Von der Ozonsonde zum Klimagarten: Observatorium in Prag-Libuš

Meteorologisches Observatorium in Prag-Libuš (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)

Am südlichen Stadtrand von Prag, im Stadtteil Libuš, befindet sich ein meteorologisches Observatorium. Es gehört zum Tschechischen Hydrometeorologischen Institut, das im Stadtteil Komořany seinen Sitz hat. Die Öffentlichkeit hat einige Mal im Jahr die Gelegenheit, das Observatorium zu besuchen und die Arbeit der Meteorologen kennen zu lernen.

Meteorologisches Observatorium in Prag-Libuš  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Die Anfänge des Tschechischen Hydrometeorologischen Instituts reichen in die 1920er Jahre zurück. Damals entstand in Prag die Tschechoslowakische Staatsanstalt für Meteorologie, die an die Arbeit von Instituten aus der Zeit der Habsburger Monarchie in Wien und Budapest anknüpfte. Zu den ersten Mitarbeitern der neuen Prager Anstalt gehörte auch Gustav Swoboda (1893-1956), der spätere langjährige Generalsekretär der damaligen Internationalen Meteorologischen Organisation. Das Tschechische Institut für Hydrometeorologie in seiner heutigen Form wurde 1969 geschaffen. Im selben Jahr wurde das meteorologische Observatorium in Prag-Libuš errichtet, es ist Bestandteil des internationalen Radiosonden-Netzwerks. Im Hauptgebäude des Observatoriums sind die Satellitenabteilung sowie die Abteilung Aerologie untergebracht.

Am 1. April hatte die Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich die meteorologische Station anzuschauen. Auf der Wiese hinter dem Hauptgebäude versammelten sich gegen Mittag die neugierigen Besucher. Denn zu diesem Zeitpunkt wurde gerade eine ballongetragene Radiosonde aufsteigen gelassen. Es war recht windig, und der Ballon, unter dem auf einer etwa 50 Meter langen Schnur die Sonde hing, stieg schnell auf. Noch einige Minuten war der hochschwebende Ballon zu sehen. Pavel Žárský arbeitet seit mehreren Jahren im Observatorium:

„Einen Wetterballon steigen zu lassen, ist eigentlich Arbeit für nur eine Person. Diesmal haben ihn aber zwei Leute bedient, weil auch eine Ozonsonde am Ballon befestigt war. Die Radiosonde übermittelt über Datenfunk ununterbrochen in Sekundenintervallen im 400-Megahertz-Band Messwerte für Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und über den GPS-Empfänger auch die Position der Sonde.“

Von Januar bis April wird in Libuš zudem dreimal die Woche mit der Ozon-Sonde die atmosphärische Ozon-Verteilung gemessen. Einmal jährlich wird zudem die Radioaktivität ermittelt. Als es 1986 zur Nuklearkatastrophe in Tschernobyl kam, gab es dem Experten zufolge leider noch keine Radiosonden, die Radioaktivität messen konnten.

Pavel Žárský  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Rund 1000 meteorologische Stationen auf der Welt sind der Weltorganisation für Meteorologie angeschlossen, erzählt Pavel Žárský vor einer speziellen Landkarte im Flur des Hauptgebäudes.

„Auf der Landkarte sind die bekanntesten europäischen Stationen eingezeichnet. Die Stationen lassen sich über den sogenannten Indikativ identifizieren: 11520 ist Prag-Libuš. 11952 ist die von uns nicht weit entfernte meteorologische Station in Gánovce bei Poprad in der Slowakei. Die Stationen führen bis zu vier Messungen täglich durch. Zudem gibt es meteorologische Stationen auf Hochseeschiffen, auch ihre Messungen werden im Netzwerk der Weltorganisation für Meteorologie veröffentlicht. Hier bei uns werden sogenannte ‚Vertikalprofile‘ erstellt – also grafische Darstellungen für Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Windrichtung und Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe. Die Messungen werden um 0 Uhr, 6 Uhr und 12 Uhr Weltzeit (UTC, Anm. d. Red.) durchgeführt.“

„Klimagarten“  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Aus dem Hauptgebäude geht es in den sogenannten „Klimagarten“. Neben der Thermometerhütte sind verschiedene Geräte platziert, deren Funktionen für den Laien eher rätselhaft sind. Eines davon ist der Laser-Wolkenhöhenmesser. Die Meteorologie habe in Böhmen eine lange Geschichte, sagt Pavel Žárský inmitten der Messgeräte:

„Vor mehr als 250 Jahren fingen die aufgeklärten Jesuiten im Prager Klementinum an, das Wetter fast schon wissenschaftlich zu beobachten und die Resultate der Beobachtungen auszuwerten. Darum gehört Prag zu den Städten mit der längsten Tradition kontinuierlich durchgeführter Wetterbeobachtungen. Die Grundlage jeder meteorologischen Station ist die sogenannte Thermometer- oder Klimahütte. Sie enthält mehrere Messinstrumente: einen ganzen Satz von Thermometern und einen Feuchtigkeitsmesser. Die ganzen Instrumente haben wir hier, weil heutzutage sämtliche Technologie elektronisch ist. Für den Fall eines Stromausfalls verfügen wir im Observatorium über ein Dieselaggregat. Die Elektronik kann aber auch von außen gefährdet sein. Aus dem Grund werden sämtliche Messungen zusätzlich mit klassischen Geräten durchgeführt, das sind üblicherweise Quecksilber- und Spiritusthermometer. Für den Feuchtigkeitsmesser in der Klimahütte nutzen wir als Absorptionsmittel echte Menschenhaare.“

Genau geregelt ist, wie eine Klimahütte einer meteorologischen Station positioniert sein muss. Die Meteorologen haben sich einst darauf geeinigt, dass diese Hütte genau zwei Meter über dem Erdboden auf einem Träger stehen soll. Ebenfalls wurde vereinbart, dass der Windmesser im Klimagarten an einem Mast auf zehn Meter Höhe angebracht werden muss. Im Klimagarten befindet sich zudem an einem ein Meter hohen Mast ein Regenmesser, und mehrere Thermometer stecken fünf bis 100 Zentimeter tief im Erdboden. Schließlich steht im Garten ein einfaches Instrument, dessen Aufgabe im Unterschied von anderen Geräten fast jeder richtig tippen dürfte, und zwar die Schneemessstange.

Das Observatorium befindet sich in der Straße Generála Šišky Nr. 1 in Prag 4. Es ist mit dem Bus Nr. 165 zu erreichen, und zwar von der Station Opatov an der Metro-Linie C. Der Bus hält direkt vor dem Eingang.