Verwandlungen von Prag in Fotos

Ausstellung „Atelier H. Eckert“ (Foto: Martina Schneibergová)
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Fotos aus dem Atelier H. Eckert zeigen die großen Verwandlungen Prags zu Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.

Ausstellung „Atelier H. Eckert“  (Foto: Martina Schneibergová)
Zu sehen sind Häuser, die bei der Assanierung der Prager Judenstadt abgerissen wurden, sowie neue Bauten von Anfang des 20. Jahrhunderts. Und zwar in einer Ausstellung, die Fotografien von Jindřich Eckert zeigt. Viele der Aufnahmen sind etwa 150 Jahre alt. Der Fotograf war Begründer des namhaften Prager Ateliers H. Eckert. Im folgenden Spaziergang durch Prag lädt Sie Martina Schneibergová in den Clam-Gallas-Palais ein.

Bisher unbekannte und nicht veröffentlichte Fotografien sind in der Ausstellung am Sitz des Stadtarchivs im Clam-Gallas-Palais zu sehen. Sie stammen aus dem Atelier H. Eckert. Die meisten der Bilder habe Jindřich Eckert selbst geschossen, erzählt Miroslava Přikrylová. Sie ist Kuratorin der Ausstellung:

„Jindřich Eckert war einer der bedeutendsten tschechischen Fotografen. Er war zudem ein Pionier der Fotografie. Sein erstes Atelier gründete er 1863, damals war er 30 Jahre alt. Das Fotostudio befand sich auf der Prager Kleinseite. Als Eckert 1905 starb, übernahm seine Tochter Ludmila Pávková das Atelier. Einige Jahre später erwarben es die beiden Fotografen Antonín Cetl und Antonín Bohouš. Cetl starb während der NS-Besatzung in einem KZ. Sein Sohn Oldřich konnte das Atelier nach dem Krieg nur noch ein paar Jahre lang weiterbetreiben.“

Miroslava Přikrylová  (Foto: Martina Schneibergová)
Ein einzigartiges Exponat wird gleich zu Beginn der Schau gezeigt. Es handelt sich um ein Negativbild in der Größe 30 x 40 Zentimeter, das Eckert fotografiert hat. Das Foto zeigt ein Pferd. In den Sammlungen des Stadtarchivs befinden sich insgesamt 3500 derartige Fotoplatten mit Negativbildern aus den Jahren 1865 bis 1926. Seit den 1950er Jahren seien diese Bilder sortiert worden, sagt die Kuratorin.

„Als wir die Fotosammlungen in das neue Archivgebäude im Stadtteil Chodov brachten, bin ich auf zwei Originaldokumente gestoßen. Es waren Inventarverzeichnisse aus dem Atelier Eckert. Dank den Verzeichnissen haben wir die Beschriftung der Negativbilder präzisiert. Zudem konnten wir auch die Motive von Bildern identifizieren, die nicht beschriftet waren. Meist sind diese Fotos außerhalb von Prag geschossen worden und auf ihnen ist das Innere von Geschäften oder Palais abgebildet. Ohne diese Verzeichnisse hätten wir sie nicht zuordnen können.“

Jindřich Eckert
Eckert war ein passionierter Fotograf. Vor allem in den jüngeren Jahren war er oft in Böhmen unterwegs und fotografierte Berge, Burgen, Schlösser sowie Burgruinen. Erst als er älter wurde, konzentrierte sich Eckert stärker auf Prag. Damals begann gerade die Assanierung der Judenstadt, merkt die Kuratorin an:

„Eckert wurde vom Prager Stadtrat beauftragt, Gebäude zu fotografieren, die im Rahmen der Assanierung abgerissen werden sollten. Nach Eckerts Tod fotografierte der Archivverwalter des Ateliers und Fotograf Josef Pfeiffer die Häuser kurz vor dem Abriss. Er stellte zudem die Inventarverzeichnisse zusammen.“

Das älteste Foto in der Ausstellung ist ein Bild des Radetzky-Denkmals von 1863. Das Denkmal befand sich früher auf dem Kleinseitner Ring. Interessant sind auch Fotos von Baudenkmälern, die heutzutage völlig anders aussehen als vor etwa 120 Jahren. Dazu gehört die Kirche des Emaus-Klosters, die heute durch die schmalen Türme bekannt ist. Oder die Kirche auf dem Vyšehrad, sie wurde während des Umbaus im neogotischen Stil fotografiert. Heute sei kaum mehr bekannt, dass dort ursprünglich eine Barockkirche gestanden habe, erzählt die Kuratorin. Sie hat die Ausstellung thematisch gegliedert:

Assanierung in Prag  (Foto: Jindřich Eckert,  Martina Schneibergová)
„Im ersten Saal sind Fotos aus dem alten Prag zu sehen, darunter auch Bilder von Gebäuden, die während der Assanierung abgerissen wurden. Im nächsten Raum werden Fotografien neuer Gebäude gezeigt, die anstelle der abgerissenen Häuser im Stadtzentrum oder nach dem Abriss der Stadtmauern am Stadtrand erbaut wurden.“

Damals wurden auch mehrere Brücken in Prag gebaut. Eckert fotografierte beispielsweise den Bau der Eisenbahnbrücke, die nahe dem Vyšehrad über die Moldau Richtung Smíchov führt. Auf diesen Fotos sind viele Details zu erkennen. Dies gilt auch für die ältesten Bilder, die außerhalb von Prag aufgenommen wurden.

Zwei Mönche vor der Burg Zvíkov  (Foto: Jindřich Eckert,  Martina Schneibergová)
„In einem der Säle habe ich Fotografien von tschechischen Städtchen, Burgen, Schlössern und Burgruinen zusammengetragen. Auf dem Foto der Burg Zvíkov sind zwei Mönche zu sehen. Obwohl die Aufnahme schon vor 1880 entstand, sind auch ihre Gesichter und Gewänder mit allen Details gut zu erkennen. Eckert schoss oft auch Fotos für die Eigentümer der Schlösser. Die Bilder werden häufig von den Restauratoren genutzt, die sich eine Vorstellung machen wollen vom Zustand der Baudenkmäler vor 100 Jahren.“

Bei seinen Reisen und Wanderungen fotografierte Eckert auch in den tschechischen Bergen, vor allem im Riesengebirge und im Böhmerwald. Darunter seien auch kaum bekannte Bilder, sagt Miroslava Přikrylová :

„Die Fotografie von Železná Ruda mit der typischen Kirche ist sehr bekannt. Dagegen habe ich ein anderes Foto aus derselben Stadt mit einer Holzbrücke über der Bahnstrecke zum ersten Mal gesehen. Wir zeigen hier auch Eckerts Fotos von der bayerischen Seite mit dem Groß Arber.“

Anlässlich der Ausstellung wird im Clam-Gallas-Palais ein Bildband über das Atelier Eckert verkauft, in dem alle 3500 Fotografien aus den Sammlungen des Stadtarchivs enthalten sind. In der Ausstellung werden jedoch vergrößerte Kopien von nur 250 Aufnahmen gezeigt.


Die Ausstellung „Atelier H. Eckert“ ist im Clam-Gallas-Palais bis 10. Dezember zu sehen. Sie ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Das Palais befindet sich in der Straße Husova 20 in der Prager Altstadt.