung schon früh lernen, dass diese Art des Geldausleihens etwas kostet. Diese Familie verliert inzwischen auch einmal den Arbeitsplatz, und es wird manchmal kritisch. Wir wollten auch thematisieren, dass es nicht allen gut geht. Einerseits zeigen wir das an einem Bettenturm, wo verschiedene Kinder, die am nächsten Tag Geburtstag haben, aus ihrer Welt erzählen, was sie sehen, wenn sie aus ihrem Fenster schauen. Daneben gibt es eine Station, an der die Kinder Geld von ihrer Karte spenden können, um zu zeigen, dass sie auch etwas für verschiedene wohltätige Projekte tun können. Auf der anderen Seite des Bettenturms besteht auch ein lokaler Bezug, das heißt Menschen aus Prag erzählen, was verdienen sie, ob sie gerade arbeitslos sind und wie sie das bewältigen. Ich denke, dass es auch ein wichtiger Aspekt ist, den Kindern schon früh diese Seite rund um die Wirtschaft, das Geld und das Leben zu vermitteln.“

Abschließend gibt es die Möglichkeit einzukaufen. Was erwartet hier die Kinder?

„Wir könnten uns – abgesehen vom Luxus – das ganze Geldverdienen sparen, wenn wir kein Geld ausgeben würden. Im Geschäft geht es darum: Wenn ich Geld verdiene, kann ich mir hier verschiedene Dinge aussuchen und von meiner Karte abbuchen. Thematisiert wird hier auch der Fairtrade – anhand von zwei Bananen, die in Bruchstücke geteilt sind, wird gezeigt, wie viel derjenige verdient, der die Banane erntet, und wie viel derjenige verdient, der sie transportiert. Dabei wird ein Fairtrade-Produkt einem Normalprodukt gegenübergestellt.“

Wie ist Ihr Feedback von den Stationen, wo die Wanderausstellung bislang zu sehen war?

„Die Ausstellung wurde sehr gut angenommen von Kindern sowie von Erwachsenen. Das hiesige Museum ist eher ein traditionelles Haus, da muss man ein bisschen kommunizieren, dass man einen Schwerpunkt für Familien mit Kindern hat.“

Wie kam die Zusammenarbeit mit dem Prager Stadtmuseum überhaupt zustande?

„Das ist prinzipiell über die Erste Bank gelaufen. Sie hat die Kontakte hier geknüpft. Wir haben dann danach gesucht, wer mithelfen könnte, die Ausstellung hierherzubringen. Danach haben wir die Details mit dem Museum besprochen.“

Wird es möglicherweise nicht nur bei dieser einzigen Ausstellung bleiben, wenn jetzt die Kontakte zwischen den beiden Museen bestehen?

„Ich habe Erfahrungen vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, wo wir mit unseren Ausstellungen unterwegs sind. In vielen Museen ist das Programm stark auf Familien mit Kindern fokussiert. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier auch in der Zukunft an die Zusammenarbeit anknüpfen und mit einem anderen Projekt nach Prag kommen könnten.“


Die Ausstellung „Peníze nebo život“ ist im Prager Stadtmuseum noch bis 3. November dieses Jahres zu sehen.

Fotos: Martina Schneibergová