Krönungszeremonien unter den Habsburgern und der vergessene königliche Sessel

Krönungskrone

Die einige Tausend Jahre alte Geschichte des Ortes, an dem der historische Sitz der böhmischen Könige steht, ist das Thema einer Dauerausstellung, die im alten königlichen Palast auf der Prager Burg zu sehen ist. Als die große Ausstellung vor etwa vier Jahren eröffnet wurde, haben die Mitarbeiter der Burgverwaltung versprochen, regelmäßig neue Exponate zu zeigen und thematische Präsentationen im Rahmen der Dauerausstellung zu veranstalten. Seit einigen Tagen kann man im alten königlichen Palast mehr über die Krönungszeremonien unter den Habsburgern erfahren. Und nicht zuletzt auch einige neue Prunkstücke in der Ausstellung bewundern.

Man muss sich schon mehr Zeit nehmen, um die ganze Ausstellung über die Geschichte der Prager Burg zu besichtigen. Sie dokumentiert nicht nur das Geschehen auf der Burg, sondern beschreibt auch die Entwicklung des tschechischen Staates, sagt die Kuratorin der Ausstellung Sylvie Novotná.

„Die Ausstellung ist in elf Zeitetappen gegliedert, die das Leben auf dem Territorium der Burg beschreiben. Wir haben diese einzelnen Zeitepochen in sieben Räumlichkeiten durch sieben wichtige thematische Ausstellungen ergänzt, die untrennbar mit der Prager Burg verknüpft sind. Dazu gehören beispielsweise die Geschichte der böhmischen Landespatrone und die Entwicklung der Kirche, die Geschichte der Bestattungen oder die Entwicklung der Burg als einer Herrscherresidenz.“

Kuratorin Sylvie Novotná  (Foto: Autorin)
Eine der thematischen Sektionen befasst sich mit der Geschichte der Krönungen. Die neueste Präsentation knüpft an die erste Ausstellung über die Krönungen der Přemysliden, Luxemburger und Jagiellonen an, die in der Dauerausstellung vor zwei Jahren installiert wurde. Die erste königliche Epoche endete mit dem Jahr 1526, sagt die Kuratorin:

„Wir setzen die Krönungsgeschichte mit der Beschreibung der Krönungen der Habsburger in den Jahren 1526 bis 1792 fort. Die Neuzeit brachte einige kleine Änderungen in der Krönungsordnung. Mit den Krönungen wurden damals auch prunkvolle Feierlichkeiten verbunden – wie bei der Krönung von Maria Theresia oder von Leopold II.“

So schrieb Wolfgang Amadeus Mozart beispielsweise anlässlich Leopolds Krönung die Oper „La clemenza di Tito“. Die dritte Ausstellung über die Krönungen, die die Veranstalter binnen zwei Jahren vorbereiten wollen, wird die letzte Zeitepoche der böhmischen Könige beschrieben. Diese wird mit dem Jahr 1918 enden. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wird der Kuratorin zufolge die Krönung von Ferdinand V., dem Guten stehen. Er wurde 1836 auf der Prager Burg zum böhmischen König gekrönt.

Leopold II.
Die Krönungszeremonien richteten sich nach festen Regeln, die in der Krönungsordnung verankert waren, die Karl IV. selbst zusammengestellt hatte. Während der Jahrhunderte wurde die Ordnung doch ein wenig geändert, sagt Milena Bravermannová, die die neue Ausstellung vorbereitete:

„Die Habsburger nahmen am Vorabend der Krönung nicht mehr am zuvor üblichen Abendgebet auf dem Vyšehrad / Wyschehrad teil. Unter der Krone befand sich zu der Zeit nicht mehr die Mitra, sondern nur eine Mütze. Der erste Herrscher, der auf diese Weise gekrönt wurde, war Rudolf II. Der Herrscher wurde nicht im Palast ins Krönungskleid gekleidet, sondern begab sich in Zivilkleidung in den St. Veitsdom. Erst dort in der St. Wenzelskapelle zog er sich die Festkleidung an. Die Krönungen der Habsburger wurden später durch großartige Feierlichkeiten ergänzt: Es wurden Turniere, Theatervorstellungen, Bälle, Festessen und andere Veranstaltungen organisiert.“

200 Jahre lang setzte sich nur Staub auf ihm ab, in der neuen Ausstellung über die Krönungen der Habsburger steht er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Rede ist von einem Sessel, der auf den ersten Blick unauffällig ist. Auch die Kunsthistoriker von der Burgverwaltung haben bis vor kurzem noch nicht geahnt, wozu das Möbelstück benutzt wurde, erzählt Milena Bravermannová:

„In den Sammlungen der Prager Burg befand sich ein Sessel, der in einem schlechten Zustand war. Was an ihm interessant war? Ihm fehlte der Polsterüberzug. Im Archiv der Burg fanden wir keine Notiz über diese Möbel. Vor etwa zwei Jahren habe ich mit meinen Kollegen von der Sektion der Kunstsammlungen das Möbelmagazin in der Wiener Hofburg besucht. Dort haben wir einen Sessel gesehen, auf dem nur ein freier Bezug lag. Die Füße, die unten zu sehen waren, erinnerten uns an den Sessel, den wir auf der Prager Burg hatten. In Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Wien haben wir ein bisschen nachgeforscht. Das Möbelstück in Wien gehörte zum Krönungsmobiliar, das zu den Krönungen der Habsburger aus Wien nach Prag und nach Budapest mitgenommen wurde. Denn die Habsburger wurden dort zu böhmischen beziehungsweise ungarischen Königen gekrönt. Wir kamen zu dem Schluss, dass auch der vergessene Prager Sessel ein Krönungssessel sein musste. Als Beweis dafür, dass unsere Vermutung richtig war, diente uns ein Stich, auf dem die Krönung Ferdinands V. im Jahre 1836 zu sehen war. Und eben dieser Sessel steht auch auf einem Bild vor dem Altar in der St. Veit-Kathedrale.“

Die Sitzmöbel spielten bei den Krönungszeremonien eine wichtige Rolle. Denn schon in der vorchristlichen Zeit wurden die künftigen Herrscher auf einen Thron gesetzt, und erst nachdem sie auf den Thron gesetzt worden waren, sind sie als Herrscher anerkannt worden. Einen solchen Herrscherstuhl – im alttschechischen hieß er „stolec“ – gab es auf dem heiligen Hügel Žiži auf der Prager Burg. Dieser steinerne Herrscherstuhl stand noch im 12. Jahrhundert auf dem Burggelände, sagt die Kunsthistorikerin:

Milena Bravermannová
„Karl der Große verlieh dem Krönungssessel eine besondere Bedeutung, als er ihn mit heiligen Reliquien ausstattete. Damit verwandelte er den Herrscherthron in eine Art Reliquienschrein. Im Museum der Hauptstadt Prag wird ein schöner Krönungsstuhl gezeigt, der reich verschnitzt ist und aus der Barockzeit stammt. Der in unseren Sammlungen gefundene Sessel stellt eine spätere Stufe dieser Möbel dar, die schon im klassizistischen Stil geschmückt wurden. Er stand wahrscheinlich auch bei der Krönung im Jahre 1836 hier auf der Burg.“

Zu den neuen Exponaten der Dauerausstellung auf der Prager Burg gehört nicht nur der wieder entdeckte Krönungssessel. Die Besucher können dort auch einen Komplex von Kopien der böhmischen Krönungsinsignien sowie Originalstiche besichtigen, die die Krönungen der Habsburger dokumentieren. Zudem sind in der Ausstellung über die Krönungsgeschichte die Krönungsmedaillen und Münzen sowie ein gesticktes Banner mit dem Bild des heiligen Wenzel zu sehen. Dieses Banner wurde anlässlich der Krönung von Karl VI. für die St. Veit-Kathedrale hergestellt.

Damit sind wir fast am Ende des heutigen Spaziergangs durch die Ausstellung über die Krönungen der Habsburger angelangt. In der Sendung erwähnten wir Mozarts Krönungsoper „La clemenza di Tito“, die anlässlich der Krönung von Leopold II. entstanden ist. Falls Sie wissen, in welchem Prager Theater die Oper damals aufgeführt wurde, dann schreiben Sie uns das bitte. Denn so laute die heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradska 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechien.

Die richtige Antwort auf die Frage von vor vier Wochen lautet: Das St. Georgskloster wurde im 10. Jahrhundert gegründet. Ein Buch geht diesmal an Joachim Thiel aus Wuppertal.