Gilgamesch als Inspiration: Barbara Dayef im Colloredo-Mansfeld-Palais

Foto: Martina Schneibergová

Das Colloredo-Mansfeld-Palais steht in der Prager Altstadt, an der Ecke der Karlsgasse und des Smetana-Kais. Seit 2010 verwaltet die Stadtgalerie das Barockpalais. Nun wurde dort die frühere Kutschenhalle renoviert und soll für die Werke junger Künstler dienen. Am Dienstag wurde in der neuen Galerie die erste Ausstellung eröffnet.

Das Colloredo-Mansfeld-Palais  (Foto: Milan Musil,  GHMP)
Das Colloredo-Mansfeld-Palais steht auf dem sogenannten „königlichen Weg“, der von der Prager Altstadt bis auf die Prager Burg führt. Täglich strömen Tausende von Touristen an dem Barockgebäude vorbei. Denn die Karlsgasse mündet in den Kreuzherrenplatz am Aufgang zur Karlsbrücke steht. Das heutige Palais entstand um 1730, vermutlich nach einem Entwurf von Giovanni Battista Alliprandi. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Nachbargebäude dem Palais angeschlossen. Dadurch ist eine Passage entstanden. Um 1850 ließ Prinzessin Wilhelmine von Colloredo-Mansfeld die Palastfassade im Stil des zweiten Rokoko umgestalten. Durch die Passage über den Hof geht es in die neu eröffneten Ausstellungsräume der Prager Stadtgalerie. Die Leiterin der Galerie Magdalena Juříková dazu.

Magdalena Juříková  (Foto: Martina Schneibergová)
„Wir stehen hier wahrscheinlich in der ehemaligen Kutschenhalle. Es gibt jedoch keine Angaben darüber, wozu die Räume früher dienten. Das Haupttor zum Palais war einst nicht von der Karlsgasse, sondern vom heutigen Smetana-Kai. Die Umbauten sind noch nicht abgeschlossen. Zuerst soll der Dachstuhl in Stand gesetzt werden. Und schließlich möchten wir die herrlichen Barocksäle renovieren lassen.“

Künftig plant die Stadtgalerie, ihren Sitz in einen neueren Flügel des Gebäudes zu verlegen. In einem älteren Flügel des Palais werden schon seit einigen Jahren regelmäßig Ausstellungen gezeigt.

„Zudem möchten wir in Zukunft eine Dauerausstellung zusammenstellen, in der wir eine Auswahl von Kunstwerken aus unseren Sammlungen zeigen werden. Im Tanzsaal wollen wir Künstler-Performance und Tanz- oder Theatervorstellungen veranstalten. Schon jetzt ist es möglich, die früheren Repräsentationsräume zu besichtigen. Für ausländische Besucher haben wir auch fremdsprachige Texte vorbereitet. Im Palais gibt es außerdem ein gemütliches Café, in dem sich die Besucher erfrischen können.“

„Start up“ in der Kutschenhalle

Jitka Hlaváčková  (Foto: Martina Schneibergová)
In den neu restaurierten Sälen will die Stadtgalerie nun einen Zyklus mit dem Titel „Start up“ präsentieren. Als erste zeigt Barbora Dayef ihre Werke im Palais. Sie studiert seit 2012 im Bildhaueratelier an der Prager Kunstgewerbehochschule bei Dominik Lang und Edith Jeřábková. Die Ausstellung trägt den Titel „Nová historka“ (Eine neue Story). Barbora Dayef sei Bildhauerin, ihre Arbeitsweise sei aber etwas ungewöhnlich, sagt Kuratorin Jitka Hlaváčková:

Foto: Martina Schneibergová
„Die Künstlerin arbeitet vor allem mit Ton. Mit dem Material geht sie aber auf eine besondere Weise um: Sie deformiert ihn mit ihrem Körper oder bastelt Objekte daraus, denen sie bestimmte Klänge entlockt.“

Barbora Dayef benutzt den Ton aber auch als ein Mittel zum Malen. Ton sei ein Material, das Barbora mit der Region verbinde, aus der ihr Vater stamme, erklärt die Kuratorin.

„Und das ist der Nahe Osten, konkret der Irak. Der Ton symbolisiert für die Künstlerin die Erde und hat weitere Bedeutungen, mit denen sie arbeitet. Sie befasst sich viel mit der Geschichte, mit Erinnerungen, mit den verschiedenen Schichten der Vergangenheit.“

Der Held aus Mesopotamien

Foto: Martina Schneibergová
Die Ausstellung zeige vor allem, wie man mit dem Ton als Grundmaterial in der Bildhauerei arbeiten könne, bemerkt die Künstlerin Barbora Dayef über ihre Werke:

„Zudem geht es mir um eine Suche nach weiteren Möglichkeiten der Arbeit mit dem Ton. Ich benutze ihn auch als eine Art Schale oder als Ornament. Ich greife zu verschiedenen Sorten von Ton: rohen Ton oder Bildhauerton, den ich als Farbe benutze. Aus Keramik habe ich auch ein dreidimensionales Objekt geschaffen.“

„Rek,  Had,  Barák“  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Ausstellung ist in drei Teile gegliedert. Sie heißen auf Tschechisch „Rek, Had, Barák“ – zu Deutsch etwa „der Held, die Schlange, das Haus“. Barbora Dayef:

„Im Hauptraum steht eine Statue. Nach langer Zeit habe ich mich getraut, eine Figur zu gestalten, was ich normalerweise nicht mache. Mit ihrer steifen Haltung erinnert die Plastik an die historischen Statuen aus Mesopotamien oder die Werke der Sumerer. Es ist mir egal, was genau es ist. Es kommt nicht darauf an, wann sich das abspielte. Für mich sind viel mehr das Material und die Atmosphäre wichtig.“

Barbora Dayef  (Foto: Martina Schneibergová)
An den Wänden des Hauptsaals hängen kleinere Malereien, die wie Leinwandfetzen aussehen. An die Wand im mittleren Raum wird eine Videoaufnahme projiziert.

„Der Schlüsselbegriff im mittleren Raum heißt das ,Haus´. Es handelt sich um eine verfilmte einfache Performance, bei der ich mit Schuhen, an denen Ziegel angeschnallt sind, eine Treppe hinaufgehe.“

Die Ausstellung mit dem Titel „Eine neue Story“ ist bis 19. Februar im Colloredo-Mansfeld-Palais zu sehen. Das Palais ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Am 31. Januar um 17 Uhr wird Barbora Dayef persönlich die Besucher durch ihre Ausstellung führen.

Inspiration für ihre jüngsten Werke fand Barbara Dayef im Gilgamesch-Epos:

„Mich faszinierte der klassische Text und einige der Bildmotive, die ich auch im Teil der Schau mit dem Titel ,Haus‘ benutze. Zur Ausstellung gehören zudem Texte, die ich gemeinsam mit Sláva Sobotovičová geschrieben habe.“